Medien ziehen am Bändchen und Twitterer hypfen

Es ist doch echt zum schlapplachen. Da schreibt die (ansonsten doch eher respaktable) Zeit:

In acht Minuten ist die Rollbahn frei. Am Flughafen von Stockholm ist Schneeräumen Alltag. Hinfliegen und gucken, wie’s funktioniert, rät man den europäischen Kollegen.

Und ich frage mich wie lange André Anwar (der Autor des Artikels) in Frankfurt fest hing, um solch einen Artikel zu schreiben. Vor allem frage ich mich, wie lange und vor allem intensiv sich Anwar mit der Problematik wirklich beschäftigt hat. Gerade vorhin – und ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nichts von dem Artikel in der Zeit – schrieb ich hier bereits über die Probleme des Flugbetriebes bei Schnee und Eis.

Sind der Frankfurter Flughafen (Rhein-Main)  und der Stockholmer Flughafen Arlanda direkt vergleichbar? Mal schaun:

  • Fluggäste: Frankfurt 51 Mio (2009), Arlanda 18 Mio(2008)
  • Luftfracht: Frankfurt 1,8 Mio Tonnen, Arlanda 0,172 Mio Tonnen
  • Flugbewegungen: Frankfurt 463.111, Arlanda 227.101
  • Startbahnen: Frankfurt noch 3, Arlanda 3

Und nun kommt dieser Qualitätsjournalist André Anwar und macht das, was Qualitätsjournalisten am besten können: Thesen rausknallen, ohne auch nur bei Wikipedia reinzuschauen um festzustellen, dass zwei völlig unterschiedliche Systeme verglichen werden.

Wenn in Frankfurt Morgens um 06:00 erklärt wird: Nur jeder zweite Flug wird durchgeführt, werden alle Beteiligten (Winterdienst, Fluglotsen und Gatepersonal ) deutlich entspannter sein. Nur eben nicht die Fluggäste und diejenigen, die Waren erwarten die über den drittgrössten Flugplatz Europas umgeschlagen werden.

Anwar schreibt zwar:

Der Flughafen mit rund 18 Millionen Fluggästen im Jahr ist zwar kaum halb so groß wie Frankfurt am Main, nennt aber ein Heer von 130 festangestellten Schneebekämpfern und 85 zusätzlich Beschäftigten auf den Landebahnen im Winter sein Eigen. Eben wegen der extremen, skandinavischen Wetterlage.

blendet aber völlig aus, dass nicht die Menge der Angestellten das Mass der Dinge ist, sonder ganz anderes Detail, dass er zwar auch beschreibt aber die Auswirkungen anscheinend nicht begreift:

Landebahn eins ist selbst unter schlimmsten Wetterbedingungen innerhalb von acht Minuten frei. Landebahn zwei in sechs Minuten und Landebahn drei in zehn Minuten. Im schlimmsten Fall werden nur die Landebahnen eins und zwei frei gehalten, weil sie näher beieinander liegen.

DAS sind doch die fiesen Details: sechs bis zehn Minuten Ausfall allein durch das Befahren der Flights. Dazu noch eine Überfahrt des Flugplatzmeister, ob auch nichts auf der Flight liegen geblieben ist.

Ich würde gern Arlanda sehen, wenn sie die doppelten Kapazität fahren müssten. Mal sehen ob der schwedische Flugplatz dann immer noch so toll ist und so viel besser als Frankfurt/Main.

Ich nörgle gern an Firmen und Politikern rum – aber Fraport hat diese Verbalschelle nicht verdient. Vielmehr hätte es Herr Anwar mal verdient über ein Thema zu schreiben, von dem er etwas versteht. Sein Artikel über Assange war doch gar nicht so übel.

Fies ist es dann allerdings wie bei Twitter der Shitstorm über den Frankfurter Flughafen losbricht. Aus der Ecke heraus „Haha, da zeigen wir es aber mal jemandem – feste druff“. Versteht mich nicht falsch – auch ich haue gern feste drauf, gibt nichts schöneres. Aber ich versuche vorher zu verstehen, worüber ich meine Meinung – oder Häme – kund tue.

Schneefliegen

Es soll hier nicht um das Skifliegen gehen, sondern um Flugreisen und Flüge bei Eis und Schnee.

Ich verstehe das Gejammer nicht, was die Einschränkungen im Flugverkehr angeht. Sicher, es ist ärgerlich, wenn man nicht rechtzeitig zum Weihnachtsurlaub in die Sonne fliegen kann. Aber muss man das? Auch ist es nervig stundenlang auf dem Flughafen abhängen zu müssen weil der blöde Flug von Hamburg nach München zu den Eltern nicht in die Luft gehen kann.

Das Thema Bahnreisen ist ein anderes – die Bahn hat ihre Zuverlässigkeit für den angestrebten Börsengang kaputt gespart. Dank an Mehdorn, den verbrecherischen Kapitalisten und Zerstörer von Volkseigentum.

Flughäfen unterliegen aber ganz besonderen Regeln. Jede Störung des Flugbetriebes hat massive Auswirkungen auf nahezu alle folgenden Flüge. Dies liegt daran, dass Starts und Landungen (weil jeder Mensch fliegen „muss“) so knapp kalkuliert sind, dass kaum Reserven zur Verfügung stehen. Das muss hopp-hopp gehen. Jedes Delay – da ist Enteisung noch harmlos – wirft den gesamten Zeitplan durcheinander. Und dies international, denn die Flugpläne sind voneinander abhängig.

Besonders „lustig“ ist Schnee und Eis auf der Flight (Start & Landebahn) sowie den Taxiways (Zufahrten zu der Flight). Da kenne ich ein bisschen was von: Sondergerätezug auf einem Bundeswehrflugplatz. Wenn der Flugplatzmeister denn endlich entschieden hat, dass die Flight geputzt werden darf/muss, muss es sehr schnell gehen. Denn in dem Moment der temporären Platzsperrung müssen die Fahrzeuge auf die Flight, die Flight vernünftig(!) reinigen und wieder so weit von der Flight entfernt sein, dass der Flugbetrieb wieder störungsfrei anlaufen kann.

Das der  Flugplatzmeister zwischendrin immer wieder auf die Flight muss um den Zustand der Piste zu kontrollieren versteht sich von selbst. Allein diese Kontrollen sorgen für Delay, da der Flugbetrieb schliesslich – zumindest kurzfristig – für die Kontrolle unterbrochen werden muss.

Die Taxiways sind – wenn es windstill ist – weniger kritisch. Da können die Sondergeräte auch mal ohne Platzsperrung schon mal ein bisschen was freiräumen. Nur bei Wind ist es blöde, wird doch der aufgewühlte Schnee eventuell auf die Flight geweht – das ist dann deutlich kontroproduktiv.

Liebe Menschen, die ihr unbedingt fliegen müsst: Denkt an eure eigene Sicherheit und denkt an die arme Sau mit der Berufsbezeichnung Flugplatzmeister, der die Verantwortung für einen sicheren Flugplatz hat. Mit dem wollt ihr GANZ bestimmt nicht tauschen. Im Sommer gehts – da kämpft man nur mit Vogelschlag – aber im Winter?

Sie haben gewonnen Herr de Maizière, ich gebe auf

Ich gebe auf und bin bereit alle Forderungen zu erfüllen. Sie haben zu Ende gebracht, was ihr Amtsvorgänger so vielversprechend gestartet hat. Mit einem Gang vor die Presse können Sie weite Teile der Infrastruktur stören. Besser stören, als es Terroristen jemals vermögen würden.

Eben rief mich meine Tochter an, fragte mich wo ich wäre und ob ich sie – mit dem Auto – abholen könne. Sie stand an einem S-Bahnhof in genau dem Moment an dem die Bahn den Betrieb wegen „es wurde eine herrenlose Tasche gefunden“ in weiten Teilen einstellte.

Was bedeutet dies für den ÖPNV und seine Teilnehmer?

  1. ALLE Züge stehen still – es geht nichts mehr
  2. Verkehrsbetrieb, Polizei und Rettungsdienste fahren Notprogramm
  3. Absperrmassnahmen greifen sofort.
  4. Nach ca. 30 bis 60 Minuten erscheint dann der „Bombentrupp“ der zu 99,9% feststellt, dass das aufgefundene Gepäckstück eben das ist für das man es hält: Ein Gepäckstück.

Als Folgen kann man folgendes beobachten:

  • Taxibetriebe machen das Geschäft der Woche (stecken die am Ende dahinter?)
  • Busse sind knallvoll und können die Massen von Fahrgästen nicht bewältigen
  • Noch lange Zeit nachdem die Bahnen wieder fahren, sind „Nachwehen“ zu beobachten
  • Geschäftstermine fallen aus
  • Unbetreute Kinder warten auf ihre Eltern, Betreuung findet nicht statt.

Gerade kommt die für mein Einzelschicksal zutreffende Meldung rein

Vor 10 Jahren hat man in eine herrenlose Tasche hineingeschaut, ob da Ausweise oder ähnliches drinnen sind um dann entweder den Besitzer zu informieren oder das Fundstück bei der Polizei/Fundbüro abzugeben. Heute macht man Panik und legt Strecken temporär still.

Oder gebe ich doch nicht auf?

Sollte ich irgendwo eine herrenlose Tasche finden, werde ich diese aufheben und das Maul halten. Dann werde ich die Tasche aus dem Bürohaus, der Bahn, dem Flugplatz, was auch immer heraus tragen und in sicherer Entfernung ablegen. DANN werde ich die Polizei informieren und der Betrieb kann ungestört weiter gehen. Wer will mich hindern?

Macht mit: Zeigt das euch die Panikmache der Behörden nicht trifft. Zeigt Arsch in der Hose und helft den Terroristen im bundesdeutschen Staatsdienst nicht bei ihrer Panikmache!