Zahlt Siemens oder die Deutsche Bahn das Schmerzensgeld?

OK, rein rechtlich ist es natürlich so, dass die Deutsche Bahn das Schmerzensgeld zu zahlen hat, wenn die unzureichende Technik der Transportmittel (hier die ultramodernen ICE-Wagen von Siemens) die Gesundheit der Fahrgäste beeinträchtigen.

Ein Sprecher der Deutschen Bahn AG bestätigte, dass es am Samstag in mehreren Zügen zu Problemen mit den Klimaanlagen gekommen ist und Reisende in Bussen oder Ersatzzügen weitertransportiert werden mussten.

[…]

Am Bahnhof Bielefeld hielt die Feuerwehr Notärzte bereit. Neun Jugendliche mussten ins Krankenhaus gebracht,

[…]

Dehydrierte Schüler lagen in den Gängen. Eine schwangere Frau habe versucht, während der Fahrt eine Scheibe einzuschlagen, um an frische Luft zu kommen. Die Temperaturen im Zug hätten jenseits der Marke von 50 Grad gelegen.

entnehme ich der Hannoverschen Allgemeine. Und die Bahn hat die BP-Imitation am laufen, wiegelt ab und redet das Debakel klein:

Ein Bahnsprecher sagte auf Anfrage von WDR.de am Samstag (10.07.10), es handele sich um einen Einzelfall. Der Augenzeuge widersprach: Er habe mehrfach den ICE wechseln müssen, weil jeweils die Klimaanlagen ausgefallen waren und das Zugpersonal es nicht verantworten wollte loszufahren.

kann man beim WDR lesen – und weiter:

Auf die erneute Nachfrage von WDR.de am Sonntag (11.07.10) sagte ein Pressesprecher, es habe in Hannover einen Teilausfall gegeben; andere Fälle seien ihm nicht bekannt. (Hervorhebung von mir)

DAS ist die typische Aussage nachdem es vorher in dem Unternehmen hieß „Nix davon zum Pressesprecher, dann braucht er nicht zu lügen.“ Steffen nannte sowas „Informationen, die einen belasten können“.

Aber mal ehrlich: Wenn aufgrund der mangelhaften Technik Menschen derart massive gesundheitliche Probleme bekommen, wo ist dann die Anklage wegen (fahrlässiger) Körperverletzung gegen die Bahn? Wieso fährt der TGV in Frankreich Jahrein-Jahraus ohne grosse Probleme (und das zu einem Bruchteil der Fahrkosten die man hier in Deutschland berappen muss!) und hier in Deutschland  knallt es an allen Ecken und Kanten? Ist es wieder das alte Problem: Es darf nichts kosten, wir sparen überall an der Qualität um das Ergebniss zu verbessern? Ist ganz zum Schluss auch hier wieder die Börsengangphantasie des Service-Zerstörers Mehdorn schuld?

Ich hoffe dass es allen verletzten ICE-Fahrgästen bald wieder gut geht und wünsche den Verantwortlichen die Pest an den Hals.

Bundesregierung, USA, EADS, Boeing und die eigene Nase

Der geplatzte Auftrag für EADS zum Bau von Tankflugzeugen für das US-Militär ruft die Bundesregierung auf den Plan. Luftfahrt-Koordinator Hintze fordert die USA auf, ihr Angebotsverfahren zu überdenken.

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EADS und Northrop Grumman hatten kritisiert, die Modalitäten der Ausschreibung seien auf den US-Rivalen Boeing zugeschnitten.

schreibt die Welt. Wer schon einmal die Welt der Ausschreibungen betrachtete, der weiss wie wunderbar flexibel und dediziert heutige Ausschreibungen aufgesetzt werden. Wer eine (auch staatliche, bundesdeutsche) Ausschreibung in die Hände nimmt, kann oftmals aus dieser genau ersehen welcher Bieter den Auftrag bekommen soll. Ich habe einige Jahre im Bereich Netzwerktechnik diese Papiere auf meinem Schreibtisch gehabt und kenne diese Ausschreibungen in denen – für den Einsatzzweck – gänzlich unwichtige technische Kleinigkeiten als Kernpunkte für das Projekt hochgeschraubt werden.

Wie oft habe ich mich darüber geärgert, wenn ich schon beim Öffnen des Briefumschlages sah, dass ich es sehr-sehr schwer haben werde mit einem Angebot auch nur in die engere Wahl zu kommen. Ich vertrat nicht Cisco, Microsoft oder Fujutsu-Siemens (sicher gibt es auch andere Hoflieferanten). Wenn dann aber die eigenen Unternehmen, in diesem Fall EADS, durch dedizierte Ausschreibungsverfahren ausgegrenzt werden wird gejammert. Da kann ich echt nur lachen – auch wenn es traurig ist, da es in diesem Fall auch um europäische Arbeitsplätze geht.

Wer selbst Ausschreibungen manipuliert soll schön die Klappe halten wenn es andere auch tun.

Die Petze wird nicht bestraft

Siemens geht als Kartell-Kronzeuge straffrei aus Der deutsche Konzern und sechs Konkurrenten haben sich beim Verkauf von Transformatoren abgesprochen. Weil Siemens alles zugab, kommen die Münchner nun ohne Strafe davon. Alle anderen müssen kräftig zahlen.

schreibt die FTD. OK, die Straffreiheit wird über die Kronkorken Kronzeugenregelung gedeckelt. Aber schlußendlich steht Siemens nun als der lachende Sieger da: Erst werden die Kunden – durch die Preisabsprachen – ausgenommen und hinterher erwirbt man einen Wettbewerbsvorteil, weil man

  • Keine Strafe zahlen muss (Kostenminimierung)
  • In der Öffentlichkeit besser dasteht, als der Wettbewerb. Man war ja kooperativ.

Petzen ist eigentlich etwas fieses. Fand ich als Kind auch scheisse, wenn jemand mich verpfiffen hat. Wenn aber einer der Beteiligten gänzlich straffrei ausgeht, weil er gepetzt hat, so bekommt es einen sehr bitteren Beigeschmack.