Der Anfangs(!)erfolg des Radfahrers

Es wird dem „Radfahrer“ nicht die Schmerzen nehmen, aber dank der Videozurücküberwachung der Demonstration“Freiheit statt Angst“ scheinen erste Erfolge in Sachen Transparenz erreicht zu werden:

Die rund 16 000 Berliner Polizisten im Vollzugsdienst sollen vom kommenden Jahr an eine persönliche Kennzeichnung mit Namen oder Nummer tragen. Die Beamten sollen allerdings wählen können, ob sie ihren Nachnamen oder ihre Dienstnummer an die Brust heften.

Die Umstellung soll auch für die geschlossenen Polizeieinheiten, also Direktionshundertschaften und Bereitschaftspolizei wirksam werden.

schreibt die Berliner Morgenpost. Somit muss kein Bürger mehr Gefahr laufen inhaftiert oder verprügelt zu werden, nur weil für die eingesetzten Beamten ersichtlich ist, dass ein Demonstrationsteilnehmer sich eventuell über deren Verhalten beschweren will.

Abgesehen davon halte ich eine weitere Dokumentation von Polizeieinsätzen seitens der Demonstrationsteilnehmer für sinnvoll, denn auch wenn man einen Polizisten identifizieren kann, stehen ohne Videos und Bilder im Zweifelsfall 5 Aussagen von Demonstranten gegen eine Überzahl von (Korpsgeist-?)Entlastungsaussagen der Polizisten. Dies zeigte uns leider die Vergangenheit.

Die BRD und die RAF. Oder: Der Fisch stinkt vom Kopfe her!

In Telepolis findet sich ein Artikel von Udo Schulze, der sich mit Geheimakten in Verbindung mit der RAF auseinandersetzt. Für die Jüngeren: RAF heisst nicht nur Royal Air Force, sondern auch Rote Armee Fraktion und wurde auch als „Baader-Meinhof-Bande“ bezeichnet.

So lagern die Dokumente über einen besonders schwerwiegenden Fehltritt der baden-württembergischen Polizei aus dem Jahr 1972 noch mindestens bis Sylvester 2040 in den Panzerschränken der Behörden. Damals war ein Brite in Stuttgart zur falschen Zeit am falschen Ort. Während einer RAF-Fahndung geriet der Kaufmann Ian McLeod in den Fokus der Ermittler, die sofort zu seiner Wohnung ausrückten, um den vermeintlichen Terroristen festzunehmen. Getreu dem Motto „erst schießen, dann fragen“ feuerten die Beamten eine Salve durch die geschlossene Tür des Engländers, der tödlich getroffen zusammenbrach.

Erschreckend, was unser Staat als langfristig geheimhaltungswürdig bezeichnet. Wenn die obersten Ermittlungsbehörden ihre Fehler so massiv vor der Einsichtnahme der Allgemeinheit schützen, wer kann es da einem Polizisten verübeln, wenn dieser – nach einem deutlich kleinerem Fehlverhalten als der Tötung eines Unschuldigen – seine Dienstnummer nicht nennen mag.

Statistiken zur Berliner Polizei – ist Anonymität zielorientiert?

(Auch) Die Frankfurter Rundschau berichtet über die Gewalttat einzelner Polizisten und betrachtet ein wenig die Hintergründe:

Gegen Berliner Polizisten kam es in den vergangenen Jahren häufig zu Ermittlungen wegen Vorwurfs der Körperverletzung im Amt. Im Jahr 2008 waren von insgesamt rund 1500 Strafermittlungsverfahren gegen Polizisten, 636 Ermittlungen wegen Körperverletzung. In 615 Fällen stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein, sechs beschuldigte Beamte wurden freigesprochen, verurteilt wurde nicht einer. 2007 gab es eine Verurteilung. Die Zahlen sind seit Jahren ähnlich.

Es reicht, wenn der Korpsgeist innerhalb der Einheit die teilnehmenden Polizisten schweigen lässt „Ich habe nichts gesehen“ und die Verfahren werden eingestellt. Die Gewerkschaft der Polizei wehrt sich gegen eindeutige Identifikationsnummern für Polizisten:

„Es gibt genug Beispiele, dass die Familien der Polizisten bedroht wurden, wenn die Namen der Beamten bekannt geworden waren“, sagte Konrad Freiberg, Bundesvorsitzender GdP, der FR.

Dabei wird vernachlässigt, dass diese Identifikationsnummer erstmal keinen weiteren Wert als z.B. ein KFZ-Kennzeichen besitzt. Der Eigentümer ist nicht ersichtlich, KANN aber in einer Datenbank recherchiert werden.

Die sichtbar auf der Einsatzuniform angebrachte ID könnte dazu führen, dass die einzelnen Polizeibeamten, die Straftaten begehen, eindeutig identifiziert werden und vor allem könnte allein das Bewusstsein dieser Identifikationsmöglichkeit dazu führen, dass diese Polizisten etwas überlegter handeln. Denn das Video lässt den Verdacht zu, dass der Beamte brutal wurde, um eben einer Identifikation wegen eines Fehlverhaltens zu entgehen. Könnten Zeugen nun „anonym“ – ohne nach der Dienstnummer zu fragen und dadurch selbst identifizierbar zu sein – Beamte eindeutig benennen, würde es für mehr Transparenz und Selbstdisziplin seitens der Polizeikräfte sorgen. Dies widerum könnte zu mehr Freiheit für alle führen.