Es gibt noch Menschen unter den Politikern – Respekt für #Tauss

Heute – praktisch gerade eben – gab Jörg Tauss seinen Austritt aus der Piratenpartei bekannt:

Dennoch muss ich mir natürlich die politische Frage stellen, ob infolge der zu erwartenden Fortsetzung der medialen Hetzkampagne nach dem Urteil des LG mein Verbleib in der Partei die Piraten eher stärkt oder eher schwächt. Gerade die einhellig “tauss-feindliche” und obrigkeitsstaatlich orientierte Presselandschaft in Baden-Württemberg stärkt meine Vermutung, dass im anstehenden Landtagswahlkampf 2011 (aber auch bei den anderen Landtagswahlkämpfen) meine Mitgliedschaft in der Partei eher kontraproduktiv wäre. Wir müssen an den Infoständen über unsere Inhalte diskutieren können und dürfen nicht durch eine “Tauss-Debatte” gelähmt werden.

Aus diesem Grunde erkläre ich meinen Austritt aus der Partei.

Damit aber kein Missverständnis entsteht: Dieser Austritt erfolgt, um die Piraten und unsere Sache zu stärken.

schreibt Tauss in seinem Blog. Aus mehreren Gründen habe ich Respekt vor dieser Entscheidung. Erstens hält sich Tauss an eine gemachte Absprache – die sicherlich nicht vertraglich fixiert ist. Aber er steht – wie ein Ehrenmann – zu seinem Wort. Allein dieses Verhalten ist ein Schlag in das Gesicht seiner Kritiker. Zum anderen stellt Tauss seine Interessen hinter die der Piratenpartei. Auch dies ist heute nicht mehr das, was man von Politikern kennt. Diese müssen entweder mittels Ausschlussverfahren rausgekegelt werden,  behalten Ihre Amt als Ministerpräsident trotz Verurteilung, werden trotz Verurteilung Ehrenvorsitzender der Partei oder – als letzte Möglichkeit – verlassen die Politik um einen hoch dotierten Posten in der Wirtschaft anzunehmen. All dies scheint bei Tauss nicht der Fall zu sein. Er tut einfach nur das, was er versprach und was in dieser Situation das Richtige ist.

Achja, ich höre schon die böswilligen Unkenrufe (und ich kann auch schon sagen, welche Medien dies schreiben werden): „Tauss verlässt die Piraten nur, weil die Piraten ja bei der letzten Wahl weniger Stimmen bekommen haben“. Aber mal ehrlich: Wie viele Jahre würden die Piraten auch bei gutem Gelingen brauchen, um hochdotierte Sitze auf Landesebene zu bekommen? Liebe TAZ (uups, nun habe ich es gesagt), dieses Argument sticht nicht.

Jörg, alles Gute – man sieht sich und liest voneinander!

Das seltsame Rechtsverständnis unseres Bundespräsidenten

Unser Bundespräsident Horst Köhler moniert,

dass die Politik strittige Fragen immer häufiger nach Karlsruhe verweist, anstatt sie selbst zu lösen. (Tagesschau)

da bin ich generell sogar bei ihm. Wenn die Aussage aber wie folgt fortgesetzt wird:

Wer etwas nicht erreiche, rufe das Bundesverfassungsgericht an, sagte Köhler bei einem Festakt zur Einführung des neuen Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle in Karlsruhe. „Aber das Bundesverfassungsgericht ist nicht gedacht als Ersatz für Politik“, fügte das Staatsoberhaupt hinzu. Es sei eine „Anomalie demokratischer Politik“, wenn eine im Parlament überstimmte Minderheit versuche, „ihre politische Konzeption via Karlsruhe doch noch zu Gehör oder gar zur Durchsetzung zu bringen, obwohl sie weiß, dass sich die fragliche Mehrheitsentscheidung aller Wahrscheinlichkeit nach in den Grenzen des verfassungsrechtlich Erlaubten hielt“,

frage ich mich, ob unser Bundespräsident nur die Statistik „Wie viele Entscheidungen gehen vor das Bundesverfassungsgericht“ studiert hat, wo sicher ein bemerkenswerter Anstieg in den letzten Jahren zu beobachten ist. Denn wenn unser Bundespräsident auch die Statistik „Wie oft wurden Entscheidungen der Regierung nachträglich vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig abgewiesen/zur Änderung angemahnt“ auch gelesen hat, dann wird er festgestellt haben, dass es gerade in diesem Bereich einen Anstieg zu beobachten gibt, der den Bürger fragen lässt: „Kennen unsere Politiker eigentlich unsere Verfassung“.

Auch wenn der Rest der Rede Köhlers wohl „anständiger“ war, so erwarte ich eher einen Rüffel an die Politiker ohne Verfassungskontakt, als an diejenigen die eben genau dieses einklagen.

Heute ist Westerwelle Tag. Showstar oder Politiker?

Zumindest so irgendwie. Kaum rauscht hier die Meldung durch, dass Westerwelle so unbeliebt ist wie noch nie ein Aussenminister vor ihm, flattert mir folgendes aus dem Spiegel über den Monitor:

Westerwelle erfindet sich schon wieder neu

und

Westerwelle sieht sich als Opfer eine Kampagne, fühlt sich unter Dauerbeobachtung mancher Medien. Nicht vorsichtiger sei er geworden, heißt es abwiegelnd in der FDP-Führung. Aber er überlege schon im Voraus, welche Wirkungen er mit welchen Handlungen bei den Medien auslösen könnte.

Die obige Aussage muss man sich einmal so ganz in ruhe durch den Kopf gehen lassen um sie wirken zu lassen, bevor man interpretiert.

Das Ergebnis vorweg: Der Mann ist untragbar!

Warum ist das so? Ein Mensch – egal in welchem Amt – der jedwede Tat allein von der Wirkung auf die Medien abhängig macht, legt keinen Wert auf Taten die Sinn haben und wirksam sind – er legt nur Wert auf den Anschein. Unsere Politiker sollen zum Wohl des Volkes und der Bundesrepublik agieren und nicht zum „eigenen Ansehen in den Medien“. Showstars sind abhängig von den Medien – denn sie werden nur nebensächlich an den Taten gemessen. Die Show ist ihr Geschäft. Wollen wir aber Politiker, die nur eine Show abziehen? Nein, wir wollen Politiker die das Richtige tun. Schelte der Medien gehört da manchmal zu. Man wird es nie jeder Wählerguppierung recht machen können. Immer werden ein paar Menschen mit einer Entscheidung nicht einverstanden sein.

Herr Westerwelle – in ganz einfachen Worten: Sie haben die Medien am Arsch weil Sie von Morgens bis Abends nahezu ausschliesslich Scheisse bauen. Denken Sie nicht an die Medien nicht an ihren Geldbeutel und nicht an ihre Freunde, denken Sie an die Menschen in der Bundesrepublik (und zwar an ALLE und nicht nur die, von denen sie sich bezahlen lassen). Dann wird auch alles wieder gut – versprochen!

Ein potentieller Wähler – der sich im Moment aber GAR nicht vorstellen kann ausgerechnet die FDP zu wählen. Da sogar noch eher die CDU. Und DAS will etwas heissen.