[Update] Wenn Politik und Intelligenz versagen

Der CDU Bundestagsabgeordnete Christian Baldauf wird auf Abgeordnetenwatch zu seiner Meinung, jetzt alle Kernkraftwerke abzuschalten befragt. Hatte Baldauf doch noch vor einem halben Jahr die Laufzeitverlängerung der Kernmeiler befürwortet. Die Antwort Baldaufs scheint mir sehr interessant (Hervorhebungen von mir):

Ich hätte damit nie gerechnet, nachdem mir immer versichert wurde, dass Japan über die sichersten Kraftwerke aufgrund der besonderen Lage verfügt. Das war und ist offensichtlich nicht der Fall und zeigt, dass diese Technik nicht so beherrschbar ist, wie ich mir das habe sagen lassen.

Also hat doch wohl in der bisherigen Argumentation etwas nicht gestimmt. Deshalb muss ich feststellen, dass ich wohl falsch informiert wurde, daraus resultiert meine Meinung.

Also abgesehen davon, dass die Kanzlerin und die Atomlobby wahrscheinlich eitrige Pickel bekommen, wenn sie obiges Geständnis lesen, lese ich diese Zeilen doch mit ausgeprägtem Interesse.

Schon beim Thema Internetsperren (und das ist ein Thema, da kann ich ganz sicher mitreden) stellte ich fest, dass unsere Volksvertreter mehrheitlich – sorry – Schwachsinn von sich gaben und die Technik über die sie entscheiden wollten, nicht ansatzweise verstanden. Ich gebe zu: Atomkraftwerke und Radioaktivität sind vollumfanglich noch schwieriger zu verstehen, als das Internet.

Was mir wirklich Angst macht, ist diese Arglosigkeit, mit der Bundestagsabgeordnete sich offensichtlich irgendwelchen Schwachsinn (von wem auch immer) erzählen lassen um dann anschliessend (nachdem Gesetze und Verordnungen beschlossen wurden) mit solch Plattitüden wie oben hervorgehoben ankommen. Ich bin dafür eine Haftpflicht für Politiker einzuführen – abgesichert mit einer Haftpflicht für Lobbyisten und Berater. Der Politiker haftet – kann aber (sofern er dies nachweisen kann) die Haftpflicht an etwaige Berater weiter geben. Wie die Produzentenhaftung im Bereich Produkthaftung.

Alternativ dazu kann man Parlamentarier auch fristlos – unter Verlust jeglicher Bezüge, Rentenansprüche und anderen Forderungen – schlicht vor die Tür setzen, wenn sie sich als Wendehals mit Ausredenpotential entpuppen wie aktuell der Herr Baldauf. Aber das mit den Ausreden ist ja seit Guttenberg wieder voll salonfähig.

[Update]

Und gerade kommt hier noch ein Interview mit dem Chef des italienischen Energieversorgers Enel, Fulvio Conti, aus der FAZ herein, dem ich folgende Stilblüte entnehmen darf:

„Mangelnde Kenntnisse bei Atomkraftgegnern“

Das kommentiere ich nicht weiter, lasse es nur unter dem Artikel bezüglich des (ehemaligen) Atombefürworters Baldauf stehen …

 

Ist die Piratenpartei die Partei des 21sten Jahrhunderts?

Ich gebe zu, eine sehr reisserische und argumentationswürdige Überschrift, aber nachdem ich den Blogbeitrag der Webkompetenz las, kam mir exakt dieser Gedanke. Webkompetenz setzt sich mit der modernen Welt auseinander, einer Welt in der das Internet und ein neues Selbstverständnis der Gleichbehandlung selbstverständlicher sind.

Im Internet sind alle Teilnehmer erstmal gleichberechtigt. IP-Pakete und Bits unterscheiden nicht, wem sie gehören – die Gleichheit hat im Netz Methode. Und genau diese Gleichheit ist schützenswert – im Netz wie in der Realität. In der realen Welt hat sich das Gleichheitsprinzip allerdings längst überlebt.

Aber zurück zur Webkompetenz, dessen Betrachtungen zum Thema „parlamentarische Demokratie“ ich um einen – für mich wichtigen Punkt – ergänzen möchte: In einer echten Demokratie darf es keinen Fraktionszwang geben! Jeder Politiker MUSS seinem persönlichen Gewissen folgen. In meinen Augen ist das Abstimmverhalten (bezüglich z.B. zum Thema Internetsperren) der Grünen demokratischer, als das der Regierungsparteien. Auch wenn ich persönlich gegen die Internetsperren bin, so ist mir eine eigene Stimme für Internetsperren lieber, als wenn SPD und CDU aus einem Fraktionszwang heraus für eben dieses Gesetz stimmen. Keiner – weder Lobbyisten noch Fraktionschef – dürfen den einzelnen Parlamentarier beeinflussen. Denn dann – bei wirklicher Freiheit der Entscheidung – wäre das Prinzip der „Befindlichkeitenparteien“ keine Gefahr für eine Demokratie, sondern das Salz in der Suppe.

Stellt euch ein Parlament vor, bei dem echte Fachleute echte Argumente abwägen und sich nicht nur  – von Lobbyisten in die Hand gedrückte – Phrasen vorlesen. Ein Parlament in dem es egal ist, welcher Partei der einzelne angehört, denn er wird seine Meinung abgeben – vielleicht nachdem er in seinem Wahlbezirk die Meinung seiner Wähler eingeholt hat. Mittels Internet ist dies kein Problem. Aber die etablierten Parteien – und vor allem das Kapital – werden sich gegen diese echte Demokratie mit allen Mittels wehren. Denn wenn die echte Meinung von 80% der Bevölkerung zu jeder Abstimmung einfliessen, weird es wirtlich eng.

Naja, wenn wir das beeinflussende Moment der „Restmedien“ noch in den Griff bekommen. 🙁