Selbstverteidigungsminister Guttenberg und die Innere Führung

In der Süddeutschen findet sich ein Interview, in dem unser Selbstverteidigungsminister zu den derzeit drei Vorfällen innerhalb der Bundeswehr befragt wird – zusätzlich gibt es noch eine „Bonusfrage“. Die Antworten – speziell im Bereich wer war wann und wie umfangreich informiert – sind bemerkenswert:

1) Zum Thema Gorch Fock

Unsinn. Im Fall des getöteten Soldaten war schon am Tag nach dem Vorfall öffentlich bekannt, dass mutmaßlich eine zweite Person beteiligt war. Die Staatsanwaltschaft wurde umgehend eingeschaltet und ermittelt nun. Zu laufenden Verfahren, die die Ermittlung der tatsächlichen Vorgänge zum Inhalt haben, können wir uns auch mit Blick auf Betroffene nicht äußern.

Waffenreinigen und „zweite Person beteiligt“ ist eine Sache – durch die „zweite betreffende zweite Person“ erschossen ist etwas anderes. Ich stelle fest: Probleme bei der Kommunikation.

2) Zum „Meuterei auf der Bounty“

Zur Aufklärung gehört auch, ob die Meldewege eingehalten wurden. Wenn es da Versäumnisse gegeben hat, wird auch das Folgen haben. Das muss alles aufgeklärt werden. Ich bin da wenig geduldig.

Ich stelle fest: Probleme bei der Kommunikation.

3) Verletzung des Briefgeheimnisses:

Auf der zuständigen militärischen Führungsebene gab es hierüber keine Kenntnis. Meine hellseherischen Fähigkeiten sind im Zuge dessen begrenzt. Aber auch hier sind die Ermittlungen im vollen Gange.

Ich stelle fest: Probleme bei der Kommunikation.

Die Bonusfrage 4) Gibt es Probleme in Sachen innere Führung:

Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, so hätten wir es aller Wahrscheinlichkeit nach mit individuellem Fehlverhalten zu tun. Die Innere Führung ist erfolgreich und in der Breite der Bundeswehr akzeptiert. Von eventuellen Einzelverfehlungen auf den größten Teil der Bundeswehr – es sind immerhin noch fast 250.000 Soldaten – zu schließen, wäre völlig ungerechtfertigt.

Das erinnert mich an den Geisterfahrer – nicht einer: Hunderte! Die Beantwortung dieser Frage würde – bei anders lautender Antwort – den Beweis antreten, dass Guttenberg hilflos agiert. Er antwortet richtig, aber antwortet er auch der Wahrheit entsprechend?

Sorry, aber da hat jemand seinen Laden nicht im Griff. Wobei ich da den entsprechenden Offizieren keine zu grossen Vorwurf machen will – bereits gestern schrieb ich, dass es gewisse Vorgesetzte gibt, die man am besten gar nicht ernst nimmt. Ich will nicht das Amt des Verteidigungsministers demontieren, aber dort ist Fachkenntnis und Durchsetzungsfähigkeit (nicht Durchsetzungswille!) gefragt.

Der Selbstverteidigungsminister, der stets von einem Tross (nicht Berater, Fotojournalisten!) begleitet wird, erinnert mich an einen Hauptbootsmann (vergl. Hauptfeldwebel) der bei uns die Versorgung leitete. Er rannte stets in der Ausgehuniform herum. Arbeitsanzug war nicht sein Ding. Wöchentlicher Friseurtermin und der Charmingboy bei jeder „gemischten“ Veranstaltung. Dieser Schönling (so wurde er bis zum Kommandanten hoch genannt) wurde von niemandem ernst genommen. Er hatte die falschen beruflichen Prioritäten – denn im Dienst war er eher schwächelnd. Wer nimmt schon einen Dienstvorgesetzten ernst, dessen Frisur für ihn wichtiger erscheint, als die Belange der Untergebenen (Fürsorgepflicht!).

Ich würde gern mal Mäuschen spielen, wenn Generäle und Offiziere im kleinen Kreis über ihren obersten Dienstherren (in Friedenszeiten) sprechen.

Verbraucher und Produzentenrechte – Urheberrecht

Rechte – ein sehr schwieriges Thema. Denn es gehören immer zwei dazu. Recht ist die Definition einer Ordnung, die beide Seiten eines Verhältnisses fair behandelt (so sollte es sein).

Manchmal wird Recht auch nahezu pervertiert. Gerade gestern las ich im Lawblog, dass Menschen die bereits mit dem Gesetz im Konflikt sind weniger wert sind, als unbescholtene Bürger:

Für den Überfall auf den Dealer hat das Landgericht Essen nach einem Bericht der WAZ genau unterschieden. Minder schwerer Fall – auch weil das Opfer kein unbescholtener Bürger ist. “Milieutat.”

das heisst, wenn ich dem Dieter Althaus (Ja, DER Dieter Althaus) eine aufs Maul haue, wird fällt das Strafmass geringer aus, als wenn mir jemand eine aufs Maul haut. Schliesslich bin ICH nicht vorbestraft.

Ich wollte aber (ja ich schweifte ab) auf die Rechte der Urheber hinaus. Denen gegenüber stehen die Rechte der Verbraucher und der Verwerter. Verbraucher ist jeder, der ein Musikstück hört, ein Buch liest oder einen Film schaut. Aber nicht nur das hören und lesen eines Werkes kann zu meinen Rechten als Verbraucher gehören, auch das anfertigen von Kopien. Früher haben wir am Radiorekorder (ja, so hiessen diese Teile) gesessen und Wolf Dieter Stubels „Internationale Hitparade“ (Direkt vom Plattenteller) verfolgt um „unsere Favoriten“ auf Kasette auszunehmen. Was ärgerten wir uns wenn das Verkehrsstudio da rein rauschte. NIEMAND hasste geisterfahrer so sehr wie wir!

Damals konnten wir die so erstellten „Privatkopien“ bis zu sieben mal für Freunde und Bekannte (unentgeltlich) weiterkopieren. Heute sieht die Welt anders aus. Heute kann es passieren, dass unser Datenträger einfach gelöscht wird, weil der Rechteinhaber es so möchte. Man wacht morgens auf und die Bücherregale sind leer – schwups. Dank DRM ist sowas nicht ganz abwegig.

Ich will hier nicht gegen Autoren, Musiker und andere schöpferisch tätige Menschen argumentieren. Ich habe einige aus dieser Zunft in meinem Bekannten und Freundeskreis und habe ein soziales Interesse daran, dass diese Menschen von Ihrer Begabung leben können. Schliesslich nutzt es mir etwas, wenn der Musiker Musik macht, die mich erfreut. Besser als wenn er in der Fabrik oder beim Radio arbeiten muss, weil er mit der Musik kein Geld verdienen kann.

Wenn ich aber bei Heise lese:

Deshalb will die künftige Regierung „den rechtlichen Rahmen für einen wirksamen Schutz des geistigen Eigentums“ weiter stärken sowie sich international „für wirksame Maßnahmen gegen die weltweite Marken- und Produktpiraterie einsetzen“.

frage ich mich, welche Lobby diesbezüglich tätig ist. Sind es die Musiker, oder diejenigen die heute schon viel mehr Ertrag mit den Werken verdienen als die Schöpfenden selbst? Um wessen rechte geht es wirklich? Oben schrieb ich von zwei Seiten eines Vertragsverhältnisses – hier haben wir aber drei aktive Fraktionen: Die Schaffenden, die Verbraucher und dazwischen einen Moloch der Musikindustrie der nur mittels Marketing und Verwaltung eine (immer kleiner werdende) Daseinberechtigung hat.

WENN unsere neue Regierung etwas wirklich sinnvolles tun möchte, wäre sie gut beraten die Rechte der Musiker und der Verbraucher nicht aus dem Auge zu verlieren! Zur Kultur gehört auch der freie Zugriff auf dieselbe. Nur daraus erwächst Bildung und weitergehende Kultur.