Köhler, der Rücktritt und eine Bundespräsidentin?

Unser Bundespräsi hat sein Amt nieder gelegt weil er etwas formulierte wofür er öffentlich und zu recht kritisiert wurde. Ich tue nun etwas, das mir als Respektlosigkeit ausgelegt werden kann – ich kommentiere seine Rücktrittsrede.

„Meine Äußerungen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr am 22. Mai dieses Jahres sind auf heftige Kritik gestoßen. Ich bedauere, dass meine Äußerungen in einer für unsere Nation wichtigen und schwierigen Frage zu Missverständnissen führen konnten.

Dies allein ist kein Grund zurück zutreten. Auch ein Bundespräsident ist ein Mensch und Menschen machen Fehler. Gewisse Fehler (wie z.B. Kriegserklärungen) sollte man ab-so-lut zu vermeiden wissen, aber vieles kann man anschliessend aufklären, sich entschuldigen. Ab und an muss ein Mensch auch mal (verzeiehen Sie Herr Ex-Bundespräsident) Arsch in der Hose haben und zu seiner Meinung und/oder Aussage stehen.

Die Kritik geht aber so weit, mir zu unterstellen, ich befürwortete Einsätze der Bundeswehr, die vom Grundgesetz nicht gedeckt wären. Diese Kritik entbehrt jeder Rechtfertigung. Sie lässt den notwendigen Respekt für mein Amt vermissen.

Sie haben zwei Kinder – was taten Sie als diese pubertierten? Wie gingen sie mit deren mangelndem Respekt um? Sind sie im Berufsleben stets mit dem nötigen Respekt behandelt worden? Nur aufgrund ihres Amtes – oder war dies natürlicher Respekt? Wer sich nur auf den Respekt für das Amt Beruft verdient mein Mitleid, aber nicht meinen Respekt. Respekt haben Personen – diesen müssen sie sich erarbeiten oder sie haben das, was man als „natürlichen Respekt“ bezeichnet. Was Sie anscheinend erwarten ist eine Form von Narrenfreiheit – diese kann und darf es aber für keinen Amtsinhaber geben. Dieses sieht unsere Demokratie nicht vor, da dies sehr gefährlich wäre.

Ich erkläre hiermit meinen Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten – mit sofortiger Wirkung. Ich danke den vielen Menschen in Deutschland, die mir Vertrauen entgegengebracht und meine Arbeit unterstützt haben. Ich bitte sie um Verständnis für meine Entscheidung.

Für mich – verzeihen Sie – sieht das entweder nach einer Ausrede (weil sie die wahren Gründe nicht nennen) aus, oder nach einem störrischen „ihr habt mich nicht mehr lieb, nun werfe ich hin“.

Verfassungsgemäß werden nun die Befugnisse des Bundespräsidenten durch den Präsidenten des Bundesrates wahrgenommen. Ich habe Herrn Bürgermeister Böhrnsen über meine Entscheidung telefonisch unterrichtet, desgleichen den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages, die Frau Bundeskanzlerin, den Herrn Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts und den Herrn Vizekanzler. Es war mir eine Ehre, Deutschland als Bundespräsident zu dienen.“

Danke für das was Sie taten.

So, soviel zu der Vergangenheit. Die Zukunft ruft und da ist ein Ruf in der Luft den ich für charmant und nachdenkenswert halte:

Der Rücktritt von Horst Köhler ist erst wenige Stunden alt – da beginnt bereits die Diskussion über mögliche Nachfolger. Die SPD hat die frühere EKD-Vorsitzende Margot Käßmann als mögliche Nachfolgerin im Amt des Bundespräsidenten genannt. (Spiegel)

Und ich würde die Gedanken gern mal ein wenig verweilen lassen. Die Margot Käßmann hat auf alle Fälle bewiesen, dass Sie zu Fehlverhalten steht und sowohl bereut als auch Konsequenzen zieht. Eine weitere Tat, wie das Fahren unter Alkoholeinfluss steht deutlich nicht zu erwarten. Eine Doppelspitze – Bundeskanzlerin & Bundespräsidentin wäre geradezu grandios. Frau Käßmann ist intelligent, kritisch und redegewandt. Und nicht zuletzt: Sind es nicht immer die Parteien mit dem grossen „C“ die für mehr Einfluss der Kirche in unserem Staat plädieren? Frau Käßmann traue ich zu zwischen Christlichkeit und Christentum unterscheiden zu können.

Gräben ausheben oder zuschütten?

Es gibt die sogenannten sich selbst erfüllenden Prophezeiungen. Daneben scheint es noch ein anderes Phänomen zu geben: Probleme die auftauchen, wenn man sie das erste mal beim Namen nennt.

Mich erinnert die Gender-Diskussion innerhalb der Piratenpartei(!) ein wenig an Schrödingers Katze. Erst durch den aktiven Eingriff in das System produziere ich ein (gewollt messbares?) Ergebnis.

Bevor ich möchte in den „Fall eintauche“ möchte ich klarstellen, dass ich es gnadenlos mit Kant halte: Kategorischer Imperativ! Bedingunglos! Ausschliesslich bewusstes Fehlverhalten eines Individuums kann als Grundlage genutzt werden dessen Rechte einzuschränken – es zu bestrafen. Ansonsten haben alle Menschen gleiche Rechte – egal ob Mann/Frau/Europäer/Amerikaner/Asiat/Inuit/Marsianer. Auch meine langjährige CCC-Verbundenheit hat an dieser Stelle meine Denkmuster wahrscheinlich beeinflusst:

Beurteile einen Hacker nach dem, was er tut und nicht nach üblichen Kriterien wie Aussehen, Alter, Rasse, Geschlecht oder gesellschaftlicher Stellung.

..

Der Chaos Computer Club ist eine galaktische Gemeinschaft von Lebewesen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Abstammung sowie gesellschaftlicher Stellung.

Sicher gehörte auch zu meiner Einstellung eine gewisse persönliche Reifung. Das Weltbild vor knapp 50 Jahren war noch nicht angeglichen – zu viel musst noch getan werden. Z.B. waren Aktionen wie „Mein Bauch gehört mir“ absolut wichtig und richtig.

Ich für meinen Teil sehe es wie folgt: ALLE Menschen sind Individuen (OK, bis auf den einen Typen bei Brian..). Jeder Mensch ist einzigartig, mit einzigartigen Möglichkeiten und mit einzigartigen Problemen. Aufgabe der Gesellschaft ist es, hier vermittelnd und ausgleichend tätig zu werden.

Was ich allerdings völlig an der Problemlösung vorbei finde sind z.B. Quoten. Quoten für Hamburg/München, Evangelisch/Katholisch, Männlich/Weiblich. WENN es 6 Posten zu vergeben gibt, dann sollen doch bitte diejenigen die Posten erhalten, die am besten dafür qualifiziert sind. Sicher ist es dafür erforderlich, dass jeder Mensch die Möglichkeit hat sich bestmöglich zu qualifizieren UND auch die Bewertung der Bewerber fair und nach qualitativen Mustern geschieht. Wenn nun für diese 6 Posten 6 hochqualifizierte weibliche Diplomingenieure zur Verfügung stehen und 5 männliche Vollbrote, wäre es doch selten dämlich 3 der Posten – wegen der Quote!! – mit Männern zu besetzen.

Das Argument Unterdrückung durch Sprache wird oft und gern (und auch nicht völlig unangebracht) ins Spiel gebracht, was die Unterdrückung von Gruppen angeht. Egal, ob es denunzierende Witze über Polen/Bayern/Hamburger/Blondinen sind oder das abwertend gemeinte – vermeintliche – Lob wie es die russische  Dichterin und Schriftstellerin einmal bekam (sinngemäss) „Sie ist so gut, dass man Sie nicht Dichterin, sondern Dichter nennen sollte“.

Ich für meinen Teil bin überzeugt davon, dass man nur GEMEINSAM Probleme lösen kann. Sicher gibt es Regionen in denen unterdrückte Personenkreise nur aus dem Untergrund heraus agieren können, wo man Schutzräume braucht. Aber ist es nicht sinnvoller anstelle von „Schutzräumen“ öffentliche Räume zu nutzen?

Auch und gerade weil meine Prinzessin sich für Frauenthemen einzusetzen weiss, wir das Thema Gleichberechtigung Zuhause sehr wohl diskutieren, muss ich diesen Artikel schreiben. Denn nur GEMEINSAM können wir den ewig Gestrigen wirkungsvoll und kräftig in ihre dummen Macho-Ärsche (oder dem Hirn, dass sie auf gleicher Höhe auf der anderen Seite tragen) treten.

Jede Abkehr von der gemeinsamen Zielerreichung sehe ich als kontraproduktiv und als ein Spalten an.

Aber vielleicht sehe ich das alles ja nur viel zu wild und da wollte sich nur mal jemand so richtig schön wichtig machen – inklusive Pressemitteilung. Ich fürchte nur, dass hier ein Graben aufgerissen wurde, der gar nicht besteht. Ob die Lena am Ende den Westerwelle macht und wie Stefan König nur ein Thema suchte mit dem man sich einen Namen machen kann? DANN hätte Sie etwas erreicht – nach all den profilierungsneurotischen Männern hätte sie sich auch als Frau einen Namen in dieser unseligen Gruppe von … machen können.

Die BRD und die RAF. Oder: Der Fisch stinkt vom Kopfe her!

In Telepolis findet sich ein Artikel von Udo Schulze, der sich mit Geheimakten in Verbindung mit der RAF auseinandersetzt. Für die Jüngeren: RAF heisst nicht nur Royal Air Force, sondern auch Rote Armee Fraktion und wurde auch als „Baader-Meinhof-Bande“ bezeichnet.

So lagern die Dokumente über einen besonders schwerwiegenden Fehltritt der baden-württembergischen Polizei aus dem Jahr 1972 noch mindestens bis Sylvester 2040 in den Panzerschränken der Behörden. Damals war ein Brite in Stuttgart zur falschen Zeit am falschen Ort. Während einer RAF-Fahndung geriet der Kaufmann Ian McLeod in den Fokus der Ermittler, die sofort zu seiner Wohnung ausrückten, um den vermeintlichen Terroristen festzunehmen. Getreu dem Motto „erst schießen, dann fragen“ feuerten die Beamten eine Salve durch die geschlossene Tür des Engländers, der tödlich getroffen zusammenbrach.

Erschreckend, was unser Staat als langfristig geheimhaltungswürdig bezeichnet. Wenn die obersten Ermittlungsbehörden ihre Fehler so massiv vor der Einsichtnahme der Allgemeinheit schützen, wer kann es da einem Polizisten verübeln, wenn dieser – nach einem deutlich kleinerem Fehlverhalten als der Tötung eines Unschuldigen – seine Dienstnummer nicht nennen mag.