Wissenschaftler, Gesetze, Theorien und Irrungen

Kreationisten sind ja meine ganz besonderen Freunde. Sie sind bibelgläubig bis zur Selbstaufgabe und glauben allen ernstes, dass die Evolutionstheorie ein Hirngespinst ist und natürlich Adam und Eva den Ursprung menschlichen Lebens darstellen. Lillith vergessen die mal gleich, die hat bei denen nix verloren.

Eines ihrer Argumente GEGEN die Evolutionstheorie ist, dass dies eben nur eine Theorie sei. Wenn es Fakt wäre, würde man es ja wohl nicht als Theorie bezeichnen sagen sie. Aber sie haben Recht – eine Theorie ist rein wissenschaftlich nicht unumstößlich, sie bezeichnet „nur“ den derzeitigen Wissenstand.

Und gerade heute kommt wieder so eine Tatsache ans Licht, die Theorien umstösst:

R136a1 ist nicht nur der hellste und größte bisher bekannte Stern, sondern wiederlegt außerdem gängige astrologische Theorien

Mit diesem Satz beschreibt die FTD nur ganz kurz einen Umsturz der Fakten.

Nach der gängigen Theorie dürfte es den Monsterstern gar nicht geben: 150 Sonnenmassen galten bislang als Obergrenze für stabile Sterne. Im Sternhaufen R136 in der Großen Magellanschen Wolke, einer Satellitengalaxie unserer Milchstraße, stießen die Astronomen jedoch gleich auf vier Sterne, die mehr als 150 Sonnenmassen haben, wie die ESO am Mittwoch an ihrem Hauptsitz in Garching bei München berichtete.

Da müssen gängige Theorien umgeschrieben und neue Grundlagen erarbeitet werden. Sowas passiert – immer wieder. Dies ist aber kein Grund für die Kreationisten sich zu freuen. Denn eine Theorie ist immer das, was wissenschaftlich State-of-the-Art ist und nicht das, woran gerade ein paar verwirrte Seelen glauben wollen.

Auf alle Fälle ist die Astronomie immer noch massiv spannend. Wer mal irgendwann an Alpha Centauri (eine TV-Serie des Bayrischen Rundfunks) vorbeikommt und sich dort (oder anderswo)  von dem Astrophysiker Harald Lesch „den Weltraum und das ganze drumherum“ erklären lassen kann, wird mir recht geben. Auch bei Florian Freistetter und seinem Blog Astrodicticum-simplex darf man gern mal vorbei schaun.

Die meisten Blogger sind keine Zeitungsfuzzis

Blogger müssen besser werden

schreibt der Spiegel und ich denke so bei mir „WTF“. Der Spiegel weiter:

Mehr Personal und mehr Qualität: Das fordern amerikanische Wissenschaftler von Bloggern. Durch Einsparungen in den klassischen Medienunternehmen ist eine ausreichende Nachrichtenversorgung in Gefahr – die Bürgerjournalisten im Internet seien bislang aber keine Alternative.

und ich denke nur „Scheisse“. Das heisst, wir Blogger (ich fühle mich da mal angesprochen) sollen in die Pflicht genommen werden, die durch Einsparungen bei den klassischen Medien entstehende Lücke zu schliessen? Wer sagt das?

Aber es wird noch bunter:

Das liege einerseits daran, dass den Blogs schlicht das Personal fehle, um Geschichten angemessen recherchieren zu können. Andererseits mangele es den meisten Betreibern auch an ausreichendem Kapital und einer angemessenen wirtschaftlichen Expertise, um ihre Angebote langfristig zu etablieren.

Tja, stimmt. Es fehlt das Kapital. Und bei den Veröffentlichern obiger Auswertung offensichtlich auch an Wirtschaftsverständnis, denn wenn die Blogger Kapital erwirtschaften, aus welchem Fundus käme dieses das? Nachdenkpause 1-2-3 – GENAU: Aus dem Fundus, der von den Holzmedien beansprucht wird, der  immer kleiner wird und deshalb die Zeitschriften gerade bedroht (laut Eigenbeleg).

An dieser Studie der amerikanischen University of Missouri massiv stören mich einige Details. Zuerst (natürlich) dass man nicht weiss, ob da Studenten wirklich ihre Meinung sagten, oder ob die University of Missouri schlicht von „Interessenten“ für diese Studie bezahlt wurde: Ergebnis war Teil des Auftrages. Desweiteren frage ich mich, wer mir als Blogger vorschreiben will, worüber ich blogge – in welcher Qualität und in welcher Quantität. Ich zahle für mein Hobby mit Zeit und Investition in Resourcen – niemand hat diesbezüglich einen Anspruch an mich. Und dies ist auch gut so, denn nur so ist sicher gestellt, dass die Inhalte (nicht nur) dieses Blogs wirklich unabhängig sind.

Ausserdem wollen die meisten Blogs gar kein Ersatz für die Kanäle der Holzmedien sein. Blogger sind zumeist Kommentatoren, sie schreiben unabhängig über das von anderen veröffentlichte Weltgeschehen. So wie die meisten Zeitschriften Meldungen von DPA- und Anderen aufbauschen und voneinander abschreiben. Ich will niemals  ein Zeitungsfuzzi sein und ein Thema nicht behandeln dürfen, weil ich sonst Probleme mit Werbepartner bekommen könnte.

Ich will – wie viele andere auch – einfach frei meine Meinung zu den Themen sagen können, die mich interessieren. Ohne Verpflichtung, ohne Zahlpeter der die Richtung vorgibt. DAS ist der Unterschied zwischen Bloggern und Zeitungsfuzzis. Die meisten Blogger arbeiten nach ihrem Gewissen und nicht nach dem Scheckbuch. Deshalb sind Blogger eben auch keine „Qualitätsjournalisten“.

Dieser werbefreie Kommentar wurde auf dem Blog Reizzentrum veröffentlicht 🙂

Der Unterschied zwischen Politikern und Staatsmännern

Ich mache kein Hehl daraus: Ich verneige mich vor unserem letzten wirklichen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Dieser Mann ist gewiss nicht unfehlbar – er ist ein Mensch und hat Schwächen. Aber er ist scharfsinnig und spricht aus, was auszusprechen ist. Mein heutiger „Nachfrühstück-Kaffee“ wurde durch das Lesen eines Interview in der Welt kurzweilig.  Schmidt erklärt der Welt wo ihre Stellung in der Medienlandschaft ist:

Welt am Sonntag: Bei der Südamerika-Reise wurde der Fall politisch.

Schmidt: Es hat sicherlich auch Ministerreisen gegeben, wo jemand seine Geliebte mitgenommen hat. Das sind Themen, die nicht in Qualitätszeitungen gehören. Eine Zeitung von Niveau sollte sich nicht mit dem Privatleben von Politikern beschäftigen, auch nicht mit dem Privatleben großer Künstler oder Wissenschaftler.

BÄMM – Treffer und versenkt. Furztrocken – ohne Anlauf haut der Schmidt mal kurz die Trommel. Und die Welt hat auch Arsch in der Hose und druckt es ab. Respekt.

Auch zum Internet hat Schmidt seine eigene Meinung:

Welt am Sonntag: Gehen Sie ab und zu ins Internet?

Schmidt: Nein. Das machen meine Mitarbeiter. Wenn es um etwas Unwichtiges geht, kann man das auch verwenden. Aber wenn etwas wichtig ist, dann verlange ich, dass es woanders nachgeprüft wird. Es steht so viel Falsches in Wikipedia oder sonst wo online, da bin ich sehr zurückhaltend. Aber das ist natürlich die altmodische Attitüde eines älteren Mannes. Ich bin übrigens skeptisch, ob Zeitungen im Internet jemals Einnahmen erzielen können, die zu Buche schlagen. Das ist bisher nur die große Hoffnung der Verlagschefs. (Hervorhebung von mir)

Sowas nennt man Selbsterkenntnis – eine Gabe von der heute aktive Politiker weitestgehend befreit zu sein scheinen.

Auch spricht er ein massives Problem der heutigen Zeit an:

Schmidt: […]Man sieht es bei fast allen Zeitungen, die haben ihr Niveau schrittweise abgesenkt. Zum Teil aus ökonomischen Gründen, zum Teil, weil die Leser nicht mehr sorgfältig lesen wollen.

Tja, so ist das. Die Frage die bleibt ist. Wenn wir den heutigen „professionellen“ Journalismus als Qualitätsjournalismus bezeichnen, wie nannte man den den früheren Journalismus?

Von solche einem intelligenten Mann können sich unsere heutigen Witzfiguren ruhig mal eine Scheibe abschneiden.