Vorn einsteigen und die Fahrkarte vorzeigen

Seit dem 07.03.2011 heisst es in Teilen Hamburgs ganztags „Vorn einsteigen und die Fahrkarte vorzeigen“ (ich berichtete).

Nach über 2 Wochen Test (dem ich nur sehr marginal beiwohnte) und einigen Gesprächen mit HVV-Nutzern kann ich sagen: Welch ein Schwachsinn!

Es gibt keinen Bus mehr, der pünktlich fährt. Verspätungen von 2-5 Minuten sind (je nach Strecke und Uhrzeit) sind der Normalfall geworden. Genervte Busfahrer und noch genervtere Fahrgäste. Insbesondere im Berufsverkehr erscheint mir diese Regelung ein tiefer Griff in ein besonders dreckiges Klo. Der Brüller ist die Regel:

„Vorne einsteigen, hinten aussteigen“

Macht das mal, wenn ihr rennend noch gerade eben den Bus erreicht und somit als letztes einsteigt. Ihr macht euch einen ganzen Bus voller Freunde, wenn ihr euch dann an der nächsten Haltestelle durchdrängeln müsst um „in der Mitte“ auszusteigen. Der Brüller waren die Schergen des HVV die in der Anfangszeit darauf achteten, dass man nicht in der Mitte einsteigt. Diese standen bevorzugt an den Bushaltestellen an den Bahnlinien um die Verkehrsströme zu lenken „NICHT hinten einsteigen“.

Ich frage mich auch, wie viele Fahrgäste durch das stete Vorzeigen der Fahrkarte die Wochen- oder Monatskarte verloren haben. Normalerweise trägt man diese ja im Portemonnaie – wenn man diese aber mehrfach täglich rauskramen muss? Ich habe meine Monatskarte jetzt in der lockeren Jackentasche, sollte ich diese verlieren werde ich KEIN „ermäßigtes erhöhtes Beförderungsentgeld“ zahlen. AM ARSCH!

Und irgend ein BWLer wird dann irgendwann im Seniorenstift erzählen können, dass er der Mensch war, der sich mit diesem Schwachsinn „Vorn einsteigen und Karte vorzeigen“ selbst ein Denkmal gesetzt und dafür gesorgt hat, dass Busfahren mit stets verspäteten Bussen total unentspannt ist. Solltet ihr dem Hansel übern Weg laufen – semmelt ihm eine von mir. Aber bitte voll auf die 12! Danke.

Es gilt immer noch: Mein Körper gehört mir, Herr Söder

Auf dem ersten Blick könnte man es ja für eine vernünftige Idee halten:

Die CSU will die Organspendebereitschaft in Deutschland erhöhen und dazu die Gesetze verschärfen. Gesundheitsminister Markus Söder plant eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel, dass künftig jeder Bürger als Organspender gilt, solange er nicht zu Lebzeiten selbst oder Angehörige einer Organentnahme widersprochen haben.

schreibt die Süddeutsche. Und ich sage: Ich glaube es hackt! Sicherlich sollte Organspende eine Selbstverständlichkeit sein – quasi eine Bürgerpflicht eines jeden Einzelnen. Dass sich aber Politiker erdreisten vorzuschreiben, dass der menschliche Körper erstmal der Allgemeinheit gehört – solange bis das Gegenteil erklärt ist, zeigt einmal mehr das widerliche Weltbild dieser „christlichen“ Verbrecher am Allgemeingut.

Was kommt als nächstes? Wer kein Testament gemacht hat, vererbt sein Eigentum pauschal an den Finanzminister?

Ich bin ein Verfechter der Organspende, trage den Oraganspenderausweis so im Portemonnaie, dass er im Unglücksfall sofort gefunden wird. Die Umkehr der Selbstverständlichkeit ist allerdings ein Unding, dass in meinen Augen sogar gegen die Menschenrechte (körperliche Unversehrtheit) verstösst. Denn dieses Recht sollte über den Tod hinaus Gültigkeit haben.

Ich muss nicht an den Erler-Film Fleisch erinnern, oder? Der Staat soll sich gefälligst weitestmöglich aus den Belangen der Bürger heraushalten. Dies gilt vor allem für sogenannte liberale Politiker und diese Despoten aus Bayern.

„Wir brauchen Nieren, lasst und mal ein paar Demonstranten weglaschen – und zielt hoch“.

Wenn Du die Wahrheit sagst, dann lass dich dabei nicht erwischen!

Es gibt Meldungen, bei denen weiss ich wirklich nicht, ob ich lachen oder weinen soll:

Nach der Protokoll-Affäre um umstrittene Atom-Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) stellt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Werner Schnappauf, sein Amt zur Verfügung.

Dem früheren bayerischen CSU-Umweltminister wird angelastet, dass Äußerungen nach draußen drangen, wonach Brüderle bei einer internen BDI-Runde gesagt haben soll, das Atom-Moratorium sei vor allem den anstehenden Landtagswahlen geschuldet.

Quelle: Tagesschau. Das erinnert mich an einen sehr alten Witz, den ich mal in die heutige Zeit transportiere:

Westerwelle muss 5 Jahre ins Gefängnis und 100 Euro Strafe bezahlen, weil er Angela Merkel eine unnütze dumme Pute genannt hat. 100 Euro Geldstrafe wegen Beleidigung und 5 Jahre Knast wegen Ausplaudern eine Staatsgeheimnisses.

Wieso kommt Schnappauf auch nur auf die Idee sein Amt zur Verfügung zu stellen? Angela Merkel hat das Volk belogen und bleibt im Amt. Brüderle hat erklärt, dass Merkel gelogen hat und bleibt im Amt. Und nur weil Schnappauf der Leiter einer Veranstaltung ist, auf der Brüderle die Wahrheit sagte (und die protokolliert wurde) stellt er sein Amt zur Verfügung?

Wenn jetzt jeder, unter dessen Aufsicht Politiker lügen – oder zugeben, dass andere Politiker gelogen haben – zurücktreten muss, wird die Luft für den Bundestagspräsidenten aber sehr-sehr dünn.

Der eigentliche Skandal ist, dass Schnappauf überhaupt einen Satz wie folgenden sagen kann:

„Ich übernehme die politische Verantwortung für die Folgen einer Indiskretion, an der ich persönlich nicht beteiligt war, um möglichen Schaden für das Verhältnis von Wirtschaft und Politik abzuwenden“

Wo leben wir denn, wenn in unserem Staat die Wahrheit als untragbar angesehen wird? Wie soll ich meine Kinder erziehen? So nach dem Motto: Wenn Du die Wahrheit sagst, dann lass dich dabei nicht erwischen? Lüge lieber wie gedruckt, dies gilt gesellschaftlich als angemessen?