Sag Naiin zu Wichtigtuern

Es gibt da einen Menschen Namens Dennis Grabowski, der im Netz kein Unbekannter ist.

Schon vor 4 Jahren schaffte es Dennis Grabowski mit seinen teilweise bemerkenswerten Unternehmungen Aufmerksamkeit zu erregen:

Gut, dass der Herr Grabowski das jetzt in die Medien bringt. Gleichzeitig wirft sich natürlich auch die Frage auf warum er das macht. Sicher weil er als Geschäftsführer bei der Selbsthilfe-Organisation „naiin“ über die erfolgreiche Arbeit des im Vereinsregister von Berlin-Charlottenburg eingetragenen gemeinnützigen Vereins berichtet.
Beim Besuch der Webseiten des Vereins „naiin“ stechen allerdings einige Merkwürdigkeiten ins Auge des Lesers:

  • der Geschäftsführer Grabowski moderiert auch das Forum dieses Vereins
  • Das Forum ist mäßig frequentiert, die meisten der wenigen Postings stammen aus 2005 und früher
  • die Anschrift des Vereins ist deckungsgleich mit der Strato AG

Diese Erkennnisse machen natürlich neugierig und binnen Minuten ist mittels Google festgestellt, dass der Herr Dennis Grabowski eine nicht unbekannte Größe im Geschäft mit den Ängsten und Nöten im virtuellen Raum ist, denn Grabowski fungiert beim naiin-Verein nicht nur als Geschäftsführer, sondern auch noch als stellvertretender Vorsitzender, Hotline-Manager, Administrator und Leiter der Internetmeldestelle „Netwatch“.

kann man schon seit dem 12.05.2006 bei Machopan lesen. Nichts neues an der Front?

Doch, denn nun ist der Einzelkämpfer bis in die Springerpresse vorgerückt:

Wie der Verein „no abuse in internet“ (naiin) (hier) in Berlin erklärte, stellen sie bei dem Internet-Kurznachrichtendienst Links zu entsprechenden Websites, Filmen und Bildern ein. „Verborgen hinter meist harmlos klingenden Nutzernamen twittern Pädophile vor allem, weil es ihnen die Möglichkeit bietet, Kinderpornografie einfach und schnell zu verbreiten“, erläutert Dennis Grabowski, Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins, der sich für die Bekämpfung von Internet-Kriminalität einsetzt. Naiin wurde nach eigenen Angaben im Jahr 2000 von der Internet-Industrie zusammen mit Verbänden, Initiativen und Privatleuten gegründet.

kann man der Welt entnehmen.

Laut Webseite des „naiin“ ist Prof. Helmut Thoma der Schirmherr der Veranstaltung. Dieses ist aber ausschliesslich auf Publikationen recherchierbar, die naiin in Umlauf gebracht hat.

Aber zurück zu den Fakten: Denn, genau wir Twitter, benutzen die Pädophilen auch Telefone – selbst Handys. Und wenn man den Medien glauben darf, benutzen die Pädophilen sogar die Briefpost um ihr Material zu verbreiten.

Was will Dennis Grabowski mit diesem Gang an die Presse – ausser ein wenig Aufmerksamkeit zu erheischen und vielleicht ein paar Spenden (vulgo Mitgliedschaften) für den verein abzustauben, dem er vorsteht?

Finger weg!

Die Abwägung von Vor- und Nachteilen

  1. Wer nichts zu verbergen hat, kann auch für Vorratsdatenspeicherung sein
  2. Für ein paar Prozent Rabatt lassen wir unsere Verbrauchsdaten auswerten

Ich fürchte die beiden obigen Punkte – sowie auch der Standpunkt zu Streetview, Netzneutralität, Drogenfreigabe, Rauchverboten und anderen Entscheidungen – wird vorrangig danach beurteilt welch persönliche Vor- und Nachteile der Mensch  als Entscheider hat.

Ebenso spielen Empfänglichkeiten für bestimmte Bedrohungs- aber auch Belohnungszenarien in die Entscheidungsphase mit hinein.

Die TAZ schreibt heut – völlig zu recht:

Es ist paradox: In Umfragen geben rund 70 Prozent an, Datenschutz sei ihnen wichtig. Doch die Aussicht auf einen kleinen Rabatt oder ein Topfset als Treueprämie lässt die Verbraucher Privates preisgeben

Aber ist jedem Verbraucher bewusst, dass er einen grossen Teil des Rabattes (Treueprämie)  direkt mit der Ware mit bezahlt? Nur einen Teil, denn den anderen Teil trägt der Anteil der Kundschaft, die (vielleicht bewusst) auf die Treueprämie verzichtet. Es gibt kein kostenloses Frühstück. Gab es nie, wird es nie geben. Aber wenn wir – rein rechnerisch – von den 2% Rabatt real tatsächlich einen Prozentpunkt sparen, lassen wir die Hose runter und teilen dem Geschäft gern mit, dass wir aufgrund unseres Einkaufverhaltens – je nach Warenauswahl – Hartz-IV EMpfänger sind, ein Alkoholproblem haben oder Veganer sein müssen. Geht dies jemanden etwas an?

Vorratsdatenspeicherung. Mal Hand aufs Herz: Wer aus der hier anwesenden Zielgruppe hat seinen Mobilfunk- , DSL- oder  Telefonvertrag gekündigt oder gewechselt, nur weil unser Anbieter die Vorratsdatenspeicherung willfährig unterstützt(e), Wer hat den Internetanbieter aufgrund der Stoppschild-Verträge gewechselt oder sich ernsthaft Gedanken gemacht, wie er sich wehren kann?

Wer hat schon bei der Initiative Pro Netzneutralität unterschrieben? (Info siehe auch hier)

Wenn nicht, warum nicht? Weil es dich/euch nicht interessiert, weil ihr nicht wisst um was es geht, weil es euch nicht betrifft (böse Fehleinschätzung!!) oder weil „bringt ja eh nichts“?

Typischerweise gibt es unterschiedliche Gründe warum wir uns entscheiden oder sogar zu einem Thema einer Meinung enthalten. Einige davon sind (oder jeweils das Gegenteil):

  • Ich habe – oder jemand aus meinem Umfeld hat –  durch die Entscheidung persönliche Vorteile
  • Die Vorteile über wiegen für mich (oder jemanden aus meinem Umfeld)  die Nachteile
  • Ich bin von der Boshaftigkeit, dem Segen der Sache im generellen überzeugt
  • Ich schliesse mich der allgemeinen Meinung an, will nicht anecken
  • Ich habe keine Ahnung von dem Thema
  • Das betrifft mich ohnehin nicht
  • Ich kann da ja sowieso nichts ausrichten.

Ich kann niemandem vorschreiben wie er zu einem Thema steht, will dies auch gar nicht. Obschon es mich manchmal schon etwas … nervös machen kann, was ich so den Medien als „Meinungsmache“ entnehmen muss.

Wie schön wäre es, wenn alle Menschen versuchen würden nur nach einem Punkt zu entscheiden: „Ich habe mich umfassend informiert und ich bin von der Boshaftigkeit oder dem Segen der Sache im generellen überzeugt“. Wichtig ist hierbei das Detail „generell“. Ein Bankmanager wird sein Gehalt loben – ob er es als generellen Segen ansehen kann ist mal dahin gestellt. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter ausbeuten, handeln im Sinne ihres Bankkontos und ihrer Aktionäre. Aber handeln Sie auch generell Segen verbreitend?

Sollten nicht bei jeder Entscheidungsfindung zuerst gefragt werden: Wer verliert wie viel? Um wie viel würden wir besser miteinander klar kommen, wenn wir nicht vorrangig an unsere Vorteile, sondern auch an die nachteile für Andere denken?

„Das Netz“ muss neutral bleiben. Über Klo- und Wertpapier.

Ich mache es ja eigentlich nie, aber hier mal die Ausnahme: Ich mache Werbung. Werbung für die „Initiative Pro Netzneutralität„. <<- Auf den Link klicken und mitmachen!

Markus Beckedahl beschreibt die Aktion in seinem Blog Netzpolitik.org. Ich schrieb gestern bereits kurz über die Wichtigkeit der Netzneutralität – gerade für die Benutzer. Technikfreaks und Nerds werden sich zu helfen wissen, aber der normale Nutzer wird die Arschkarte am goldenen Band überreicht bekommen – wenn er keine „Premium-Dienste“ zahlt, die heute zum normalen Umfang der Netznutzung gehören. Was Netzneutralität angeht, so gehört Google seit kurzem zu den bösen Gestalten, die es Geschäftemachern (wie sie letztendlich selbst einer sind..) ermöglichen das Netz auf eine asoziale Art zu monetarisieren.

Heute sind alle Dienste im Netz gleich:

  • Mail
  • Newsreader
  • Webseiten aufrufen
  • Dateien übertragen
  • Mittels VoIP mit Verwandten sprechen und per Webcam sehen
  • Song hören
  • Updates runterladen
  • Videos anschauen

Was aber, wenn all dies besonders fakturiert wird. Wenn der Netzbetreiber sich die Leitung nicht nach Datenmenge und Bandbreite, sondern nach genutztem Protokoll bezahlen lassen will?

Wenn das Microsoft-Update auf einmal viermal so lange braucht, weil der Netzbetreiber diese Art von Daten bremst? Oder wenn Großeltern mehr für das Internet zahlen müssen, wenn Sie mittels Skype telefonieren wollen? Wird die Email in die USA teurer sein, als die Mail ans Finanzamt?

Wir zahlen die Netzbetreiber dafür, dass sie und Bandbreite zur Verfügung stellen – was wir damit machen, ist denen egal. Es hat dem Papierverkäufer auch egal zu sein, ob ich auf dem erworbenen Papier eine teure Patentschrift schreibe oder mir dem Popo abwische. Denn so wie das Papier Papier bleibt – egal wie ich es nutze – bleibt ein IP-Paket ein IP-Paket. Es wird nicht zu wertvoller, nur weil es andere Inhalte transportiert.