„Das Netz“ – Betrachtungen

Johannes Boie schreibt in der Schaltzentrale über seine Wahrnehmung des Netzes und motiviert mich es ihm gleich zu tun..

Im Anfang war das Netz wüst und leer. Dann wurde es vollgestopft mit irrsinnigen Datenmengen. Aber wüst blieb es immer noch. Jeder konnte, jeder durfte seinen Müll im digitalen Raum ablagern. Das war in den neunziger Jahren: knallbunte Webseiten unbekannter Amateure, Server voll illegaler Dateien und der Aufbau effizienter Datennetze zum widerrechtlichen Austausch urheberrechtlich geschützter Dateien.

War es wirklich so? Habe auch ich „das Netz“ so wahr genommen? Als Müllkippe und als Datennetz für den widerrechtlichen Austausch urheberrechtlich geschützter Daten?

OK, ich gebe zu ich habe damals (LANGE verjährt und vor allem bevor „hacken“ ein Straftatbestand war..) mittels Leih-NUIs auf fremden Vaxen „rumgespielt“ und dank Phineas mit anderen „Besuchern des Wirtsystems“ gechattet.  Jaja, die gute, alte Zeit … Aber das war Datex-P und noch nicht „Das Netz“. Die zarten Anfänge des Netzes bedeuteten für mich das Aufkommen von UUCP und Netnews(NNTP). Später dann Archi, Gopher und Konsorten. Aber was waren die Inhalte auf die ich damals Zugriff? Zuerst ist dort die generelle Kommunikation mit Gleichgesinnten zu nennen. Zu den Themen Datenkommunikation (achwas..), Betriebssysteme etc habe ich mich mit Gleichgesinnten aus aller Welt ausgetauscht. Es ging nicht um kopierte Software. Es ging um das Netz und um Computertechnik im Allgemeinen. Dazu noch ein wenig Smalltalk und das schöne war: Man lernte einander kennen. Es gab zwar Pseudonyme (Nicknamen), aber dennoch wurde IMMER auch der Realname angegeben. Ich wusste wer sich hinter den Nicks Frimp, Snake, Ca$h, Framstag und all die Anderen Pseudonymen verbarg. Man war nicht anonym und man benahm sich.

Aber Boie schreib auch im Schlußsatz :

Nach dem Zeitalter der digitalen Anarchie im letzten Jahrhundert kann jetzt ein durchgepflügtes Feld bestellt werden. Die Erträge werden gut sein. Für ganze Branchen ist dies ein Grund aufzuatmen. Für Freunde der digitalen Kultur eher nicht.

Dem ist nicht hinzuzufügen. Denn wie sagte (ich glaube es war) Hacko so treffend: Das Internet ging kaputt als der „KAUFEN-Button“ erfunden wurde. Ich würde sogar soweit gehen, dass „mein“ Netz aufhörte zu existieren als AOL seine Tore öffnete. Nichts hat das Netz so sehr verändert wie der Ansturm der Maßen (motiviert durch die anbietende Industrie!). Nicht dass ich falsch verstanden werde – ich bin fest davon überzeugt dass freie Kommunikation unser aller Leben deutlich bereichert und dass jeder mensch ein Grundrecht hat sich aus allen(!) Quellen mit Informationen zu versorgen. Das generelle Problem, dass ich immer noch sehe ist der Umgang von Kommerz und Politik mit eben diesem Netz.

Und wie siehst Du das Netz – gestern und heute?

Wenn schon von den Chinesen lernen, dann bitte richtig

Nachdem Zensursula nun wohl heute ihr vom Innenminister kontrolliertes Kontrollinstrument in die Hand bekommt, stelle ich fest: Wir lernen von den Chinesen. Wir bauen eine Chinesische Mauer in und um unsere Internetzugänge. DA sind uns die Chinesen voraus, aber wir holen schnell auf.

Warum aber nur im Bereich Internet von China lernen? Ich glaube nicht, dass viele Chinesen mein Blog lesen, aber dennoch geht China den von mir immer und immer wieder angesprochenen Weg, dass man die Binnennachfrage ankurbeln sollte:

Die deutsche Wirtschaft ist in Sorge über die „Buy Chinese“-Initiative der Volksrepublik. Angesichts eines 420-Mrd.-Euro-Konjunkturpakets der Chinesen hatten viele Hoffnung auf neue Aufträge.

schreibt die FTD. Und die Chinesen haben RECHT! Wenn 420 Milliarden chinesische Steuergelder in die Wirtschaft gesteckt werden, so soll doch bitte die lokale Wirtschaft davon profitieren und nicht die deutschen „Kriegsgewinnler“. Was für ein Anrecht hätte die Deutsche Wirtschaft, von chinesischen Steuergeldern zu profitieren? Aber die Lobbyverbände der Industrie (Deutscher Industrie- und Handelskammertag und  Bundesverband der Deutschen Industrie) wettern schon gegen eine Abschottung des Marktes.

Wie hiess es nochmal: Think global, act local? Steuergelder sollten immer zuerst den Einzahlern zugute kommen.