Wie (nicht nur) die FDP ihre Wähler kauft und den Staat verkauft

Die Statistiken zu den Steuerschätzungen sind da. Und nicht besonders überraschend sind die Zahlen: Es wird weniger Steuereinnahmen geben als erhofft. Interessant ist aber, was so nebenbei mitgeteilt wird:

Dies ergibt sich aus einem Minus von 6,0 Milliarden Euro durch neue Steuergesetze, dem ein Plus von 4,8 Milliarden Euro vor allem durch die bessere konjunkturelle Entwicklung gegenübersteht. (Donaukurier)

Das heisst (wenn man etwaige Fremdeinflüsse auf die Wirtschaft einmal ignoriert), dass wir es uns 6 Milliarden kosten lassen, dass wir 4,8 Milliarden Steuern einnehmen? Wird die FDP das Wachstumsbeschleunigungsgesetz nun in Verschuldungsbeschleunigungsgesetz umbenennen?

Welcher Politiker, welche Partei hat denn bitte mal den Arsch in der Hose uns reinen Wein einzuschenken? Wer trifft harte, aber längst überfällige Entscheidungen um die Schuldenspirale endlich zu stoppen? Griechenland ist dabei NICHT unser Problem. Unsere Probleme liegen in einem Ungleichgewicht der Besteuerung. Bis 1989 hatten wir einen Spitzensteuersatz von 56 %! Dieser wurde so ganz langsam auf 42(45)% gesenkt. Der Spitzensteuersatz ist so niedrig wie er noch nie zuvor in der Bundesrepublik war. Die Einkommensteuer insgesamt ist so niedrig wie nie – und damit sind die Einnahmen auch niedrig wie nie. Erbschaften werden „günstiger“. Überall wirft der Staat Geld aus dem Fenster – und wundert sich über Staatsschulden?

Aber auch bei anderen Steuern versucht jedweder Steuerpflichtige bloß den eigenen Vorteil zu sehen. Kenn ihr Norderfriedrichskoog? Nee? Norderfriedrichskoog hat 44 Einwohner – und hatte bis 2004 Firmen wie Deutsche Bank, E.ON, Commerzbank, Lufthansa, Siemens, Lidl, Merck beheimatet. Warum? Weil Norderfriedrichskoog bis 2004 keine Gewerbesteuer erhob und diese Firmen durch ihre Briefkastenfirmen sehr viel Gewerbesteuer sparen konnten. (Quelle Wikipedia). Ja, SO schafft es (nicht nur) die Deutsche Bank das dicke Geld zu machen – durch ausnutzen von Lücken im System. Und wir dummen, kleinen Idioten (und wieder muss ich an Trigema denken) zahlen und zahlen.

Was die Welt als Fiktion niederschreibt – aber schon Realität ist

Gerade lese ich in der Welt folgende Zeilen:

Es wäre das härteste Sparprogramm aller Zeiten. Der griechische Staat muss rund dreizehn Prozent seiner Wirtschaftsleistung einsparen. Auf Deutschland übertragen wäre das ein Einsparprogramm in Höhe von 312 Milliarden Euro – bis 2014. WELT ONLINE zeigt, was das für Folgen für unser Land hätte.

Hmmm *kopfkratz* 13% der Wirtschaftsleistung. Das sind – wenn ich mich nicht irre – 13% des Bruttoinlandsproduktes. Und genau um soviel – nämlich 13% – liegen wir über den Vorgaben von Maastricht.

Nunja, das scheint dann ein weiterer Beweis für den Qualitätsjournalismus a’l Axel Springer zu sein, wenn einem Schreiberling das offensichtliche verborgen bleibt. Immer schön schreiben – (Hintergrund)Wissen belastet da nur und Zusammenhänge verwirren.

Verdammt nochmal, auch wir müssen sparen, massiv und am besten sofort. Sonst sind wir auch bald dran. Und da sind die Spendengelder an Griechenland ganz sicher unser kleinstes Problem!

Tobias  Kaiser (der Praktikant Qualitätsjournalist, der für  Welt-Artikel zuständig ist) schreibt

Wollte die Bundesregierung ein Konsolidierungsziel wie in Griechenland allein durch Einsparungen erzielen, müsste sie in den kommenden fünf Jahren die Ausgaben für Hartz IV halbieren, den Autobahnbau und- unterhalt komplett einstellen, die Bundeswehr und das Bundesverteidigungsministerium abschaffen und die Entwicklungshilfe sofort stoppen.

und verkennt wieder einmal die Lage. Denn um in 4 Jahren 300 Milliarden Euro „einzusparen“ – oder mehr einzunehmen – müssten nur schlagartig alle Steuerschlupflöcher geschlossen und alle Steuerhinterzieher ihre Steuern zahlen. Dann würde unsere schöne Bundesrepublik nämlich wieder wie ein finanzieller Fels in der Brandung stehen und sogar noch 100 Milliarden Euro über haben.

Hamburger Morgenpost meldet: Alle Probleme der Welt gelöst! @MOPO

Wer eine Tageszeitung herausgibt, die heute wie folgt aussieht:

der beweist was der Begriff Qualitätsjournalismus heute noch wert ist.

Der Aufmacher einer Zeitung – das „Seite 1 Thema“ – war früher einmal das wichtigste, was das Blatt zu melden hat. Wenn diese Meldung die wichtigste zu verbreitende Neuigkeit ist, dann braucht man heute keine Hamburg Morgenpost zu kaufen. Alle Probleme des Planeten sind gelöst: Griechenland ist schuldenfrei, das Öl im Golf von Mexiko ist verdunstet, in Afghanistan rauchen US-Soldaten und Taliban gemeinsam einen Joint,  und so weiter und so weiter. Und dieses Medium wundert sich, dass der mündige Bürger nicht mehr bereit ist diesen „Journalisten“ das Gehalt zu zahlen? In diese Zeitung kann man doch höchstens noch Fisch einwickeln und der ist heute meist tiefgefroren.  Oder noch besser das Papier sparen und heute gar keine Zeitung herausbringen.

Die FAZ schrieb schon gestern:

Es muss ein Skandal her, es braucht Sex and Crime, es muss auch die letzte jugendliche Lichtgestalt in den Dreck gezogen und mit bigotten Kommentaren überzogen werden. „Uups, so haben wir Sängerin Lena Meyer-Landrut noch nie gesehen“, freuen sich die „Explosiv“-Macher in ihrem Beitrag,

und auf genau diese Schiene des Dreckschleuderns, für das man bei RTL dem Gitaristen von Thomas Anders viel Geld bezahlt, fährt nun auch das ehemalige SPD-Blatt „Hamburger Morgenpost“ ab. Wie tief kann ein Blatt noch sinken? Haben die auf dem Weg abwärts auf Höhe der BILD noch kurz rüber gewunken bevor sie an denen vorbei gerauscht sind?