Warum ich froh bin kein Pirat in Berlin zu sein

Zuerst einmal freue ich mich natürlich höllisch, dass die Piratenpartei gestern in Berlin mit satten 8,9% in das Berliner Parlament gewählt wurden. Dass die FDP mit 2% das wohl unterirdischste vorstellbare Ergebnis eingefahren haben, befriedigt ein wenig meine Schadenfreude, aber das alles war gestern.

Heute ist Montag der 19.09.2011 und es wird nicht nach hinten, sondern ein wenig bange nach vorn geschaut. Denn ab sofort müssen die Berliner Piraten genau das tun, was der Vorsitzende der FDP versprochen hat zu tun: Die Piraten müssen liefern. Wie schreib es der Schockwellenreiter so treffend:

Dieses Mal und für diese Wahl bekommen die Berliner Piraten meine Stimme. Aber es ist nur eine Stimme auf Kredit — ich werde sie über die ganze Legislatur­periode aufmerksam beobachten

Und der Schockwellenreiter ist damit sicher nicht allein. Stellvertretend für alle Landes- Kreis-, Bezirksregierungen werden nun die Piraten in Berlin unter strenger Beobachtung der (potentiellen) Wähler stehen. Die Berliner Piraten haben nun die schwierige Aufgabe übertragen bekommen den Nachweis anzutreten, dass  die Piratenpartei eine ernst zu nehmende politische Vertretung der Bevölkerung ist.

Die Piraten haben den Charme des unorthodoxen, dürfen sich aber nicht zu einer Spasspartei machen lassen, sondern müssen den Nachweis erbringen, dass Politik vom Volk und für das Volk durch die Piraten ernst genommen wird.

Als ich letztes Wochenende zum Vorsitzenden eines Bezirksverbandes der Piratenpartei gewählt wurde (ich kam dazu wie die Jungfrau zum Kinde), wurde mir erst nachträglich vollumfanglich bewusst, dass dies nicht nur eine Aufgabe ist, die ich für eine bessere Handvoll Piraten übernommen habe.  Nein, ich habe vor allem die Verantwortung für die Zukunft übernommen, für das Potential dass sich noch entwickeln kann und sollte.

In sofern hoffe ich inständig, dass die Berliner Piraten den Bürgern zeigen, dass sie es können. Niemand erwartet von den Piraten, dass sie die Finanzkrise und die Arbeitslosigkeit erfolgreich bekämpfen. Viele Menschen wünschen sich, was derzeit noch Träumereien (auch der Piraten)  sind, wie kostenfreie Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs oder ein bedingungsloses Grundeinkommen. Aber diese Beispiele sind eben nur Beispiele. Ganz zum Schluss geht es eine Aussage (ich weiss leider nicht von wem das Original ist):

Die Piraten brauchen kein Programm, sie sind das Betriebssystem

Übersetzung für nicht ganz so EDV-Affine Leser: Pirat sein, hält sich nicht an einzelnen Punkten auf, Pirat sein ist eine Lebenseinstellung: Es geht um Freiheit des Individuums und Menschlichkeit. Dass diese Lebenseinstellung ernst genommen werden kann und darf, das können und müssen die Berliner Piraten nun beweisen. Es ist Bürde und Chance gleichermassen – ich drücke Ihnen alle Daumen und die grossen Zehen noch dazu.

Entern Männerrechtler die Piraten?

Der Freitag schreibt, dass Männerrechtler versuchen die Piratenpartei zu „unterwandern“.

Ich weiss nicht – und kann mich deshalb nicht „bundesweit“ äussern, wie es in anderen lokalen Piratengruppierungen aussieht. Ich kann aber für Hamburg feststellen, dass es hier Versuche einer einzelnen Person gab, die Piratenpartei als Podium für ziemlich krude Theorien zu nutzen. Diese Person wurde aber sehr schnell erkannt, eingenordet und die Gefahr einer wahren Unterwanderung durch Männerrechtler halte ich in Hamburg für ziemlich ausgeschlossen.

Allerdings muss man natürlich – egal in welcher formellen Vereinigung man sich befindet – stets aufpassen, dass „speziellen“ Gruppen keinen grossen Einfluss erhalten. Eine Meinungsfreiheit hat jeder – und dies sollte inbesondere in der Piratenpartei als Grundsatz hochgehalten werden. Die Frage ist nur, übernimmt die Gemeinschaft krude Ideen und Ansichten und lässt sich derart für seltsame Strömungen missbrauchen.

Und als „seltsam“ bezeichne ich nicht nur überdrehte Männerrechtler, sondern auch Homöopathen, katholische Fundamentalisten und ähnlich Eigenwillige.

Wachsam sein ja, obschon mir derzeit keine konkrete Gefahr bewusst ist.

Auf Wunsch eines einzelnen Herren – Wahltube im Reizzentrum :)

Wahlspot Nummero  1:

Grossartig, mit viel Humor. „Ich wähle die Partei, weil die einen auch ausreden la…….“ :

httpv://www.youtube.com/watch?v=x9U64uzky8s

Chilliger Spot – Die Partei wählen, mit allen 5 Sinnen:

httpv://www.youtube.com/watch?v=I0E3AZYzqvM

Die Meisterprüfung – Grundsatzrede des Bürgermeisterkandidaten der PARTEI – Heinz Strunk (Fleisch ist mein Gemüse). Der Typ ist großartig!

httpv://www.youtube.com/watch?v=dVoYqhRW3u4

Die Partei empfehle ich all denen, die keine politische Partei wählen wollen oder aus ethischen Gründen dies nicht können. Die Partei ist … naja, anders.

Und wer wissen will, warum man in Hamburg die Grünen nicht so lieb hat, der schaue folgenden Spot:

httpv://www.youtube.com/watch?v=cZxWBLuEMIg

Jeder der ansonsten einen Schrei(b)krampf bekommt, wenn er an CDU/SPD/FDP denkt, wählt einfach die Piraten.

Na, Nachbar – ist DAS Service?