Weihnacht, das Fest des Umsatzes und Konsums

Ich gestehe: Ich hasse Weihnachten. Ich fand als „Junge“ Weihnachten schon ziemlich blöd, da meine Mutter den familiären Teil des Weihnachtsfestes besonders hervorhob. Und was macht man als pubertierender „Halbstarker“? Man lehnt sich auf. Man sucht Argumente, welche man den Altvorderen an den Kopf werfen kann, um deren Gefühle zu verletzen und sich selbst unabhängig und viel intelligenter zu profilieren.

Was soll ich sagen? Meine Argumente damals waren sehr gut, denn ich glaube ihnen noch heute: Wenn man einen Menschen mag, soll man ihm auch ohne den Anlass von Geburtstag oder Weihnachten gern mal ein Geschenk zukommen lassen. Ausserdem ist es doch blödsinnig auch mit dem letzten Vollhonk „gemütlich“ zusammen sitzen und ihm ein Geschenk machen zu müssen, weil doch Weihnachten ist. Weihnachten war für mich schon sehr früh nur noch Umsatz verbunden mit leuchtenden Augen des Einzelhandels.

Aber nicht nur der Einzelhandel will gierig seine Taschen fühlen. Auch das Kapitalmonster GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) will sich am Weihnachtsfest laben:

Für Donnerstag wird Schnee vorhergesagt, der dann still und leise über den Weihnachtsmarkt rieseln kann. Denn: Erstmals hat der Märkte und Aktionskreis City (kurz MAC) die Weihnachtsmusik abgedreht. Statt Lieder wie «O Tannenbaum» und «Süßer die Glocken nie klingen» tönen aus den dezent angebrachten Lautsprechern in diesem Jahr nur Warnhinweise und Personenaufrufe.

«Die Kosten für die Gema-Gebühren sind explodiert», sagt MAC-Geschäftsführer Manfred Piana. Bislang sei die Hintergrundmusik finanzierbar gewesen und habe pauschal mit rund 4000 Euro für die Zeit des Weihnachtsmarktes zu Buche geschlagen: «Diesmal war wohl ein neuer Sachbearbeiter am Werk und hat die Gebühren um rund 200 Prozent erhöht.»

schreiben die Aachener Nachrichten.

Hat ja keiner etwas dagegen, dass Musiker (wie alle Künstler!) Geld verdienen müssen. Ich selbst kenne viele Musiker, ob unterbezahlte, auch auf Butterschiffen und Familienfeiern tingelnde Rampensau oder Studiomusiker, der sich mit Werbejingles und Filmmusik über Wasser hält: Alle müssen Essen und Miete bezahlen.

Weshalb aber die Gebühren für die Beschallung eines Weihnachtsmarkt auf einmal anstelle 4000€ ganze 12.000€ kosten sollen entzieht sich meinem Verständnis. Ist da jetzt die dreifache Fläche genutzt, werden 3x mehr Besucher erwartet oder hat der Markt anstelle von 8 Stunden nun 24 Stunden geöffnet? Oder haben sich am Ende (und das wäre ja sogar zu begrüssen) die Tantiemen für die Musiker verdreifacht?

PS: Auch wenn mir persönlich das Weihnachtsfest im „hohen Alter“ immer noch nichts gibt, so gestehe ich mittlerweile meiner Umwelt zumindest die Weihnachtsfreude  zu 🙂

Sommerloch: Bundesregierung will Volkssklaven legitimieren

Der Spiegel schreibt:

Es geht um Musiker, Sportlehrer oder Sozialpädagogen: Die Bundesregierung erwägt nach SPIEGEL-Informationen, Langzeitarbeitslose in der Betreuung von Kindern einzusetzen. Die Idee stammt von Bundesagentur-Vorstand Alt. Er glaubt an ein „Win-win-Geschäft“

Der Herr Alt haut dabei in eine Kerbe, die seit langem in vielen Bereichen unserer Gesellschaft vorbereitet werden: Der Einsatz von Arbeitslosen als billige Arbeitskräfte um Kosten zu sparen. Schliesslich besteht Handlungsbedarf, hat doch das Bundesverfassungsgericht angemahnt, dass die Hartz-IV Bezüge ungerecht seien. Arbeitslose Menschen mit pädagogischen Fähigkeiten sollten dann lieber mittels Umschulung als Mitarbeiter in Schulen oder Kindergärten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten. Aber darum geht es ja nicht, es soll ja gespart und nicht investiert werden.

Arbeitslose und deren Kinder brauchen keine Alibi-Beschäftigungen sondern eine Perspektive in unserer Gesellschaft. Ein-Euro-Jobs und Abschiebe-Weiterbildungen helfen nur den Statistiken und nicht den Menschen.

Wer gewinnt und wer verliert durch Musik im Internet?

Ein äusserst lesenswerter Artikel im Tagesspiegel beleuchtet das Thema nochmals, und zwar sehr nah an der Realität – abseits der Verlustängste der Medienindustrie:

In ihrem Blog zog die Sängerin Bilanz: „Einnahmen durch Twitter in zwei Stunden: 11 000 Dollar. Einnahmen durch mein Major-Soloalbum dieses Jahr: 0 Dollar.“

Das Internet bedeutet – auch für Musiker – neue Wege zu beschreiten, aber diese Wege können eben für die Musiker deutlich höhere Einnahmen bereit halten, als sich mittels Knebelvertrag an eine Plattenfirma zu binden.

Prädikat: Besonders lesenswert