Ist Courage einfach? Dieter Nuhr und „…. halten“

Nein, Courage ist meist schwierig. Auch wenn Dieter Nuhr etwas lässig erklärt:

OB-Sauerland-Kritiker würden jederzeit aus moralischen Gründen auf ihre Pension verzichten, ist doch klar… Courage kann so einfach sein.

So bedeutet Courage nicht umsonst „Gefühl, bei dem trotz gefährlicher Situation keine Angst auftritt“ (wiktionary), was uns zu Mut und Tapferkeit führt.

Es ist nicht couragiert – einfach so – auf sein Gehalt zu verzichten.  Vielmehr wäre dies dumm. Couragiert allerdings wäre es als Reaktion auf ein Fehlverhalten auf Gehalt zu verzichten. Viele Arbeiter verzichten bei Kurzarbeit – ohne an der Kurzarbeit schuld zu sein – auf einen Teil ihres Gehaltes. Andere Arbeitnehmer „verzichten“komplett auf ihr Gehalt und tauschen dieses in Arbeitslosengeld und Hartz-IV, weil andere Menschen Fehler gemacht und somit Arbeitsplätze vernichteten. Wer aber selbst in verantwortender Position beschäftigt ist, muss sich all diesen Problemen nicht stellen. Er übersteht dies, bekommt als BP-Chef 14 Millionen Handgeld und als Oberbürgermeister eine dicke Rente.

Danke Dieter Nuhr für diese deutliche Aussage auf welcher Seite des sozialen Schauplatzes Sie ihr Leben geniessen. Manchmal – sorry – sollte auch Dieter Nuhr seine eigenen Weisheiten beherzen:

httpv://www.youtube.com/watch?v=j8uefBUOfgA

TV-Duell war einmal – nun kommt das Internet-Duell

Ist es nicht schön: Steinmeier und Merkel wollen kein weiteres Fernsehduell austragen.

Nach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auch SPD-Herausforderer Frank-Walter Steinmeier die Teilnahme an weiteren Fernsehdebatten vor der Bundestagswahl abgesagt. (Quelle Spiegel)

Ich finde dies ist eine konsequente Umsetzung der Erfahrungen aus dem Obama-Wahlkampf: Die Schlacht wird ins Internet verlegt. Es treten nicht mehr die Profis an, sondern die Wadenbeisser werden ins Internet gelassen. Auf allen Seiten. Schöne Beispiele sind (und ich integriere hier bewusst keine Links) Verbalkämpfe gegen Dieter Nuhr, der sich (auf seine bekannte Art) mit der Piratenpartei beschäftigt hat und von „kleinen Jungs“ argumentationslos runtergemacht wurde. Wie kann er es auch nur wagen etwas gegen die Piratenpartei zu sagen? Das ich Mitglied der Piratenpartei bin ist kein Geheimnis, aber man muss doch nicht auf alles reagieren! Einfach mal die Klappe halten und Kritik auch mal wirken lassen – könnte doch was dran sein. Aber im Internet darf – ja MUSS – man die Klappe aufreissen.

Auf einem anderen Schauplatz wird ein Pirat dafür runtergeputzt, dass er dem falschen Medium ein Interview gab. Ja, aber HALLO! Wie kann er nur? Auch das Eingestehen eines Fehlers und eine Entschuldigung wird nicht als Ende der Auseinandersetzung akzeptiert. Das war was und das MUSS bis zum Erbrechen immer und immer wieder ausgewälzt werden. Eine Metadiskussion ist die Folge.

Manchmal frage ich mich, ob manche Leute eigentlich noch einen letzten Funken Selbstreflektion und Anstand behalten, wenn sie sich hinter die Tastatur setzen. Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden. Wo bleibt die grosse Akzeptanz, die vielbeschworene Offenheit „des Netzes“? WIR Netzaktiven verhalten uns teilweise schlimmer als die Kids im Kindergarten, wenn man ihnen die Schaufel weggenommen hat.

Die Netiquette von 1995 sollten wir uns ALLE noch einmal vor Augen halten (Auszüge):

1. Vergessen Sie niemals, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt!

Wenn sie ihre Artikel verfassen, denken viele Leute leider nicht daran, dass die Nachrichten nicht von Computern gelesen werden, sondern von anderen Menschen.  Ihre Nachricht kann nicht nur von Leuten im deutschsprachigen Raum gelesen werden, sondern auf der ganzen Welt. Lassen Sie sich also besser nicht zu verbalen Ausbrüchen hinreissen.  Bedenken Sie: Je ausfallender und unhöflicher Sie sich gebärden, desto weniger Leute sind bereit, Ihnen zu helfen, wenn Sie selbst einmal etwas brauchen.  Eine einfache Faustregel: Schreiben Sie nie etwas, was Sie dem Adressaten nicht auch vor anderen Leuten ins Gesicht sagen würden.

2. Erst lesen, dann denken. Noch einmal lesen, noch einmal denken. Und _dann_ erst posten!

Die Gefahr von Missverständnissen ist bei einem schriftlichen Medium besonders hoch. Vergewissern Sie sich mehrmals, dass der Autor des Artikels, auf den Sie antworten wollen, auch das gemeint hat, was Sie denken. Insbesondere sollten Sie darauf achten, ob nicht vielleicht Ironie, Sarkasmus oder eine ähnliche Variante des Humors benutzt wurde, ohne ihn mit dem Smiley-Symbol „:-)“ zu kennzeichnen.

Wenn wir „Netzbewohner“ uns nichtmehr an alte Errungenschaften, wie ein kultiviertes – gern auch kontrovereses – miteinander, besinnen köenne, wie wollen wir das Anderen vermitteln? Auch wir haben eine Verpflichtung: Mit gutem Beispiel voran zu gehen, denen da draussen im Realleben zu zeigen, dass wir keine Freakshow, sondern Menschen sind mit denen man sich sehr wohl auseinander setzen kann. Ihr wollt als $Partei-Sympathisant ernst genommen und geachtet werden? Dann gesteht dieses auch eurem Gegenüber zu.

Das ausgerechnet ICH sowas nochmal schreibe(n muss), hätte ich auch nicht gedacht. Aber wenn ich mir anschaue, wie sich einige der Leute mit denen ich gemeinsam(!) etwas erreichen möchte aufführen, wird mir schwindelig.