Der Straftatbestand „Unterlassene Hilfeleistung“

Im Strafgesetzbuch findet man den § 323c, der sich mit dem Straftatbestand „Unterlassene Hilfeleistung“ beschäftigt:

Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Ich frage mich – und die ermittelnden Behörden, die Staatsanwaltschaften und auch euch – warum gegen die umstehenden Polizisten in Sachen „der Radfahrer“ nicht wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt wird. Kann mir das jemand erklären? Auch in dem Bewusstsein, dass dieser Straftatbestand nicht fahrläässig, sondern nur vorsätzlich begangen werden kann, so sollte man – gerade bei Polizeibeamten – von einer Vorbildspflicht ausgehen.

„Radfahrer“ – Neue Pressemitteilung und offene Fragen

Die Pressesestelle der Berliner Polizei hat eine weitere Pressemitteilung herausgegeben:

Mit Vorrang betreibt das Fachkommissariat für Amtsdelikte beim Landeskriminalamt umfangreiche Ermittlungen, um den Sachverhalt aufzuklären, der im Zusammenhang mit einem Aufzug am vergangenen Samstag zur Einleitung eines Strafverfahrens geführt hat. Wie berichtet, war gegen 18 Uhr 40 ein 37-Jähriger bei seiner Festnahme am Fontaneplatz verletzt worden. Der Ablauf des Geschehens ist teilweise auf einer ins Internet eingestellten Videosequenz zu sehen.
Die zurzeit bekannten Videobilder begründen den Vorwurf der Körperverletzung im Amt. Um eine umfassende Aufklärung des Falles zu erreichen, wird aber nicht nur auf die Videobilder zurückgegriffen. Es müssen alle in Betracht kommenden Beweismittel herangezogen werden. Deshalb sind einerseits die Aussagen aller Beteiligten von Bedeutung, andererseits ist aber auch die Mitwirkungsbereitschaft anderer noch nicht bekannter Zeugen, umfassend auszusagen, gefragt.
Gemäß der ersten Pressemeldung der Polizei hatten die Beamten angeführt, dass es im Zusammenhang mit der Überprüfung eines Lautsprecherwagens zu massiven Störungen ihrer Maßnahmen gekommen sei. Dem 37-Jährigen sei ein Platzverweis ausgesprochen worden, dem er nicht gefolgt sei. Dieser ließ durch einen Rechtsanwalt mitteilen, dass diese Schilderung falsch sei. Die ermittelnde Fachdienststelle muss die Schläge auf den 37-Jährigen Radfahrer und die komplexen Ereignisse, die der Eskalation voraus gegangen sind, zeitlich plausibel zusammenführen und versuchen, bestehende Lücken zu füllen.
Die Beamten des Landeskriminalamtes haben sich heute um die Vernehmung des Opfers bemüht, konnten ihn jedoch noch nicht persönlich erreichen. Bis zur Klärung des Sachverhaltes werden die beiden Beamten, denen der Tatvorwurf gemacht wird, im Innendienst eingesetzt.

So sehr ich die Arbeit der Ermittlungsbehörden auch begrüsse, so stark bleibt bei mir die Frage offen: Gegen wieviele Beamte wird wegen unterlassener Hilfeleistung und/oder Freiheitsberaubung ermittelt? Die offensichtliche Körperverletzung ist nicht die einzige ermittlungsfähige Tat! Das sollte man nicht vergessen! Gegen alle Beamten, die in der Lage waren die entstandene Situation zu beurteilen und NICHT die beiden Polizisten (gegen die nun ermittelt wird)  zurückhielten besteht in meinen Augen der Verdacht der unterlassenen Hilfeleistung. Denn sind Polizisten nicht verpflichtet Bürger gegen JEDE Gefahr zu schützen? Muss ein Polizist nicht auch gegen seine Kollegen tätig werden, wenn diese eine Straftat begehen – muss er den Versuch nicht bereits im Vorfeld versuchen zu verhindern?

Aber da wird bestimmt ein Schutzschirm gespannt – leider. Denn der Korpsgeist muss aufgebrochen werden. Es muss sich das Bewusstsein durchsetzen, dass fehlhandelnde Polizisten diejenigen sind, die ihr Nest beschmutzen und eben nicht die Kollegen, die dafür sorgen, dass der Bürger wieder Vertrauen zu der Polizei haben kann.

Polizei sucht noch weitere Zeugen wg. „Radfahrer“

Laut der Berliner Umschau sucht die Polizei noch weitere Zeugen, die den polizeilichen Übergriff gegen den „Radfahrer“ beobachtet haben und diesbezüglich aussagen können.

>Nach dem Prügel-Einsatz gegen einen Teilnehmer der Datenschutz-Demo am Sonnabend sucht die Polizei weiter Zeugen.

„Die zurzeit bekannten Videobilder begründen den Vorwurf der Körperverletzung im Amt. Um eine umfassende Aufklärung des Falles zu erreichen, wird aber nicht nur auf die Videobilder zurückgegriffen“, heißt es in einer Presseerklärung der Behörde.

Dass die Ermittler ihre Untersuchungen nicht ausschliesslich auf das Videomaterial stützen ist nachvollziehbar. Ich möchte also JEDEN der die Szene beobachtet hat bitten, sich mit der Berliner Polizei in Verbindung zu setzen. Umso mehr _sachdienliche_ Aussagen gemacht werden, desto klarer wird das Bild für Ermittler, Staatsanwalt und auch den Richter werden.

Bitte diesen Aufruf weiterverbreiten – es ist im Sinne der Aufklärung und der Gerechtigkeit.