Von Kindern, Müttern und Killerinstinkten

Ich bin ein weitestgehend friedlicher Mensch. Wenn mir etwas massiv auf den Keks werde ich vielleicht laut. schlage eine Tür oder haue auch mal mit der Faust auf den Tisch.  Mir wurde mal sehr detailliert beigebracht wie man Menschen Schmerzen zufügen kann – seit dem ist das doof.

Allerdings gibt es (SEHR selten) Situationen, da will der damals antrainierte Killerinstinkt wieder heraus. Es kämpft in mir – es will ausbrechen, aber bislang habe ich das gut unter Kontrolle. So auch heute, aber es war knapp.

Ort: Hamburger S-Bahn. Zeitpunkt nachmittäglicher Berufsverkehr. Füllstand des Zuges: Übervoll. Gefühlte Temperatur und Luftfeuchtigkeit: 50° und 90%.

Was geschieht an diesem Ort welcher der Hölle so nah zu sein scheint wie kein Zweiter?

Ich bekomme einen Sitzplatz (hurra), befreie mein Buch aus der Tasche, schlage es auf.  Das Kindergeschrei im Hintergrund versuche ich zu ignorieren, dem kleinen Wurm ist genau so warm wie mir, seine Mutter wird die Not gleich lindern. Ich beginne zu lesen, aber die Konzentration will nicht bei den Buchstaben bleiben – sie irrt durch den S-Bahn-Wagen und kreist um dieses kleine schreiende Kinde. Aber seine Mutter wird es sicherlich gleich beruhigen. Meine Konzentration widmet sich ausschließlich dem kreischenden Etwas hinter meinem Rücken. Die Tonlage ändert sich nicht zum Guten, es hört sich nicht so an, als wenn jemand sich auch nur ansatzweise bemüht sein Kind zu beruhigen. Ich versuche wieder zu lesen – ein Absatz und dann erhöre ich das schrille Kreischen dieser Mistgöre. Es geht mir nicht anders als allen anderen Passagieren des Abteils. Aber man hat ein gemeinsames  Gesprächsthema, auch wenn man lauter sprechen muss. Nach ca. 15 Minuten bin ich am Ziel. Das Kind schreit unvermindert und die Mutter steht quasi unbeteiligt neben dem Kinderwagen. Kein versuch dem Gör etwas zu trinken zu geben oder ähnliches.

Liebe Eltern:

Solltet ihr mit euren Kackbratzen in einem Raum mit mir sein, so ist es eure verdammte Schuldigkeit eure Mistmaden zu beruhigen, wenn diese sich aufgrund irgendwelcher Umstände quälen. Ihr habt nicht aufgepasst, also zieht nicht unbeteiligte Mitmenschen mit in euer Elend hinein. Keiner der euch unbekannten Mitmenschen kann etwas dafür das ihr das Kind eh nicht wolltet – das Kind auch nicht! Stellt euer Gör ruhig oder ihr werden körperlich die Summe der Schmerzen erleiden, die ihr eurer Umwelt zufügt. Deal?

Verdammt, jetzt wo das raus ist geht es mir besser. Aber ist doch wahr, oder?

Zen oder die Kunst des Notrufs

Heute war sowohl ein schlechter Tag für Strassen- und S-Bahn-Musiker, als auch für Notrufe.

Ich war heute in der Hamburger Kunsthalle – alte Meister und Pop-Art. Wer mich kennt weiss, dass ich mit der abbildenden Kunst nicht soo viel am Hut habe. Aber der Prinzessin war es versprochen und ….. Ihr kennt das ja.

Auf dem Weg zur Kunsthalle – stilecht mit den öffentlichen Verkehrmitteln – dachte ich mir platzt der Schädel: Eine Kakophonie-Duo bestehend aus Akkordeon und Trompete beschallte den Zug. Tinnitus-Alarm. Morgens um 11:00 wird der Umwelt bewusst warum dass Reizzentrum REIZzentrum heisst. Ich bat das dynamische Duo mit dem unerträglichen Lärm aufzuhören, zumal das musizieren in den hamburger öffentlichen Verkehrsmitteln – man weiss warum – untersagt ist. Auch mein Hinweis auf das Verbotsschild (direkt über dem Kopf des „Akkordeons“) wurde mit Ignoranz gestraft.

Ich bin kein Denunziant, nur wenn mich einer nervt werde ich ungnädig – so auch heute. Überall in der S-Bahn befinden sich Aufkleber mit der Notruf– und Servicenummer der Hamburger S-Bahn: 040 3918000. Und ja, es war ein Notfall: Schlechte, laute „Musik“ ist jederzeit und überall ein Notfall.  In der S-Bahn, eingekerkert ohne  Möglichkeit der Flucht ist das wie die chinesische Wasserfolter.

Das dumme ist nur: Der Anruf der Notruf– und Servicenummer der Hamburger S-Bahn läuft auf eine Ansage: „Bitte wählen Sie die neue einheitliche Servicenummer der Bahn: 01805-996633.“

Hallo? Da pappen überall in der S-Bahn Aufkleber mit einer Notruf und Servicenummer und diese ist nicht gültig? Aber hey, es geht noch besser. Denn wenn man die 01805er Nummer wählt (die neue, einheitliche Notruf und Servicenummer der Bahn..), erklärt eine freundliche Stimme:“Um ihren Anruf besser….. blablablabla“. An dieser Stelle würde ich – wäre ich die Bahn – schon anfangen die Töne des eingehenden (eventuellen) Notrufs mitzuspeichern. Es könnte sein, dass man dann so wunderbare Dialoge als „Best of“ veröffentlichen kann wie:

  • Bahnomat: Guten Tag beim Service der deutschen Bahn.
  • Anrufer: SCHEISSE, das ist ein Automat . Hey, HILFE die drei zücken gerade Messer
  • Bahnomat: Um ihren Anruf besser zuordnen zu können wählen Sie bitte eines der
  • Anrufer: NEIN, klar gebe ich dir mein Telefon, aber stecke bitte das Messer weg. AUAAAAAA, scheisse, röchel
  • Bahnomat: folgenden Themen
  • Anrufer: (Stimme aus dem Hintergrund) Nimm das Portemonnaie des Affen mit, das Telefon hab ich schon *KLACK*

Ja, wer mit der Bahn fährt ist in Sicherheit – die Serviceoffensive zeigt Wirkung. Und Dank Videoüberwachung kann der Überfallene sich dann – nachdem die Täter abhauen konnten – alles nochmal auf Video anschauen. Überwachen können sie, Aufklären wollen sie – nur am VERHINDERN von Taten tun sie sich echt schwer.

Hamburg hat das Zeug Hauptstadt zu werden! (S-Bahn Chaos)

Naja, wir haben (noch) kein Regierungsviertel, aber in gewisser Hinsicht eifert Hamburg der Hauptstadt Berlin nach. Zumindest in Sachen Öffentlicher Nahverkehr.

Als ich heute Morgen mit meiner Prinzessin in den Untergrund des Hamburger S-Bahn-Verbundes hinab stieg ertönte eine Lautsprecherdurchsage, welche zwar absolut unverständlich war, aber aufgrund der Länge der Mitteilung darauf hindeutete, dass es etwas wichtiges war. Aber wahrscheinlich hätten wir es auch nicht verstanden, wenn wir uns bereits auf dem Bahnhof befunden hätten. (Gibt es eigentlich eine Stelle an der man für eine Logopäden für die Sprecher von Verkehrsmitteln spenden kann?)

Erst in der U-Bahn kam ich dann in den Genuss eine verständliche Version der Durchsage zu hören: Die Linien S11 und S2 fallen komplett aus, die Linie S31 verkehrt nur auf einem eher unwichtigen Minimalteilbereich des Schienennetzes. Na super. Habe ich ein Glück, dass ich ausgerechnet auf die einzige(!) überhaupt noch im Betrieb befindliche S-Bahn angewiesen bin.

Auf den Seiten der S-Bahn Hamburg liest sich das wie folgt:

Mo und Di, 21./22.12.09 Behinderungen auf der S3 – Ausfall der S2 und S11
Im Wesentlichen verkehren alle fahrplanmäßigen Züge zwischen Stade und Neugraben als Pendelzüge; jedoch kein 10-Min-Takt Neugraben – Buxtehude.
In Neugraben bitte jeweils umsteigen.
Die Zugfahrten der Linien S2 und S11 fallen ersatzlos aus.
Ursache: Wetterabhängige Fahrzeugausfälle
Wir bitten um Entschuldigung für die entstehenden Unannehmlichkeiten.

Na Bravo S-Bahn. Gerade letzte Woche hatte es die S-Bahn Hamburg ja in die Medien geschafft, weil Sie Strafen für mangelnde Pünktlichkeit zu zahlen hat. Da steht dann wohl wieder eine massive Strafzahlung an. Und wer wird es bezahlen: Die S-Bahn-Kunden, eben WEIL sie unpünktlich oder gar nicht befördert werden. (Anmerkung: Ich hätte oben gern einen Link auf das Hamburger Abendblatt gesetzt, aber dieser Link wird vielleicht irgendwann kostenpflichtig und auf solche Links schicke ich euch doch nicht…)