Warum ich NIEMALS Verkehrsminister oder Postvorstand werden möchte

Wenn ich Menschen meines Umfeld versuche technische Zusammenhänge zu erklären, benutze ich stets Beispiele aus Bereichen die (manchmal hanebüchen, manchmal exakt) dem Problem entsprechen um das es geht, aber aus ihrem Erfahrungsbereich stammen.

Zum Beispiel kann man die Wirkung von „verstärkenden“ Richtantennen mithilfe eines Luftballons erklären, den man zusammenpresst. Der Inhalt (eingesetzte „Energie“)  bleibt gleich aber die Ausdehnung steigt. Wenn ich nun den Heise-Artikel lese, der sich wieder einmal mit der Verantwortung von Provider bezüglich der übermittelten Daten beschäftigtfrage ich mich, ob ich nicht mal bei der EU vorbei soll um denen zu erklären, wie denn „dieses Internet“ überhaupt funktioniert.

Den Provider kann man sich vorstellen wie den Betreiber der Bundesautobahn. Er stellt die Auffahrten und die Strecke zur Verfügung. Er ermöglicht es also Dinge von A nach B zu transportieren. Ihm ist egal, was der LKW geladen hat oder wieviele Personen in einem Fahrzeug sitzen, solange gewisse Parameter (Fahrzeugbreite und -höhe, Gewicht etc) nicht überschritten werden. Er unterhält nur die Infrastruktur.

Ein anderes Beispiel ist z.B. die Post. Die stellt auch Zugänge zu ihrem Verteilnetz (Briefkästen und Paketannahmestellen) zur Verfügung, um die angenommenen „Behältnisse“ zu einem definierten Ort zu transportieren. So wie die Post offensichtlich vom Transport ausgeschlossene Waren nicht befördert, so werden „kaputte“ IP-Pakete vom Provider nicht transportiert.

Sowohl bei den Postdiensten, als auch bei den Autobahnen gilt: Ich stelle eine Infrastruktur zur Verfügung – was ihr damit macht geht mich nichts an. Niemand würde auf die Idee kommen (ausser vielleicht Frau von der Leyen und Herr Schäuble) jedes Fahrzeug vor der Auffahrt auf die Autobahn zu kontollieren, sich sämtliche Ausweise zeigen zu lassen und sowohl in den Kofferraum zu schauen als auch die Handtaschen zu schauen. Auch der Post ist es untersagt, Briefe oder Päckchen zu öffnen. Ausnahmen hierzu gibt es: Gefahr im Verzuge und/oder richterliche Anordnung.

Wer zum Henker kommt also auf die beknackte Idee, IP-Pakete anzuschauen um deren „Nutzlast“ nach Inhalten zu bewerten? Oder kommt diese Idee letztendlich von den Lobbyisten der Hersteller von Security-Soft- und Hardware, die damit versuchen den Markt für verschlüsselte Kommunikation zu erweitern?

Ist die Piratenpartei die Partei des 21sten Jahrhunderts?

Ich gebe zu, eine sehr reisserische und argumentationswürdige Überschrift, aber nachdem ich den Blogbeitrag der Webkompetenz las, kam mir exakt dieser Gedanke. Webkompetenz setzt sich mit der modernen Welt auseinander, einer Welt in der das Internet und ein neues Selbstverständnis der Gleichbehandlung selbstverständlicher sind.

Im Internet sind alle Teilnehmer erstmal gleichberechtigt. IP-Pakete und Bits unterscheiden nicht, wem sie gehören – die Gleichheit hat im Netz Methode. Und genau diese Gleichheit ist schützenswert – im Netz wie in der Realität. In der realen Welt hat sich das Gleichheitsprinzip allerdings längst überlebt.

Aber zurück zur Webkompetenz, dessen Betrachtungen zum Thema „parlamentarische Demokratie“ ich um einen – für mich wichtigen Punkt – ergänzen möchte: In einer echten Demokratie darf es keinen Fraktionszwang geben! Jeder Politiker MUSS seinem persönlichen Gewissen folgen. In meinen Augen ist das Abstimmverhalten (bezüglich z.B. zum Thema Internetsperren) der Grünen demokratischer, als das der Regierungsparteien. Auch wenn ich persönlich gegen die Internetsperren bin, so ist mir eine eigene Stimme für Internetsperren lieber, als wenn SPD und CDU aus einem Fraktionszwang heraus für eben dieses Gesetz stimmen. Keiner – weder Lobbyisten noch Fraktionschef – dürfen den einzelnen Parlamentarier beeinflussen. Denn dann – bei wirklicher Freiheit der Entscheidung – wäre das Prinzip der „Befindlichkeitenparteien“ keine Gefahr für eine Demokratie, sondern das Salz in der Suppe.

Stellt euch ein Parlament vor, bei dem echte Fachleute echte Argumente abwägen und sich nicht nur  – von Lobbyisten in die Hand gedrückte – Phrasen vorlesen. Ein Parlament in dem es egal ist, welcher Partei der einzelne angehört, denn er wird seine Meinung abgeben – vielleicht nachdem er in seinem Wahlbezirk die Meinung seiner Wähler eingeholt hat. Mittels Internet ist dies kein Problem. Aber die etablierten Parteien – und vor allem das Kapital – werden sich gegen diese echte Demokratie mit allen Mittels wehren. Denn wenn die echte Meinung von 80% der Bevölkerung zu jeder Abstimmung einfliessen, weird es wirtlich eng.

Naja, wenn wir das beeinflussende Moment der „Restmedien“ noch in den Griff bekommen. 🙁