Wie die Gesellschaft Messerstechereien anzettelt

Die Medien (zumindest die in Hamburg) sind voll von Artikeln, die den Fall eines 19Jährigen beschreiben, der am Freitagabend von Mitgliedern einer Gruppe Jugendlicher getötet wurde.

Unglaublich – Jugendliche, die aus der Gruppe heraus im ersten Schritt andere Menschen belästigen und danach stumpf zum Messer greifen und zustechen. Die Medien nennen den Täter bereits „S-Bahn Killer“. Abgesehen davon, dass mirkeine verstorbene S-Bahn bekannt ist, stellt sich die Frage: Wie konnte es soweit kommen?

Wenn der Spiegel schreibt:

Der Intensivtäter ist nach Polizeiangaben vor allem wegen gefährlicher Körperverletzung auffällig geworden. Bei der Staatsanwaltschaft hieß es: „Erstmals ist er bei uns als Zehnjähriger wegen Körperverletzung in Erscheinung getreten.“ (Spiegel)

Der Haupttäter ist jetzt 16 Jahre alt und gilt als Intensivtäter. Ja gottverdammt, was hat die Gesellschaft die letzten 6 Jahre denn getan? Hat sie zugeschaut wie offensichtlich überforderte Eltern nicht in der Lage waren diesen jungen Menschen in die Gesellschaft zu integrieren? Ihm mittels schulischer Bildung eine Perspektive auf eine erfolgreiche Zukunft in der Mitte der Gesellschaft zu vermitteln?

Bei der Erkenntnis, dass mehr als zwei Menschen Opfer dieser Tat sind, könnte ich kotzen. Wir sind nicht bereit (oder nicht in der Lage) den Jugendlichen einen Weg in ihre Zukunft aufzuzeigen und zu ebnen. Wir nehmen sie nicht an die Hand und helfen ihnen, wie es die Gesellschaft früher mit uns tat.

Wir sind doch selbst schuld verdammt nochmal! Wir bekommen die verdiente Quittung. Aber Videoüberwachung scheint immer noch billiger zu sein, als die Schulen vernünftig auszustatten und Kindern und Jugendlichen mit häuslichen Problemen eine helfende Hand zu reichen.

Gesellschaft, Du bist Scheisse.

Also ICH finde den Schäuble ja fast süß

wenn er – wie die FAZ schreibt – vor Panikmache schreibt.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hatte nach den jüngsten Videodrohungen gegen Deutschland indes vor Panikmache gewarnt. „Wir setzen uns nicht in den Zustand der Erregung, den die Terroristen durch Anschläge erzielen wollen“, sagte Schäuble am Montag am Rande eines EU-Innenministertreffens in Brüssel.

gerade er, der der deutschen Bevölkerung seit Jahren versucht klarzumachen, dass hinter jedem Grashalm ein Terrorist lauer, weshalb wir allumfassende Videoüberwachung brauchen. Er, der jeden Bundesbürger unter Generalverdacht stellt und deshalb die volle Kontrolle über unser Kommunikationsverhalten bereits durchgesetzt hat. Gerade ER warnt vor Panikmache?

Schüler habens drauf und die Politiker stehen da wie der „dumme August“

Nach jedweder Gewalttat schreien die berufsbetroffenen aus Politik und Gesellschaft nach mehr Überwachung, mehr Kontrolle und mehr Sicherheit. Am besten sollte jedes Individuum (an Menschen wird von denen nicht gedacht – das wäre kontraproduktiv) in einer Ein-Personen-Zelle vegetieren, welche 24/7 totalüberwacht ist. Oder gleich in Brutzellen, wie in der Matrix – hätte auch etwas.

Der Bezirksschülersprecher von Mittelfranken, Marcel Kieslich, wird vom Spiegel wie folgt zitiert:

Es sind die falschen Forderungen findet Marcel Kieslich, Bezirksschülersprecher von Mittelfranken. „Videoüberwachung, Sicherheitsschleusen oder schusssichere Türen, das schützt uns doch nicht vor neuen Amokläufen“, sagt der 19-Jährige.

„Die Frage ist doch, wie kann es passieren, dass sich ein Mensch so sehr ausgeschlossen fühlt, dass er zu solch einer Tat fähig ist?“ Kieslich will von den Verantwortlichen daher keine Vorschläge hören, welche Maßnahmen während eines Amoklaufs die Schüler besser schützen, sondern was im Vorfeld getan werden kann. Nur mehr Schulpsychologen zu fordern, sei zu wenig. „Das ganze Schulsystem muss überdacht werden“, sagt der Schülervertreter.

Was Marcel Kieslich bei seinen Worten nicht bedenkt sind drei Dinge:

  1. Es geht den Überwachern nicht um ALLE Kinder, sie fürchten nur um ihre eigene Sicherheit – zu der die ihrer eigenen Kinder zählt.
  2. Jegliche Standardüberwachung kann man ohne gross nachzudenken auch in anderen Bereichen, wie Behörden, Krankenhäusern etc. einsetzen. Differenzierte Massnahmen für die Schüler sind kostenaufwendiger.
  3. Nur in einem Klima der Angst (technisch untermauert) kann weiterhin die Gesellschaft im Sinne der „Mächtigen“ manipuliert werden. Selbstbewusstsein ist da fehl am Platze.

Ich will ja nicht behaupten, dass Marcel Kieslich falsch liegt. In meinen Augen hat er das Problem auf den Punkt gebracht, nur ist diese Forderung nicht neu. Man fragt sich nur, warum diesbezüglich nichts geändert wird. Unsere Kinder werden durch die Verkürzung der Schulzeit (schnell lernen!) und durch grössere Klassengemeinschaften nicht gefördert. Auch die steten Streichungen im Bildungssetat sprechen eine deutliche Sprache.

Solange wir unseren Kindern nicht zeigen, welchen Wert sie für uns haben, wird sich nichts an der generell schlechten Situation ändern. Nur mit Achtung und Förderung schafft man Kinder und Heranwachsende, die selbstbewusst und frei leben. Nur wer das gefühl hat, einen Wert darzustellen kann auch anderen einen Wert zubilligen.