Antiautoritäre Erziehung als Altlast?

Ich habe eine Verhaltensstörung: Ich frage mich viel zu oft „warum?

Ich twitterte vorhin:

Was früher durch darwinistische Selektion ausgestorben wäre, wird dank Internet und Fanboys heute zur Heldenfigur. #Tragisch

Ist es denn nicht so, dass heute wirklich jeder zum Helden oder Star wird? Einerseits wird gegen Springer protestiert und auf der anderen Seite verdrehen Fanboys eines schrillen Bloggers die Faktenlage, bis einem beim Zusehen schwindelig wird.

Welche Autoritäten erkennen wir heute noch an, wenn es anscheinend (von gewissen Kreisen)  gesellschaftlich akzeptiert ist, Gerichtsentscheidungen gänzlich zu ignorieren? Das wir uns über die Parlamente aufregen schön und gut. Aber welche Instanz darf denn noch über Recht und Ordnung bestimmen? Nur noch der Pöbel?

Da steht die Meute und skandiert: „Nur weil jemand Geld hat, hat er noch nicht Recht“. Ja, ich gebe der Menge partiell Recht, aber: Es hat auch nicht recht, wer am lautesten schreit!

Man kann nicht auf der einen Seite erklären,, dass das Internet kein rechtsfreier Raum wäre und man keine speziellen Gesetze für das Internet benötigt, wenn man andererseits die bundesdeutschen Rechtsmittel schlicht ignoriert. Ja was denn nun? Gelten Regeln immer nur für andere? Gilt, was heute für Beleidigung und Verleumdung gilt, in morgen auch für Diebstahl und übermorgen für Körperverletzung und Mord? Wer genügend Follower hat kann straffrei machen was er will? Ist das wirklich der Weg? Wer will da noch Springer und die BILD kritisieren, wenn sich Blogger EXAKT den selben Weg gehen: Recht haben durch Menge der Leserschaft. Rechte müssen immer für alle gleichermassen gelten!

Meine Mutter sagte zu mir – wenn ich mit dem „Die Anderen dürfen/machen auch“ ankam – des Öfteren „Und wenn die anderen nackt in die Elbe springen, springst Du hinterher?“. Nein, ich springe nicht – zumindest nicht ohne über die Folgen nachzudenken. So wie jeder vernunftbegabte Mensch sich aus mehreren Quellen informiert und „beide Seiten“ anhört, sollte man auch im „Facebook-Freundeskreis“ seine Quellen prüfen.

Und genau DAS scheint das Problem der „ehemaligen Jugend“ – der Generation Kohl – zu sein: Es wird gedankenlos agiert, nach uns die Sintflut. Genau so, wie die CDU heute noch aktiv Politik betreibt. Ausgerechnet diejenigen, die sich für besonders schlau halten, versuchen sich das Motto des Guido Westerwelle ans Revers zu hängen: „Alles nur Spass“.

Aber so funktioniert das Leben eben nicht. Dies macht eigentlich die Pubertät aus, dass man lernt Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Dass man keinen Vormund braucht, der einem die Schuhe zuschnürt und die Schnittstelle zur echten Welt darstellt. Wer aber nie lernte, sich in der echten Welt zurecht zu finden, der wird durch sein leben dfür verantwortlich sein, was Jörn wie folgt twitterte:

de-evolution bestimmt die Gesellschaft!

Und die Fanboys feiern den Untergang der Kritikfähigkeit.

Pink Floyd ärgert EMI

Es gibt Meldungen, die entbehren nicht einer gewissen Komik:

Pink Floyd, bekannt für Alben wie „Dark Side of the Moon“ und „The Wall“, ist der Ansicht, dass EMI keine einzelnen Titel, sondern nur komplette Alben verkaufen darf. Ein solcher Vertrieb hat sich im Zuge des Onlineverkaufs jedoch als umsatzträchtigste Methode erwiesen. Als Pionier gilt der US-Konzern Apple mit seinem Musikladen iTunes. (FTD)

Nun ist es sicher so, dass sich einzelne Musikstücke besser verkaufen lassen als Doppelalben. Wie die geneigte Leserschaft weiss, bin ich ein älteres Modell und habe meine ersten Kontakte zur Kaufmusik ausschliesslich über die Langspielplatte gemacht. Single gab es zwar auch (Maxis kamen später), aber Singles waren (sorry) für Mädchen. LPs kosteten nur unwesentlich mehr als Singles und so manche LP enthielt doch deutlich mehr als nur ein hörbaren Titel. Manchmal kaufte man sich eine LP für einen Titel und stellte später fest, dass andere Titel VIEL besser waren.

Nun zu Pink Floyd. Die nahmen – gemeinsam mit Genesis, Klaus Schulze, Tangerine Dream, Kraftwerk und andere – eine Sonderstellung ein, da deren LPs oftmals eher als Gesamtkunstwerk zu hören waren und sind, denn als Aneinanderreihung von einzelnen Titeln. Auch wenn „Another Brick in the Wall Part 2“ als Auskopplung ein Singlehit wurde, so grenzt es an Schändung dieses Stück allein zu betrachten.

Wenn nun die Mannen von (Rest) Pink Floyd erklären, dass deren Werke nur als Gesamtwerk so stellt sich aber die Frage, wieso es früher schon Auskopplungen als Single gab? Lehnt sich Pink Floyd jetzt auf um der waidwunden EMI nochmal kräftig in die Rippen zu treten? Mir soll es recht sein. Einzeltitel kann jeder Künstler auch problemlos selbst online vermarkten – um aber Alben (Hardware) an den Mann in die Logistikkette zu bringen, dafür braucht es (VIELLEICHT!) eine unterstützende Firma.

Warum ein Wahlleck über Twitter die Politiker unruhig macht

Die Vorab-Informationen über ein mögliches Wahlergebnis werden nicht in Twitter generiert und nicht erst seit letztem Wochenende.

  1. Diese Zahlen gab es schon bei früheren Wahlen – vorab und exklusiv für einen bestimmten Personenkreis
  2. Es gibt und gab schon früher Personen, die willens und in der Lage sind, diese Zahlen vorab (unerlaubt) weiter zu geben.

Warum also wird jetzt so eine „Welle“ um dieses Detail gemacht? Weil auf einmal – dank der Möglichkeit einer sehr schnellen Verbreitung – diese Zahlen einem deutlich breiteren Personenkreis zugänglich sind. Solange einzelne Mitarbeiter der Wahlforschungsunternehmen nur die politischen Parteien und diese – zur weiteren, zeitnahen Reaktion? – ihren Wählermobilisierungteams weiter leiteten (alles natürlich unter „psssst, haste nicht von mir), war alles OK.

Aber wehe der „einfache Bürger“ erhält diese, bislang nur Politikern zur Verfügung stehenden, Informationen! Dann brennt die Luft.

Glaubt einer aus meiner verehrten leserschaft, dass es diese Zahlen füher nicht bereits vorab gab? Eher nicht wirklich. Aber das Volk Informationen bekommt, die den Politikern einen Vorteil verschaffen, DANN werden sie nervös. Dieses verlogene Lumpenpack.

DESHALB fürchten sie das Internet, denn es hat einen ähnlichen Einfluß auf die Informationswelt, wie die Erfindung des Buchdrucks. Die Politiker wissen es und deshalb wird so eine welle gemacht. Sie sehen in schnellen Informationen eine (für sie real bestehende) Gefahr. Sie können damit nicht umgehen, sie brauchen Berater (am besten von Lobbyverbänden bezahlt), die ihnen eine bezahlte Meinung ans Herze legen. Freie Informationen sind BÖSE!

Geht wählen – ich sage hier nicht welche Partei, ihr wisst schon welche!