Zocken mit Ratiopharm

In der FAZ schreibt Michael Roth sehr richtig:

Über Hilfen aus Steuermitteln für notleidende Industrieunternehmen mag man dieser Tage streiten, über Hilfe für Spekulanten nicht. Kein Spekulant darf darauf hoffen, dass ihm in schlechten Zeiten geholfen wird.

Was war passiert? Der Unternehmer Adolf Merckle hat mit Aktien rumspekuliert und damit massive Verluste erlitten. Nun jammert dieses Weichei rum und hofft auf Hilfe vom Staat. Ja, HALLO? Geht es denn noch?

Da rennt dieser Depp an die Börse und verzockt Geld, dass er für die Firma braucht und der Steuerzahler soll es richten? Kann ich dann auch zur Spielbank gehen, Roulette spielen und – sollte ich verlieren, den Staat bitten mir zu helfen? Hätte ich gewonnen, hätte ich ganz sicher meine Steuern bezahlt, aber den GEWINN, den behalte ich natürlich.

Vor solch einem Verhalten kann ich wahrlich nur ausspucken. Aber gegen Übelkeit und Brechreiz gibt es bestimmt auch etwas von Ratiopharm.

Wo ist das Kapital nur geblieben?

Die IT-Branche hat es vorgemacht: Das Geld verbrennen:

Burn Venture Capital

Burn Venture Capital

Bild „geliehen“ bei Interhemd (Danke Tim)

Als nächstes waren es die Banken – naja, selbst verbrannt haben sie nicht, sie haben es eben nur zu verantworten, dass diese Misere die Wirtschaft derzeit knechtet. Und nun – als nächstes Mosaiksteinchen – kommen die Konzerne an und schildern der Regierung ihre Sorgen.

NEIN, ich werde diesmal NICHT auf Managergehälter eingehen, es dreht sich hier um den Aktienmarkt: Wie dieser Geld verbrennt und es aus den Unternehmen zieht.

Früher – so GANZ früher – lieh sich der Müller in seinem Umfeld Geld, wenn er die Reparatur seiner Mühle – oder einen neuen Mühlstein – nicht mit eigenen Mitteln zahlen konnte. Von dem Gewinn der folgenden Monate und Jahre zahlte er dann seine Schulden ab und anschliessend war alles gut.

Dann kamen die Banken, der Müller musste nicht mehr von 20 „Nachbarn“ Geld leihen, sondern er hatte eine zentrale Anlaufstelle: Die Bank – im ländlichen Bereich formierten sich gerade die Genossenschaftsbanken, siehe auch Raiffeisen – leiht (historisch) das von Sparern eingesammelte Geld ein, verleiht es an unseren Müller um den Kreditertrag als Sparzinsen an die eigentlichen Eigentümer des Kapitals auszuzahlen.

Dann griffen (über die effektiven Stücke) die Aktien in das Geschehen ein und veränderten die Welt. Denn auf einmal ging es nicht mehr darum einen einmaligen Kapitalbedarf zu deckeln, sondern aus Gründen des Kapitalbedarfs Anteile (als Anteilsscheine / Aktien) seines Unternehmens zu „vekaufen“. Damit ist ein grosser Schritt in die (in meinen Augen) falsche Richtung getan. Denn auf einmal geht es nicht mehr darum, einen Kapitalbedarf einmalig (wie einen Kredit) zurückzuzahlen, sondern Jahr für Jahr – über die Dividende – Geld an die Aktienbesitzer auszuzahlen. Immer und immer wieder. Dies geht soweit, dass Aktien sich teilweise mehrfach refinanzieren (wenn man diese nur lange genug hält) und ein Ende ist niemals in Sicht.

Früher konnte unser Müller in guten Jahren viel Geld (Taler, Dublonen, wie auch immer) zur Seite legen um ein Polster für schlechte Zeiten anzulegen. In dem Moment, als unser Müller nun seinen Mühlstein über die Ausgabe von Aktien finanzierte, hatte er für immer verloren (es sei denn, er kauft seine Aktien zurück). Denn die Aktionäre werden ab sofort (über die Hauptversammlung und dem gewählten Aufsichtsrat) die Geschicke seiner Mühle. Wenn nun Gewinne gemacht werden, haben die Aktionäre ein grosses Interesse: Den Ertrag aus dem Unternehmen zu ziehen um damit einen (EXTERNEN!) Gewinn zu erzielen, ihr eingesetztes Kapital maximal zu vermehren. Ein Verbleib des Kapitals im Unternehmen ist für Aktionäre deutlich suboptimal.

Und an dieser Stelle kommen wir nun zu der heutigen Situation: Die Aktionäre haben all die vergangenen Jahre ihre Taschen gestopft, oftmals waren es Banken und Versicherungen, die das Problem hatten: Wohin mit dem Geld der Kunden. Die Antwort war: Aktien, Anteile an Unternehmungen. Versicherer hatten jahrelang das Problem, erwirtschaftete Gewinne SCHNELL wieder zu reinvestieren um maximalen Gewinn zu erwirtschaften. Wo so viel Geld „verarbeitet“ wird, ist auch Geld für dicke Gehälter drin – alles kein Problem.

Bis zu DEM Moment,an dem jetzt den Aktiengesellschaften das Geld ausgeht und die Aktionäre GANZ sicher nicht die Gewinne der fetten Jahre wieder in die Unternehmen stecken werden. Unser Müller hätte dies getan, sein verdientes Geld wieder in seine Mühle zu stecken. Die Aktionäre aber haben von den Erträgen (Dividenden) längst weitere Aktien gekauft und leiden selbst eine gefühlte „Armut“, da ihre Aktien nichts – oder weniger – Wert sind.

Exkurs: Wobei anzumerken ist, dass eine Ware nur im Moment der Kaufs/Verkaufs überhaupt einen realen Wert besitzt. In der Zeit des Besitzes, ist der Wert unbestimmt. Man kann zwar einen Marktwert bestimmen, aber eine Realisierung des Wertes kann nur durchgeführt werden, indem man versucht zu kaufen oder verkaufen. Denn erst in diesem Moment bestimmen Angebot und Nachfrage den Wert (zu erzielenden Preis). Dieses gilt für ALLE zu veräusserlichen Waren.

Zurück zum Thema: Das ursächliche Problem ist, dass Aktienmärkte nur in Zeiten des Wachstum funktioniren. Vielleicht resultiert genau daraus unsere Wachstumshysterie. Wachstum ist gesund – als Ausgleich einer Inflation. Alles was darüber hinausgeht ist – als globalwirtschaftliche Forderung – absolut unsinng, da dieses Wachstums nicht unendlich weltweit forführbar ist. Schon heute können viele Unternehmen ein Wachstum nur noch über Aufkäufe anderer Unternehmen oder Bilanzierungstricks realisieren. Was passiert aber in dem Moment, in dem eine Firma – im Rahmen der „Wachstumsnot“ alle anderen Firmen geschluckt oder fusioniert hat? Wenn ein Unternehmen nahezu jede geldwerte Leistung auf diesem Planeten erwirtschaftet? Wie wird diese Firma dann weiterhin Wachstum realisieren?

Es wird Zeit, dass wir alle verstehen, dass es keinen Gewinn ohne Verlust geben kann. Die Menge aller Kapitalwerte auf diesem Planeten ist (weitgehend) statisch. Wenn nun eine Person (oder Personengruppe) ihr Eigentum vergrössert, MUSS zwangsläufig eine andere Person (oder Personengruppe) einen Verlust hinnehmen.

Solange aber „das Kapital“, namentlich die Personengruppe, die ihre Gewinne/Besitztümer stetig ausweitet, nichteinmal von der Politik gestoppt wird, wird sich diese Spirale der Umverteilung von Sachwerten immer weiter drehen. Am Ende werden alle verlieren, dann die Aktien kann man nicht essen, als Kleidung sind sie suboptimal und der Brennwert im kalten Winter ist auch nicht sooo der Hit.

Nur eine Betrachtung. Kommentare?

Wenn zwei das gleiche tun, ist es NICHT das selbe!

Der Grossmeister Klaus Kaldemorgen (Managing Director und Sprecher der Geschäftsführung der DWS Investment GmbH – eine Tochter der Deutschen Bank) hat sich so wunderschon darüber ausgeheult, wie viel Geld er doch verloren hat, nur weil die bösen Menschen von Porsche am Kurs der VW-Aktie herumgeschraubt haben.

Ob diese Heulsuse nun auch gegen die Deutsche Bank zetert und seinem Mutterkonzern all diejenigen Instanzen auf den hals schicken möchte, die er in Richtung Porsche auffahren lassen wollte:

Es ist ein vernichtendes Urteil: Die Deutsche Bank hat das Kursziel von General-Motors-Aktien auf null reduziert – weil sie den amerikanischen Autohersteller für quasi pleite hält. Der Kurs des Unternehmens brach daraufhin um 25 Prozent ein.

schreibt der Spiegel. Na, das ist doch mal superklasse. Als Unternehmen, dass direkt – oder über meine Tochtergesellschaften – an Kursschwankungen verdient, wird mal kurz eine aktie zum „Nullpapier“ degradiert. Ich will ja keine gerüchte in die Welt setzen, aber wenn die DWS da ein paar Leerverkäufe stehen hatte, haben die den Verlust mit Porsche locker wieder drinnen, denn von General Motors sind ein paar mehr Aktien auf dem freien Markt.

Der Porsche-Deal hatte massive Auswirkungen auf den DAX, die FAZ schreibt heute – zu der GM-Aktie:

Der Absturz des US-Autobauers an der Wall Street ruft auch bei den Investoren in Europa neue Sorgen um die Weltwirtschaft hervor.

Also Kaldemorgen: FASS! Oder traust Du dich an den Ackermann nicht ran, Du selbst ernanntes „Hüter von Recht und Ordnung“-Weichei?