Google, Navigationssysteme und Realitätsverlust

Der Internet-Gigant wehrt sich: Google lehnt ein Gesetz zur Kontrolle seines umstrittenen Street-View-Projekts ab. Eine solche Regelung könne das Aus für Navigationssysteme und andere nützliche digitale Dienste bedeuten, warnt der Konzern.

lese ich im Spiegel und wundere mich. Ohne Streetview funktionieren Navigationssysteme nicht? Hat der Spezi, der diese Aussage getroffen hat, einmal mit dem Routenplaner gearbeitet, der in das Google-Betriebssystem Android integriert ist gearbeitet?

Man öffnet Google-Maps, sieht die Welt in der altbekannten Satellitenansicht und in dem Moment in dem man die Navigations startet – voila – erscheint eine stumpfe Strassenkarte. Eine Ansicht, wie man sie vom guten alten Stadtplan kennt. Ein bisschen digital aufgebrezelt, aber eben marginal und ohne jedwede Orientierungsmöglichkeit in Sachen farbige Hauseingänge oder Heckenstruktur.

Diese bockige Art der Argumentation kennen wir bislang typischerweise von genau DER Klientel, die weiss dass sie Bockmist baut. Frau von der Leyen und Herr Schäuble bauen gern Horrorszenarien auf, die wahr werden sollen wenn wir nicht die Wünsche der Minister erfüllen.

Ich verstehe nicht – und es konnte mir auch noch keiner erklären – was der grosse Vorteil an Streetview sein soll? Der Google-Produkt-Kompass erklärt zum Beispiel:

Street View gibt es bereits in mehr als 20 Ländern – unzählige berühmte Sehenswürdigkeiten auf der ganzen Welt können Sie schon jetzt per Mausklick bereisen! Da wäre zum Beispiel der Eiffelturm in Paris, der Buckingham Palast in London oder das Empire State Building in New York. Auch die weniger bekannten, aber ebenso faszinierenden Sehenswürdigkeiten, wie z. B. die Kappelbrücke in Luzern oder das ‘Tanzende Haus’ in Prag, sind eine Reise wert. Tausende Deutsche haben so schon viele Teile der Welt erkundet.

Soso, Eiffelturm in Paris (65.700 Ergebnisse) , Buckingham Palast in London(1.070.000 Ergebnisse), Empire State Building in New York(4.600.000 Ergebnisse), Kappelbrücke in Luzern (13.300 Ergebnisse) oder das ‘Tanzende Haus’ in Prag (3.630 Ergebnisse). Die Zahlen in Klammern geben an, wie oft Google mittels Bildersuche Fotos der jeweiligen Sehenswürdigkeit findet.

Ob ich wirklich so viel mehr über das tanzende Haus erfahre, wenn ich – abseits der 3.630 bereits verfügbaren Bilder – noch eine weitere Ansicht bekomme? Es gibt bereits jetzt von jedem ansatzweise wichtigem Ort nahezu unendlich viele Bilder. Muss wirklich auch MEIN Haus sichtbar sein?

Ich bin ein Technikfreak und ich liebe Spielzeug. Bei Twitter geht seit einiger Zeit der Spruch

Wenn Google den StreetView Gegner 3% Rabatt auf irgendwas anbietet, die Diskussion wäre beendet. Klappt bei Payback ja auch

rum. Aber ich nutze kein Payback. Ich bin ein Freund von Bargeldzahlungen, selbst Kredit- und EC-Karte nutze ich nur in Notfällen zur Zahlung. Ich versuche bewusst nicht zu viele Informationen von mir im Netz zu verbreiten (und werde dafür von einem Blogleser kritisiert….).

Ich bin ein eigentlich recht offener und auch redseliger Typ – aber bitte im kleinen Kreis. Meine Familie, mein Umfeld – all das geht niemandem wildfremdes(!!) im Internet etwas an. Ich habe kaum Gardinen vor den Fenstern, wer an meinem Wohnzimmer vorgeigeht, wird mit ein bisschen Glück hinein schauen können. Aber er sollte sich doch wenigstens die Mühe machen an meiner Wohnadresse vorbei zu gehen und nicht nur in Mombasa einen Browser öffnen.

Am meisten irritiert mich, dass ansonsten sehr kritische Menschen (in Sachen Google und Daten- und Persönlichkeitsschutz) bei Streetview auf einmal kritiklos anfangen zu sabbern.

Auch muss ich nochmals auf die wichtige Initiative Pro Netzneutralität aufmerksam machen! (Info siehe auch hier)

Google öffnet die Büchse der Pandora

Nun also doch: Internetriese Google gibt den Grundsatz auf, Datenverkehr müsse im Internet gleich behandelt werden. Die seltsame Argumentation des Konzerns: Das Prinzip der Netzneutralität sei ein Segen für das kabelgebundene Netz – aber bei Funkverbindungen nicht.

lese ich gerade im Spiegel und frage mich, woran ein IP-Paket erkennt auf welchem Medium es gerade unterwegs ist. Oder waran Sender und Empfänger sich sicher sein können, auf welchem Medium die Daten auf der Strecke übertragen werden.

Google war nicht dumm, aber anscheinend hat irgendjemand wesentlich verantwortlichen Menschen bei Google ins Hirn geschissen, dass dieses Unternehmen sich nun hinstellt und erklärt:

Die zweite große Ausnahme vom Grundsatz der Netzneutralität wünschen sich Google und Verizon im Mobilfunkbereich. Immer wenn Daten nicht durch Kabel, sondern per Funk übertragen werden, sollten die Telekommunikationsanbieter entscheiden dürfen, was wie schnell wohin gelangt. Warum? Weil dieser Markt „heftiger umkämpft ist und sich schnell wandelt“.

Für jeden Buchstaben in obigem Zitat möchte ich einem Google-Mitarbeiter eine kräftige Ohrfeige schlagen dürfen. Warum? Weil die Mobilfunkcarrier uns Nutzer seit ca. 4 Jahren versuchen auf mobile Kommunikation einzustimmen. Weil z.B. Vodafone schon lange versucht kabelgebundene Hausanschlüsse durch Mobiltelefonie abzulösen.

Das auch ausgerechnet Google Betriebssystem Android nahezu ausschliesslich auf mobile Kommunikation angewiesen ist, hat sich wohl noch nicht in die Chefetage von Google rumgesprochen.

Der Spiegel schreibt weiter

Sollte der Grundsatz der Netzneutralität aber in Teilbereichen aufgeweicht werden, könnte dass irgendwann ganz einfach bedeuten, dass bestimmte Angebote schneller sind – zum Beispiel Videos, die man über Mobiltelefon bei YouTube aufruft. Wie solche bevorzugten Anbieter die Telekommunikations-Firmen für diese Sonderbehandlung entschädigen, ist offen. Vielleicht mit einer Beteiligung an den Werbeeinnahmen? Vielleicht mit Zahlungen? Es könnte auch sein, dass Kunden für bestimmte Internetdienste zusätzlich zahlen müssen. In Deutschland müssen zum Beispiel Kunden, die den internetbasierten Telefonservice Skype auf ihrem Mobiltelefon im Netz der Telekom nutzen wollen, in den meisten Tarifen 15 Euro extra im Monat zahlen.

Und genau an der Stelle könnte Google mittels seiner Marktmacht versuchen sein Quasi-Monopol weiter auszubauen. Don’t be evil ist definitiv vorbei.

Ich sehe es schon kommen: Technikaffine Menschen arbeiten nur noch über lokale und entfernte Proxys oder VPNs, damit der Carrier den Datenstrom mal auf der Protokollebene identifizieren kann. Sollte man sich eh mal angewöhnen.

Smartpad von 1&1 killt kein iPhone – sagt die FAZ

Tja, da kann der schöne Marcel Davis in der Fernsehwerbung noch so sehr schwärmen, die FAZ haut 1&1 deren Smartpad eher um die Ohren, als Werbung dafür zu machen.

Das Smartpad von 1&1 kann es mit dem iPad nicht im Mindesten aufnehmen. Es ist in erster Linie billig. Durch das schlechte Display und sein behäbiges Arbeitstempo verhaspeln sich Benutzer und Software gleichermaßen. Und zwar ständig.

Sowas nennt man dann auch „vernichtend“. Weitere Nachteile sind schnell aufgezählt:

Es ist mit dem älteren Android-Betriebssystem 1.6 aus der Handy-Welt ausgerüstet, man kann allerdings mit dem Gerät nicht telefonieren, und eine ganze Reihe von Besonderheiten sind zu beachten: Es gibt keinen direkten Zugriff auf den Android-Market mit seinen etwa 50.000 zusätzlichen Apps, sondern es lassen sich nur von 1&1 ausgesuchte Zusatzprogramme aus einem „1&1 Store“ installieren. Vergeblich sucht man darin Apps für Internettelefonie (etwa Sipdroid oder Fring), Apps für den Zugriff aufs Dateisystem (etwa Astro), kostenpflichtige Apps und vieles andere mehr. Weiterhin fehlen auch manche Programme, die Android 1.6 von Hause aus mitbringt, beispielsweise Google Chat.

und dann:

Was dem Smartpad aber den Todesstoß versetzt, ist die Kombination aus lahmer Hardware in Verbindung mit einem mangelhaften, unempfindlichen Display: Obwohl die Prozessorleistung (500 Megahertz) prinzipiell ausreichend sein sollte, reagiert der Apparat auf alle Finger-Gesten träge und unpräzise, was der billigen resistiven Displaytechnik geschuldet ist.

Naja, mal ehrlich hat jemand etwas anderes erwartet? Für welche Art von Produkten steht in eurer Vorstellung der Name 1&1? Für High-Quality und absolute Leistungsfähigkeit, oder eher absolut niedrigpreisiger Massenmarkt?

Na dann. Also kann 1%1 seine blöde DSL-Leitung mit 24 Monaten Vertragslaufzeit ans Bein binden.