Daten sind wie Schokolade: Zugriffsmöglichkeit sorgt für Appetit

Finanz- und Sozialämter klopfen massenhaft die Konten der Bürger ab, ohne dass ein konkreter Verdacht vorliegt. Deutschlands oberster Datenhüter Peter Schaar schlägt Alarm.

Die Zahl der jährlichen Anfragen habe sich in nur fünf Jahren um 560 Prozent erhöht, kritisierte der Datenschützer.

Seien Kontenabrufe anfangs nur zur Abwehr von Terrorismus und Geldwäsche erlaubt gewesen, dürften heute Finanzämter und Sozialbehörden sowie alle möglichen anderen Behörden ohne konkreten Anhaltspunkt für einen Gesetzesverstoß die Konten der Bürger abklopfen. (Hervorhebung von mir)

Quelle: Sueddeutsche.

Der ganze Fall erinnert mich an meine Jugend: Man brauchte nur einen Polizisten im Bekanntenkreis haben und schon hatte man Zugriff auf jegliche Daten von potentiellen „Mitbewerbern“ bei den Mädels aus der Disco. Einmal war das sogar ganz gut, denn der potentielle Don Juan hatte bereits wegen mehrerer Körperverletzungen (auch gegen seine Mutter!) polizeiliche Ermittlungen am Popo. Aber mit Abstand kann ich nur sagen: Was für Arschlöcher wir doch waren – und was für ein krimineller Idiot „unser Polizist“ war.

Aber muss das denn sein, dass immer mehr Menschen – auch und gerade ohne Not – auf unsere Daten zugreifen können. Muss dass sein, dass die Bekannte meiner Nachbarn (die tatsächlich im Finanzamt vor Ort arbeitet) mal eben meine Kontodaten checken kann? Wieviele Ecken braucht es, bis jemand mit einen Mitarbeiter in einem Finanz- oder Sozialamt bekannt ist?

Warum werden immer mehr Bereiche meines Lebens für diesen Staat transparent? Warum wird der Staat immer geheimer? Sollte ich nicht alle Rechte haben, meine persönlichen Daten geschützt zu sehen und sollten nicht alle Daten die den Staat betreffen öffentlich sein?

Datensicherheit und Peinlichkeit

Welche Daten kann man als sicher bezeichnen?

  • Daten die nicht mittels EDV verarbeitet werden

Am sichersten allerdings sind Daten welche nirgendwo niedergeschrieben und abgelegt sind.

Kopieren früher: Durch die alten Spionagefilme wurde der Hersteller Minox (Korrigiert – Dank an Klaus) bekannt – war er doch ein Synonym für winzige Kamera. Jeder gute Spion hatte seine Kleinkamera immer griffbereit, brach er in Bürohäuser und Behörden ein, um geheime Unterlagen zu fotografieren. Danach musste der Film dann schnell über die Grenze zum Hauptquartier gebracht werden, damit die Fotos ausgewertet werden können.  Die entwickelten Fotos wurden nummeriert entwickelt und in dicken, wiederum nummerierten, Akten mit deutlich erkennbarer Aufschrift „Streng Geheim“ abgeheftet.

Heute ist das alles ganz anders: Heute werden entweder gleich digitale Daten gestohlen oder die Bilder werden direkt digitalisiert an den Auftraggeber gesandt. Niemand kontrolliert wirklich auf wie vielen Rechner Kopien der Daten angefertigt werden. Sei es als Dokument oder Temporär-Datei auf der Festplatte, dem RAM oder dem Bildschirmspeicher. Es gibt viele Wege Daten zu kopieren oder Datenströme „abzugreifen“.

Und schon wird klar, wie Wikileaks an diese Mengen von Daten gelangen kann: EDV ist niemals gänzlich sicher. EDV ist vernetzt – weltweit im Zugriff, auch wenn manchmal Firewalls und getrennte Netze Hürden aufbauen sollen. Was nutzen 2 Rechner im Büro (einmal Behördennetz und einmal Internet) wenn der Mitarbeiter die Möglichkeit hat Daten von Rechner A auf Rechner B zu kopieren?

Menschen werden immer – aus verschiedensten Gründen – versuchen Zugriff auf Informationen zu erhalten und diese weiter zu verbreiten. Ob es der Verkauf ist um sich persönlich zu bereichern, oder das Veröffentlichen um sich zu profilieren oder nur um Missstände aufzuzeigen. Selbst in meinem Bekanntenkreis gibt es Menschen, die der Versuchung erlegen sind – und teilweise heute bereuen. Hey, es sind Menschen!

Ganz besonders gefährlich sind allerdings die Informationen, die nicht öffentlich, sondern hinter vorgehaltener Hand und für viel Geld weiter gegeben und genutzt werden. Dann nämlich kann der Betroffene sich nicht wehren, kann keine Abwehrmassnahmen ergreifen. Wenn ich weiss, dass jemand mein Mailaccount in der Firma gehackt hat, kann ich darauf reagieren. Gefährlich ist der stille Mitleser von dem ich nichts weiss.

Das Daten niemals sicher sind, ist eine Erkenntnis, die unsere Regierenden (weltweit) aus den Wikileaks-Vorfällen lernen sollten. Daten nicht erfassen, nicht aufnehmen, nicht verknüpfen. Und wenn man denn unbedingt Daten erfassen und verknüpfen möchte, sollte man seine Geschäftspartner nicht als Deppen bezeichnen – oder gar Material speichern, welche meine Geschäftspartner, Kunden, Auftraggeber oder gar Bürger in unangenehme Situationen bringt.

Politiker fordern Sonderrechte für das Internet

Es gibt Forderungen von Politikern, da fragt man sich doch glatt, ob diese Personen eigentlich 1+1 zusammen zählen und sich die Schuhe selbst binden können. Der Bundestagsabgeordnete Gerd Höfer hat zum Beispiel einen Megabrüller rausgelassen, mit dem er eigentlich – aufgrund von mangelndem Sachverstand  – berufsunfähig geschrieben werden könnte:

Wenn diese Verfügbarkeit da ist, dann darf es nicht passieren, dass die Abgeordneten aktiv oder passivmit E-Mails überschüttet werden. Ich gebe ein Beispiel aus der Bundesrepublik Deutschland: Dort gibt es einen sogenannten Abgeordnetenwatch, wo Leute anonym die Abgeordneten befragen und unter ihre Frage schreiben: „Auf die Antwort kommt es an, ob Sie für uns wählbar sind oder nicht.“ Ich erfahre dabei nicht, wer der Absender ist.

Quelle (PDF). Dieser Gerd Höfer lässt sich bestimmt auch bei Podiumsdiskussionen  einen Personalausweis zeigen, bevor er fragen beantwortet. In Ausnahmefällen akzeptiert Höfer auch einen Reisepass – allerdings nur, wenn eine Meldebestätigung mitgeführt wird.

Das Blog von Abgeordnetenwatch weiss zu berichten:

Den Zuhörern seines Vortrags über die „digitale Demokratie“ im Januar 2009 verschwieg Höfer übrigens, mit wie vielen Bürgerfragen via abgeordnetenwatch.de er in den vorangegangenen zwei Jahren überschüttet wurde. Es waren 16 – in Worten: sechszehn.

Beantwortet hat Höfer zwei.

Wahrscheinlich waren die beiden Fragesteller Herrn Höfer persönlich bekannt … Und nun  erwartet Herr Höfer, dass oben zitierte Aussage nur Menschen aus seinem Freundes und Bekanntenkreis zur Verfügung gestellt wird. Wie hiess das bei Werner nochmal? „Ich blamier mich ja“

Herr Höfer ist Major der Reserve. Wir nannten die Berufssoldaten (es gab Ausnahmen!) immer Zivilversager. Da ist der Weg zum Politiker sicher nicht weit und vor allem logisch gewesen.