Der Chef des deutschen Sportartikelherstellers Trigema, Wolfgang Grupp, hat innovativ-in ein Interview gegeben. Und ratzfatz bäumt sich die Twitterwelt auf: „Er hat uns Idioten genannt“. Allein das Lesen der Kommentare unter dem Interview ist für einen Kampfnörgler wie mich ein inneres Weihnachtsfest.
Aber was sagt Grupp denn in dem Interview, was es zu bemängeln gibt – abgesehen davon dass er sich als Internetausdrucker outet? Er ist gegen das Internet, da er der Technologie kritisch gegenüber steht – was sein gutes Recht ist – wenn wir uns an das Prinzip der Meinungsfreiheit erinnern.
Wenn Grupp aber erklärt:
Die Kunden vergleichen im Internet die Preise und kaufen das billigste Angebot. Inzwischen werden Milliarden Umsätze über das Web gemacht, aber die kleinen Einzelhändler bleiben auf der Strecke. Die guten Geschäfte müssen schließen und unsere Innenstädte bluten aus und verkommen. Viele Einzelhändler und auch Karstadt sind durch das Internet pleite gegangen.
dann hat er recht. Wer hat noch keine Bekanntschaft mit den Spezialisten gemacht, die einem versuchen die Beratungsdienstleistung aus der Nase zu ziehen, um dann beim billigsten Internetshop zu ordern? Oder diejenigen, die einem nach dem Kauf zu Tode nerven, weil der Shop keinen Support bietet und sie mit dem Produkt nicht zurecht kommen? Letztendlich ist es diese „Geiz ist Geil Mentalität“ die Grupp kritisiert – wenn auch „hinten rum“
Und wenn Grupp erklärt
Twitter ist für mich einfach nur dumm und die Menschen, die das nutzen, sind für mich Idioten. Haben die Menschen eigentlich nichts Besseres zu tun, als über belanglosen Kram zu schreiben? Wen interessiert das?
kann ich ihn ein wenig verstehen. Ich habe (hatte) ja auch ein deutlich schizophrenes Verhältnis zu Twitter, bis ich herausfand dass man äusserst restriktiv sein muss, wem man so alles folgt. Die Freundlichkeit, jedem zu folgen, der einem selbst folgt, hat sowohl schlaflose Nächte (so schnell kann kein Mensch lesen) zur Folge, als auch einen absoluten Input-Overflow in Sachen geistig Erbrochenem.
Sollte der Herr Grupp einmal jemandem über die Schulter geschaut haben, der unreflektiert zu vielen Leuten folgt, dann kann ich mir schon vorstellen, dass die Informationen
- Wer wann Feierabend macht
- Wer wann aufsteht und ins Bett geht
- Wer wann Mittag macht und was es zu Mittag geben wird oder gegeben hat
- War was in diesem Moment im Fernsehen sieht
- Welcher Wochentag gerade ist
als redundant und idiotisch angesehen werden. Die Kunst des Selektierens muss lernen wer sich versucht im Internet frei und offen zu informieren. Und wenn Herr Grupp dieses nie lernen konnte, muss er zu seiner Ansicht kommen.
Spinnt er? Nein, das tut er in meinen Augen nicht – er betrachtet die Welt (und das Internet) nur aus seiner Perspektive.
Nur dass er auch mich als „Idiot“ bezeichnet – das ist deutlich übertrieben. Aber man muss ja die Produkte eines Menschen der einen als Idioten bezeichnet nicht kaufen. Insofern war der Teil mit den „Idioten“ so rein marketingtechnisch idiotisch. Aber Idioten werden wohl nichts bei Trigema kaufen. Das Interview wäre OK gewesen, wenn da nicht dieses Idiot gefallen wäre.. Schuß ins Knie – bye bye Trigema