Gerechtigkeit für den „Radfahrer“?

Es ist schon über ein Jahr her, dass „der Radfahrer“ (unter der Bezeichnung wurde das Opfer von Polizeigewalt bekannt) anlässlich der Demonstration „Freiheit statt Angst“ am 12 Sept. 2009  in Berlin von Polizisten zusammen geschlagen wurde.

Auch wenn kaum noch jemand auf ein Verfahren zu hoffen wagte, so erfolgt nun endlich die Anklage gegen die beiden direkt beteiligten Polizisten. Warum nicht gegen umstehende Polizisten wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt wird, entzieht sich meiner Kenntnis.

Bisher schweigt die Berliner Staatsanwaltschaft zu der Anklageerhebung. Zuletzt teilte sie nur mit, dass die Ermittlungen kurz vorm Abschluss stünden. Ein Schreiben des zuständigen Staatsanwalts vom 17. November, das der taz vorliegt, hält nun fest, dass gegen die beiden Polizisten „hinsichtlich des Vorwurfs der (gemeinschaftlichen) Körperverletzung im Amt […] Anklage erhoben“ wurde. Konstatiert werden „Körperverletzungshandlungen“ gegen den Geschädigten, bei denen dieser „nicht unerheblich verletzt wurde“.

TAZ

Neues zu Freiheit statt Angst und dem „Radfahrer“

Der TAZ entnehme ich gerade – freudestrahlend – folgende Zeilen:

Zwei Polizisten schlagen einen Demonstranten. Damit nicht genug: Auch ein Verfahren wegen Widerstands hängen sie ihm an. Doch die Polizei scheitert damit grandios. Das Verfahren gegen den damals 37-Jährigen wird nach neun Monaten eingestellt und die Staatsanwaltschaft gibt sogar zu: Der Mann hätte sich gegen die Polizeigewalt wehren dürfen.

Yippie-Ya-Yeah Schweinebacke! Es gibt eine Restgerechtigkeit in diesem Lande! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Ein Staatsanwalt, der erklärt ein Bürger darf sich gegen Polizeigewalt wehren. Der Satz

Daraus folgert die Staatsanwaltschaft schließlich Bemerkenswertes: „Er [der Radfahrer,d. Red.] hätte sich insoweit dieser Maßnahme im Weiteren auch (straflos) widersetzen dürfen.“

ist erlaubt aber nicht nur, dass sich der „Radfahrer“ wehrt, er erlaubt es auch umstehenden Passanten einzugreifen und Nothilfe zu leisten. Man MUSS schliesslich auch fremden Menschen helfen, wenn sie in Not geraten. Der Staatsanwalt stellt mit dieser Aussage die angesprochenen Polizisten auf die gleiche Stufe mit den gewalttätigen Randalierern vor denen und die Polizei eigentlich schützen soll. Diese Polizisten sind nicht besser, als die Schläger die in S-Bahnen harmlose Mitfahrer verprügeln. All dies kann man aus diesem knappen Satz des Staatsanwalts herausinterpretieren. WUNDERBAR!

Das Verfahren gegen die Polizisten läuft noch, aber ich schätze mal, mit der Einstellung DIESES Verfahrens könnte das Verfahren gegen die Schlägerpolizisten sich ins positive wandeln. Denn jetzt sind sie zu einem schweren Ballast für ihre Einheit geworden.

Eine Frage aber bleibt: Wer schützt uns nun vor den Schlägern im Polizeidienst? Doch die Bundeswehr im Innern? (Das war ein WITZ!)

Wenn das Landeskriminalamt „mit Vorrang“ ermittelt

Ja, der echte Mann, der Frauen an den Kopf tritt, wenn sie bereits am Boden liegen, hat wahrscheinlich nichts schlimmes zu befürchten, er braucht nur ein wenig Geduld und dann wird sein Leben und seine Laufbahn den normalen Gang gehen.

Wusel machte mich dankenswerter Weise auf die Ermittlungen von Stefan Kraft aufmerksam. Stefan schrieb gerade am 29.04.2010 einen Artikel im Freitag, in dem er die Ergebnisse seiner Recherchen in Sachen „Polizei vs. Radfahrer“ anlässlich der „Freiheit statt Angst“ Demo in Berlin im September 2009 mitteilt.

Langer Rede kurzer Sinn:

  • Alle Polizisten sind weiterhin im Dienst,
  • ob Anklage erhoben wird ist unklar,
  • die eidesstattlichen Erklärungen der Polizisten sind nicht mit den Videobeweisen in Einklang zu bringen

DAS heißt es, wenn das Landeskriminalamt „mit Vorrang“ ermittelt. Die Täter einer normalen Körperverletzung unter Jugendlichen würden bei der normalen Arbeitsgeschwindigkeit des LKA dann wohl vor Abschluss der Ermittlungen an Altersschwäche sterben.

Und da wundern sich gewisse Herren, wenn die Polizei in Teilen der Gesellschaft eine denkbar schlechte Reputation hat? Was hat der normale Bürger denn bei dieser Art von Rechtsbeugung noch für Möglichkeiten?