Ist die Piratenpartei ein Fitness-Studio oder Profifußball?

Ich habe den „Fehler“ gemacht und habe mich in der Piratenpartei für ein Amt (klitzeklein, auf Bezirksebene) zur Verfügung gestellt. Naja, ein Fehler ist dies generell nicht, nur scheine ich nicht die richtige Person für dieses Amt zu sein – wenn ich die Stimmen höre die  fordern „wir“ (die Vorstände) müssten mehr tun. Mein Problem an der Stelle ist: Ich bezeichne mich als Verwaltungsfachangestellter – als Ordner, der eben verwaltet und nicht als Zievorgabendefinierer. In herkömmlichen Parteien mag es so sein, dass die internen Amtsträger sich an die Spitze der Partei stellen, Themen vorgeben und der Rest der Mitglieder macht wie geheissen, die Piraten ticken anders. Und das ist auch gut so!

Die alten politischen Strukturen leben in einer Hierarchie, ähnlich dem Profifußball: Trainingstermine, Trainingsinhalte  und Aufstellung werden durch den Trainer bestimmt. Der Trainer bestimmt wer aufgestellt wird und wer nicht zum Training erscheint wird mit Sanktionen bestraft.

Die Piratenpartei allerdings stellt sich anders auf, eher wie ein Fitness-Studio, dass mir die Möglichkeit lässt selbst zu wählen, was ich – und wann – gern tue. Niemand steht „vorn“ und zeigt mir an, welche Geräte ich heute, morgen und nächste Woche zu nutzen habe. Ich wähle selbst den Bereich und die Zeiten in denen ich aktiv werden möchte, das Personal des Fitness-Studios ist sicher gern behilflich, was die Auswahl der zur Verfügung stellenden Möglichkeiten angeht, aber es gibt nicht den Rhythmus vor. Das Personal kümmert sich darum, dass die zur Verfügung stehenden Mittel gepflegt sind und wird auf Kundenwunsch auch neue Geräte zur Verfügung stellen. Aber strampeln muss ich selbst.

Manche Piratenmitglieder kommen mir vor wie Mitglieder in einem Fitness-Studio, die sich an die Bar(Stammtisch) setzen und dann laut einfordern, dass sie nun fit werden. Allerdings ist die Bar nur der Treffpunkt, an dem sich die Mitglieder im lockeren  Smalltalk zusammen finden um dann anschließend in Interessensgruppen die Sportgeräte besetzen um – in kleineren Gruppen – gemeinsam ihre Übungen zu machen.

Es kann und darf nicht die Aufgabe der Amtsinhaber der Piratenpartei sein, die Mitglieder neben das Sportgerät zu stellen und sie dabei zuschauen zu lassen, wie man sich abstrampelt. Politik ist kein Schaulaufen von wenigen, sondern ein Mitmachsport.  Quasi die politische Trimm-Dich Bewegung. Denn selbst der Profifußball ist eher armselig wenn die Stadien nur von zahlenden Zuschauern befüllt sind.

Liebe Leute: Die Amtsträger sind gern bereit euch zu helfen, euch an Menschen zu verweisen die den Themen arbeiten, die euch interessieren, euch zu helfen, welche Tools zur Verfügung stehen und wie man diese benutzt. Ich mag nicht bestimmen, das Werner, Oskar, Heidi und Michaela sich jetzt um das Thema XYZ zu kümmern haben. Ich bin gern bereit dafür zu sorgen, dass sich Gruppen zusammen finden und erfolgreich arbeiten können. Nur machen müsst ihr immer noch selbst! Die Stammtische dienen der generellen Kommunikation, dem Austausch von unterschiedlichsten Menschen mit unterschiedlichsten Interessen. Sie werden auch genutzt um die Zwischenstände der Arbeit zu präsentieren und neue Helfer für die Arbeitsgruppen zu finden – für die Themen zu werben. Die eigentliche Arbeit geschieht aber nicht – vom Vorsitz angeordnet – auf den Stammtischen, sondern eben zwischen den Stammtischen, in den Arbeitsgruppen die von euch gegründet und mit Leben erfüllt werden.

Das musste mal gesagt werden.

Virtual Reality – eine Betrachtung aus dem Jahre 1990

Der folgende Artikel von mir ist mittlerweile über 20 Jahre alt, ich fand ihn zufällig und stellte fest, dass er eigentlich immer noch aktuell ist:

Am Abend des 15.09.90 versammelten sich im Hamburger Klexs-Theater  ca. 400 Personen, um die Vortraege zum Thema virtuelle Realitaet ueber sich ergehen zu lassen. Das Thema, sowie die Namen der Vortragenden liessen auf einige interessante, neue Perspektiven hoffen. Eric Gullichson, (Mitentwickler einer der ersten „virtuellen
Realitaeten“) und Timothy Leary (Realitaetsspezialist) vertraten leider nicht die Kontrapunkte dieser Thematik, sondern  nur gemeinsam  die Meinung des Industriekapitals sowie die Interessen der professionellen Manipulatoren.

Was aber sind „virtual realitys“?

Unter dem Begriff virtuelle Realitaet versteht mensch eine Technologie, die eine zweite, scheinbare Realitaet zu schaffen in der Lage ist. Jede Computersimulation ist eine kleine scheinbare Realitaet. Flugsimulatoren, Rollenspiele und was die Programmierkunst
sonst noch her gibt – sind Ansaetze fuer scheinbare Realitaeten. Der Benutzer wird (bei ausreichender Phantasie und genuegend Enthusiasmus) Teil des Programms, die Grenzen zwischen Realitaet und programmierter Welt scheinen zu zerschmelzen. Zur Zeit sind den
scheinbaren Welten noch Grenzen gesetzt. Die Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine, zur Zeit noch Maus, Joystick und Tastatur auf der einen, und Lautsprecher und klobiger Monitor auf der anderen Seite, stellen die Schwachpunkte(?) der Realitaetsverschleierung dar.  An diesen Schnittstellen wurde in den letzten Jahren intensiv entwickelt. Das Ergebnis sind der Data-Helm, ein Helm mit eingebauten Monitoren (zur dreidimensionalen Ausgabe) und Lautsprechern sowie der Powerglove, ein Handschuh, der die Bewegungen der Haende registriert und somit die Haende zu einem direkten Eingabemedium macht. Letzter Schrei in der Technik scheinbaren Realitaet ist der Data-Suit, ein Anzug, der eine Vielzahl von Koerperbewegungen registriert, und somit
in der Lage ist, den Menschen nahezu vollstaendig in ein laufendes Programm zu integrieren.

Durch diese Technologie wird dem Menschen die Moeglichkeit gegeben, in einer zweiten, scheinbaren Welt(Realitaet) zu agieren. Die ersten Nutzniesser dieser Technologie sind – wieder einmal – die Militaers. Komplette Kriegsszenerien sind im Rechner gespeichert, und
ermoeglichen den Benutzern den realitaetsnahen Einsatz als Kampfbomberpilot oder Panzerkommandant, ohne Gefahr zu laufen, abzustuerzen oder angeschossen zu werden. Im zivilen Bereich wird zum Tennisspielen kein Partner, oder etwa eine grosse, freie Flaeche benoetigt. Ein Tennisschlaeger „Made in Silicon Valley“ und ein Data-Helm sowie ein (leistungsfaehiger) Computer ermoeglichen dem Boris-Imitat den Matchball im Wohnzimmer. Die Technologie, die sich hinter den scheinbaren Realitaeten verbirgt, wird auch als Cyberspace (Digitales Universum) bezeichnet.

Aber zurueck zu der Veranstaltung in Hamburg. Dort wurde nun der Cyperspace praesentiert. Ausserdem wurde der Versuch unternommen, den derzeitigen Stand der Technik anhand von Videos und Vorfuehrungen zu demonstrieren. Den Vorfuehrungen fehlte es allerdings an Aktualitaet, denn die gezeigten Videos waren mindestens 1 Jahr alt, und nichts ist so veraltet wie die Computertechnologie des letzten Jahres. Timothy Leary gab sich Muehe, die Moeglichkeiten des selbststaendig(!) denkenden Menschen darzulegen, der mit dem Cyperspace in die Lage versetzt wird, alles Denkbare in eine erlebbare Realitaet umzusetzen. Nach einigen verbalen Ausfluegen zu Adam und Eva (Genesis), und der Erkenntnis, dass der Biss in den Apfel der Anfang des selbststaendigen Denkens der Menschheit war, kam Leary zu dem Schluss, dass Cyberspace der zweite Biss in den bereits erwaehnten Apfel sein kann. Sureale Welten, welche Erlebbar werden, sollen so zu einer tieferen Erkenntnis der Welt und des Sein fuehren.

Leider ging ein Aspekt des Cyperspace bei dieser Veranstaltung voellig verloren: Die Gefahren der scheinbaren Realitaet. Warum wurde, bei der an die Veranstaltung anschliessenden Diskussion, der Versuch einiger Anwesenden auf die Risiken aufmerksam zu machen, blockiert? Warum eroerterte Leary, der eigentlich diese Problematik erfassen sollte, nicht selbstaendig auch die Kehrseite des Cyberspace?

Welche Gefahren bergen Cyperspace und virtual reality?

Die sozialen Aspekte dieser Technologie werden leider meist vernachlaessigt. Als da waeren: Realitaetsverlust des Anwenders und die Moeglichkeiten der Manipulation. Wer kennt sie nicht, die Menschen, die vor der unertraeglichen Realitaet fliehen? Sei es durch
Drogengenuss oder durch einfaches Blockieren der einfliessenden Information. Haben wir uns nicht schon heute eine Menschheit angezuechtet, die den Blick fuer das in unserer Welt (Realitaet) WESENTLICHE verloren hat? Gibt es nicht schon genug Lemminge, die sich von einer Medienkultur einlullen lassen, und nur das als Realitaet akzeptieren, was fuer sie ertraeglich ist?

Brot und Spiele

Durch Cyberspace wird eine schoene, neue Welt (vergl. Huxley) moeglich. Menschen, die in einer verschmutzten, zuasphaltierten Welt zwoelf Stunden als Untermenschen ausgebeutet werden, um anschliessend im Cyberkino in eine lebenswerte Realitaet zu fluechten. Das Aufstandspotential dieser Menschen gegen die wahre, nicht lebenswerte Realitaet wird dank Cyberspace minimiert. Dee Wuensche des Menschen nach einer sauberen, heilen Umwelt wird in einer temporaeren Realitaet erfuellt. Bei der Veranstaltung wurde die Frage, ob nicht die Gefahr bestehe, dass z.B. der Wunsch zur Erhaltung der Natur in den Hintergrund geraet, wenn Rasenflaechen und Waelder aus dem Rechner kommen, mit dem Statement beantwortet, dass unsere Kinder blauen Rasen lieben werden. Leider macht sich der Beantwortende es sich hier zu einfach, denn die Wiesen im Hauptspeicher sind zur Sauerstoffabrikation denkbar ungeeignet.

Wer schuetzt uns vor dem Verlust der realitaetsnahen Einschaetzung unserer Umwelt? Wer schuetzt uns vor Manipulationen durch Errichtung einer Scheinwelt, in der alles erreichbar ist? Im Rechner lassen sich Szenerien abspeichern und bis zum absoluten Harmagadon durchspielen.  Leider hat unsere Welt aber keinen Reset-Taster, und das Nachladen der Welt VOR dem Holocaust gestaltet sich (in der realen Realitaet?!) ebenfalls als aeusserst schwierig. Und wer gelernt hat, die scheinbare Realitaet zu akzeptieren, ist nur zu leicht durch Dritte lenk- und manipulierbar.

Sicher birgt Cyberspace eine Vielzahl von Moeglichkeiten. Sicherlich ist der Author einer der ersten, der sich das Vergnuegen machen wird,  Cyperspace in Vollendung zu „erleben-erfahren“.

Aber bitte daran denken: Es gibt nur eine Realitaet ! Das andere ist  leider nicht viel mehr als ein sehr gutes Kino.

Meine Idee: Margot Käßmann als Bundespräsidentin

Nachdem gestern der Christian Wulff (man möchte sagen „endlich“) seinen Rücktritt bekannt gegeben hat, begann natürlich sofort die Hatz auf den möglichen Nachfolger. Abgesehen von einigen Stilblüten, wie Fefe, der versucht die Piratenpartei als Steigbügelhalter seiner persönlichen Präferenzen zu missbrauchen und mittels Nötigung Georg Schramm als Bundespräsident nominieren zu lassen, gibt es auch zu kritisierende Vorschläge. Wobei ich die Idee – als Aufmerksamkeitsaktion – Georg Schramm zu nominieren nicht schlecht finde. Aber eben nur als Jux – mit ernsthafter Politik hat dies wohl eher nur zweitrangig etwas zu tun. Aber auch Namen wie Schäuble tauchen als Nachfolger auf. Schäuble, der schon mal Gedächnislücken hat, wenn es um Schwarzgeld geht. Oder Frau von der Leyen, der man sicherlich eine gewisse Affinität zu medial verwertbaren Themen unterstellen kann, die aber bislang eher nicht durch echte politische Erfolge glänzen konnte (Zensursula). Über den Herrn Gauck schreibt schon der Spiegelfechter, dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Damit ich nicht falsch verstanden werde, Menschen machen Fehler – es gibt keinen Erwachsenen Menschen der sich noch niemals etwas hat zuschulden kommen lassen. Die Frage ist, ob man in der Lage ist zu seinen Fehlern zu stehen und aus diesen zu lernen.

Da auch Stimmen laut werden, die nach einer Frau im höchsten Amt rufen, wage ich meine Idee kund zu tun: Margot Käßmann (Link zu Wikileaks, dort findet man auch ihre Position zu einigen Themen wiedergegeben).

Käßmann? War das nicht die Frau, die 2010 ihren Führerschein wegen einer Trunkenheitsfahrt verlor? Ja, sie ist es. Aber im Gegensatz zu Schäuble, Guttenberg und Wullf eierte sie nicht herum, sondern legte einen Tag nachdem die Tat mediale Aufmerksamkeit erlangte ihr Amt nieder. Und das obwohl der Rat der evangelischen Kirche ihr das Vertrauen aussprach und ihr seine Unterstützung zusagte. Frau Käßmann die sofort ihre Tat als „schlimmen, gefährlichen und unverantwortlichen Fehler“ bezeichnete. Wer so handelt, der verdient in meinen Augen Vertrauen. Denn fehler werden gemacht – wir sind halt nur Menschen und keine perfekt programmierten Maschinen. Ich unterstelle Frau Käßmann – gerade weil sie so reagierte wie sie tat – dass sie auch aus der Verfehlung gelernt hat.

Möge die sachlich-ernsthafte Diskussion beginnen.