Nachträgliche Sicherungsverwahrung

Seit ein paar Monaten latent und jetzt – nach dem Urteil des BGH – wieder massiv in den Medien vertreten: Das Thema „Nachträgliche Sicherungsverwahrung“.

Weshalb ist die Hürde für eine „Nachträgliche Sicherungsverwahrung“ nach §66b StGB so hoch gelegt? Die Antwort ist recht einfach: Weil man vermeiden muss, dass ein Straftäter für ein und dieselbe Tat zweimal verurteilt wird.

Wenn ein Richter ein Urteil spricht, so hat er sämtliche Verfügbaren Informationen und Hintergründe zu Täter und Tat zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich, dass ein gesprochenes Urteil ALLE rechtlichen Möglichkeiten – welche zum Zeitpunkt der Verurteilung anwendbar sind! – berücksichtigt. INKLUSIVE der Möglichkeit „Sicherungsverwahrung“. Gegen diese ursächliche Urteil haben sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung die Möglichkeit Rechtsmittel einzulegen. Wenn dieses nicht geschieht… Urteil gültig.

Eine „Nachträgliche Sicherungsverwahrung“ kann also ausschliesslich DANN angeordnet werden, wenn es neue Informationen/Gefährdungsanalysen gibt, welche die vom Täter ausgehenden Gefahrenlage erhöhen und welche dem ursächlich urteilenden Richter nicht vorlagen! Da kann eine Staatsanwaltschaft nackig auf dem Popo La Paloma pfeifen – jedweder Versuch ein bereits richterlich angeordnetes und rechtsgültiges  Strafmaß zu erhöhen/verschärfen würde bedeuten, dass der Täter ein zweites Mal für eine Tat bestraft wird. Und dieses ist in unserem Land (Ausnahme Disziplinarrecht) nicht möglich.

Siehe auch Udo Vetters Lawblog

Verbraucher und Produzentenrechte – Urheberrecht

Rechte – ein sehr schwieriges Thema. Denn es gehören immer zwei dazu. Recht ist die Definition einer Ordnung, die beide Seiten eines Verhältnisses fair behandelt (so sollte es sein).

Manchmal wird Recht auch nahezu pervertiert. Gerade gestern las ich im Lawblog, dass Menschen die bereits mit dem Gesetz im Konflikt sind weniger wert sind, als unbescholtene Bürger:

Für den Überfall auf den Dealer hat das Landgericht Essen nach einem Bericht der WAZ genau unterschieden. Minder schwerer Fall – auch weil das Opfer kein unbescholtener Bürger ist. “Milieutat.”

das heisst, wenn ich dem Dieter Althaus (Ja, DER Dieter Althaus) eine aufs Maul haue, wird fällt das Strafmass geringer aus, als wenn mir jemand eine aufs Maul haut. Schliesslich bin ICH nicht vorbestraft.

Ich wollte aber (ja ich schweifte ab) auf die Rechte der Urheber hinaus. Denen gegenüber stehen die Rechte der Verbraucher und der Verwerter. Verbraucher ist jeder, der ein Musikstück hört, ein Buch liest oder einen Film schaut. Aber nicht nur das hören und lesen eines Werkes kann zu meinen Rechten als Verbraucher gehören, auch das anfertigen von Kopien. Früher haben wir am Radiorekorder (ja, so hiessen diese Teile) gesessen und Wolf Dieter Stubels „Internationale Hitparade“ (Direkt vom Plattenteller) verfolgt um „unsere Favoriten“ auf Kasette auszunehmen. Was ärgerten wir uns wenn das Verkehrsstudio da rein rauschte. NIEMAND hasste geisterfahrer so sehr wie wir!

Damals konnten wir die so erstellten „Privatkopien“ bis zu sieben mal für Freunde und Bekannte (unentgeltlich) weiterkopieren. Heute sieht die Welt anders aus. Heute kann es passieren, dass unser Datenträger einfach gelöscht wird, weil der Rechteinhaber es so möchte. Man wacht morgens auf und die Bücherregale sind leer – schwups. Dank DRM ist sowas nicht ganz abwegig.

Ich will hier nicht gegen Autoren, Musiker und andere schöpferisch tätige Menschen argumentieren. Ich habe einige aus dieser Zunft in meinem Bekannten und Freundeskreis und habe ein soziales Interesse daran, dass diese Menschen von Ihrer Begabung leben können. Schliesslich nutzt es mir etwas, wenn der Musiker Musik macht, die mich erfreut. Besser als wenn er in der Fabrik oder beim Radio arbeiten muss, weil er mit der Musik kein Geld verdienen kann.

Wenn ich aber bei Heise lese:

Deshalb will die künftige Regierung „den rechtlichen Rahmen für einen wirksamen Schutz des geistigen Eigentums“ weiter stärken sowie sich international „für wirksame Maßnahmen gegen die weltweite Marken- und Produktpiraterie einsetzen“.

frage ich mich, welche Lobby diesbezüglich tätig ist. Sind es die Musiker, oder diejenigen die heute schon viel mehr Ertrag mit den Werken verdienen als die Schöpfenden selbst? Um wessen rechte geht es wirklich? Oben schrieb ich von zwei Seiten eines Vertragsverhältnisses – hier haben wir aber drei aktive Fraktionen: Die Schaffenden, die Verbraucher und dazwischen einen Moloch der Musikindustrie der nur mittels Marketing und Verwaltung eine (immer kleiner werdende) Daseinberechtigung hat.

WENN unsere neue Regierung etwas wirklich sinnvolles tun möchte, wäre sie gut beraten die Rechte der Musiker und der Verbraucher nicht aus dem Auge zu verlieren! Zur Kultur gehört auch der freie Zugriff auf dieselbe. Nur daraus erwächst Bildung und weitergehende Kultur.