Wenn die „öffentliche Hand“ einen Segen sieht, darf es auch mal rechtswidrig sein #Loveparade

Nun also ist die Katze aus dem Sack:

Die Erteilung der Genehmigung der Loveparade, bei der am 24. Juli 2010 in Duisburg 21 Menschen getötet und mehr als 500 verletzt wurden, erfolgte demnach rechtswidrig. Der 450 Seiten starke Bericht der Ermittlungsbehörden, der bereits vom 17. Januar stammt, war bisher unter Verschluss gehalten worden.

Quelle: WDR.

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Da bezahlen wir (Du, ich und alle anderen Deutschen) Steuern, um Staatsdiener zu finanzieren, die für uns bei Großveranstaltungen die Sicherheit prüfen.

Sicherheit, welch geflügeltes Wort! Was tut der Staat nicht alles für unsere Sicherheit (oder würde es gern tun). Vorratsdatenspeicherung, Onlineüberwachung, Kameraüberwachung (und Einschränkungen beim Sicherheitspersonal!), Vermummungsverbot, Rauchverbote und noch vieles mehr – alles für unsere Sicherheit. Für unsere Sicherheit? In diesem unserem Staat muss man sich als Bürger klar werden über wessen Sicherheit gesprochen wird, denn darin unterscheiden sich die Bemühungen. Der Staat tut (fast) alles um sich selbst und die Besitzenden/Mächtigen/Reichen zu schützen – um den Bürger geht es höchstens sekundär.

Die Vorgänge um die Loveparade zeigen es deutlich: Wenn es um Staat/Bürger geht,  steht für den Staat immer er selbst im Vordergrund. Sicherheitsbedenken werden mit einem Federstrich vom Blatt gewischt, damit der Oberbürgermeister und der Veranstalter sich rühmen können eine „fette Party“ veranstaltet zu haben. Strafrechtlich sind aber sowohl Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland als auch der Lopavent-Geschäftsführer Rainer Schaller fein raus – gegen sie wird nicht ermittelt.

Kein Wunder, dass der Bericht der Ermittlungsbehörden vom 17.01.2011 erst jetzt an die Öffentlichkeit kommt, ist er doch der Beweis für die Schlamperei bei allen Beteiligten. Am Ende wird ein kleiner Angestellter seinen Hut nehmen und die wahren verantwortlichen streiten alles ab. Da haben (deutsche) Unternehmer und Behörden ja eine langjährige Erfahrung.

Zuwenig Wände, zuwenig Munition

[Update]Der Beweis, das Videoüberwachung dem Menschen nicht hilft

httpv://www.youtube.com/watch?v=7hpS9namx1Y

WENN Videoüberwachung für den Bürger wäre, dann erlaube ich mir – so ganz vorsichtig – die Frage zu stellen, warum dieser offensichtlich hilflosen Person nicht geholfen wird. Er eiert (anders kann man es nicht bezeichnen) durch verschiedene Videoüberwachungen, hat mehrfach mehr als nur Glück, dass er sich nicht ernsthaft verletzt. Aber Hilfe bekommt dieser Mann nicht.

Die SUN amüsiert sich über die Collage von Hilflosigkeiten, ich aber frage: Wenn er ausgeraubt, verprügelt und am Ende getötet worden wäre – was hätte ihm die Videoüberwachung gebracht, wenn diese so offensichtlich nur zur Dokumentation der Hilflosigkeit, nicht aber zur Hilfe geeignet ist.

Wer videoüberwacht um Sicherheitspersonal einzusparen vergeht sich an den potentiellen Opfern und müsste – nach meinem Rechtsempfinden – wegen Mithilfe ebenfalls belangt werden können.

Ob die betreffende Person seine Einwilligung gegeben hat, dass diese Videos im Internet auftauchen, darf mir auch gern mal jemand beantworten. Lieb wäre es mir, wenn der Typ Anhänger der Spackeria wäre.

PS: Ich muss anmerken: Das Video ist wahrlich sehenswert, auch wenn mir der arme Kerl leid tut.

Update: Der Spiegel schreibt dazu:

Das Personal habe sich das Lachen nur schwer verkneifen können, als es den Mann wiedererkannt habe. „Wir waren alle sehr erleichtert, als wir sahen, dass er nicht unter einen Zug gekommen war“, so die Quelle weiter. Der Mann sei total betrunken gewesen: „Es ist unglaublich, dass er sich nicht ernsthaft verletzt hat.“

Anscheinend kommt da noch eine sehr konkrete „Unterlassene Hilfeleistung“ hinzu

Was darf Sicherheit kosten?

Das Ziel von Sicherheitsmassnahmen kann nur sein,
zwischen dem Aufwand zur Sicherung und dem Aufwand
zum Durchbrechen dieser Sicherung ein Ungleichgewicht
zu Ungunsten des Angreifers herzustellen.

diesen schlauen Satz hat ein alter Freund von mir vor fast 20 Jahren einmal geprägt (huhu Esco). Jeder sollte sich diesen – allgemein gültigen – Satz nochmal durch sein Hirn rauschen lassen, bevor wir zu der folgenden Meldung von Monitor weiter gehen:

Im Deutschen Bundestag arbeiten private Sicherheitskräfte, die ihren Lebensunterhalt trotz Vollzeitbeschäftigung nicht bestreiten können und die auf zusätzliche Sozialleistungen vom Staat angewiesen sind. Das belegen Recherchen des ARD-Magazins MONITOR.

Die betroffenen Sicherheitskräfte im Bundestag sind nicht Angestellte der Bundestagsverwaltung. Diese hat einen Großteil des Sicherheitsdienstes an private Firmen ausgelagert.

Ist das nicht wunderbar? Aus diesen Sätzen lässt sich ablesen für wie sicherheitskritisch sich der Bundestag selbst hält. Denn wer kein Geld für seine eigene Sicherheit bereit ist auszugeben ist entweder ein Vollidiot (da er grundlegende Prinzipien der Sicherheitsbemühungen ignoriert), oder er ist mit gesunder Selbsteinschätzung unwichtig.

Warum sollte Sicherheitspersonal gut bezahlt sein? Weil nur ein Sicherheitsmitarbeiter, der seinen Lebensunterhalt ausreichend selbst versorgen kann, kein leichtes Opfer für externe Eindringliche oder Informationsbezieher ist. Wer stehts pleite ist, tut sich leicht für ein paar Euro mal die Wachpläne rauszugeben, eine Zugangskarte zu verlieren oder unbefugten Personen Zugriff zu beschaffen.

Herrgott, wie dämlich sind diese Volksverarscher eigentlich?

Nochmal, weil es so schön ist:

Das Ziel von Sicherheitsmassnahmen kann nur sein,
zwischen dem Aufwand zur Sicherung und dem Aufwand
zum Durchbrechen dieser Sicherung ein Ungleichgewicht
zu Ungunsten des Angreifers herzustellen.

Dies gilt für alle Bereiche des Lebens – ob Firewall, Zutritts- oder Zugriffssicherheit als auch Gesundheitsvorsorge – immer.