Warum wir KEINEN Jugendschutz im Internet brauchen

Ich kann es langsam nicht mehr hören, diese ewigen Beweise der Internetausdrucker Politiker, dass sie sich mit den modernen Kommunikationsmitteln überhaupt nicht mehr zurechtfinden. Der Begriff Medienkompetenz  ist eines der Schlagworte unserer Zeit, warum also wird der medienkompetente Bürger so oft von Vorlagen, Gesetzesentwürfen und Tendenzen erschlagen, die ihn schlicht kopfschüttelnd verzweifeln lassen?

Ich möchte mich einmal  mit der Frage beschäftigen, an welchen Stellen unsere Regierung tatsächlich gefragt sein könnte, die  Jugend vor etwaigen Internetinhalten zu schützen. Ist dieser Bedarf real, oder ist er (von mir aus auch aus Unwissenheit, was es aber nicht besser macht) nur konstruiert.

1) Internetzugriff vom Homecomputer

Kinder und Jugendliche haben keine Möglichkeit Vertragspartner eines Internetproviders zu werden. Die Vertragspartner sind immer die Eltern, denn Kinder und Jugendliche können keineDauerschuldverhältnisse eingehen. Der Taschengeldparagraph  kommt bei dieser Art von Rechstgeschäften ausdrücklich NICHT zur Geltung.  Somit ist an der Stelle schon einmal klar gestellt, dass erstmal ausschließlich Volljährige Zugriff auf das Internet haben. Natürlich überlassen Eltern ihren Kindern auch den Zugriff auf den ihnen gewährten Internetzugang. Dadurch werden die Eltern im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht für das Treiben ihrer Kinder im Internet verantwortlich. Wenn der Staat nun sich dieser Aufgabe annimmt, übernimmt er die Verantwortung welche den Eltern obliegt, er entmündigt die Eltern. Es gibt schon heute technische Möglichkeiten den Zugriff auf das Internet vom Homecomputer zu beschränken.  Der Heiseverlag z.B. hat eine eigene Kategorie in seinem Downloadbereich indem ausschliesslich Kinderschutzsoftware zum runterladen bereit steht. Schon seit Jahren investieren verschiedene Gruppierungen viel Zeit um die Medienkompetenz in allen Bereichen der Bevölkerung auszubauen. Leider gehört Medienkompetenz nicht zu den von unserer Bundesregierung geförderten Bereichen – aber dazu später mehr.

2) Internetzugriff vom Schulcomputer

Computer die in Schulen stehen, müssen schon seit Jahren mit Zugriffbeschränkungen ausgestattet sein. An dieser Stelle dürfte es derzeit absolut keinen Handlungsbedarf geben.

3) Internetzugriff vom Internetcafe

Auch Internetcafes sind dafür verantwortlich zu machen, dass jugendgefährdete Inhalte eben nicht von Jugendlichen aufgerufen werden können. Bei Linksandlaw findet man eine hervorragende Ausarbeitung von Dr. Stephan Ott, so dass ich hier auf dieses Thema wirklich nicht weiter eingehen muss und möchte.

4) Internetzugriff vom Mobiltelefon

Da Mobilfunkverträge – genau wie Festnetzanschlüsse – ausschließlich von voll geschäftsfähigen Personen abgeschlossen werden können, greifen hier die bereits zum ThemaInternetzugriff vom Homecomputer“ gemachten Aussagen. Es ist zu beachten, dass Prepaid-Karten zwar an jeder Supermarktkasse ausliegen und auch von 14-Jährigen erworben werden können, das Telefon selbst aber, kann ein Jugendlicher NICHT ohne Einwilligung der Eltern bekommen. Etwaige Gefälligkeitskäufe – vergl. Alkohol und Zigarettenweitergabe – darf man hier geflissentlich ausser acht lassen.

5) Internetzugriff vom PC des Freundes

Hier gilt wieder der Punkt 1), denn die Eltern des Freundes sind natürlich dafür verantwortlich, was im Kinder- oder Jugendzimmer passiert.

Wo also besteht realer Handlungsbedarf? Ich sehe absolut KEINEN Sinn in einer Ausweitung des Jugendschutzes im Internet. Das einzige, was hier real umgesetzt wird ist eine Entmündigung der Eltern sowie ein eventueller Versuch durch die Hintertür das Internet zentralistisch von Regierungsstellen kontrollierbar zu machen.

Zum Thema Medienkompetenz generell habe ich mir in einem parallel erscheinenden Artikel ein paar Gedanken gemacht.

Jugendschutz.net steigt in den CDU-Wahlkampf ein

Heise berichtet über den gestern vorgelegten Jahresbericht der „Organisation“ Jugendschutz.net:

Die Initiative Jugendschutz.net hat im vergangenen Jahr 3054 neue Verstöße gegen den Jugendschutz registriert. Dies waren 6 Prozent mehr als im Jahr 2007, heißt es in dem heute vorgelegten Jahresbericht (PDF-Datei) der in Mainz ansässigen Zentralstelle der Länder für den Jugendschutz im Internet. Erstmals liegt die Zahl der jährlich registrierten Verstöße über 3000.

Die Veröffentlichung im August ist nichts neues. Ebenso alt ist die Erkenntnis, dass die Zahlen von Jugendschutz.net KEIN Indikator für die wahrlichen Verstösse im Internet sind. Interessant ist dazu der Artikel beim Assoziations-Blaster von 2007:

Als Firma steht jugendschutz.net immer unter dem Druck, durch Projektakquise Gelder zur Bezahlung der Mitarbeiter beschaffen zu müssen. Für eine private Firma ist es nicht verwunderlich, wenn sie versucht, sich immer weitere Märkte zu erschließen, neue Themen aufzugreifen und neue Kunden zu gewinnen. Das verleitet natürlich zu medienwirksamen Kampagnen, einer falschen bzw. übertriebenen Darstellung der Situation und der Produktion von bunten Image-Broschüren.

Es bleibt dabei: Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast.

Finanzieren und Ignorieren

Der Bundestag unterhält (und finanziert diesen von Steuergeldern) einen wissenschaftlichen Dienst. Das Besondere an diesem wissenschaftlichem Dienst scheint zu sein, dass seine Ergebnisse geflissentlich ignoriert werden, wenn diese den politischen Zielen der Parteien nicht ins Bild passen.

So berichtet Heise gerade, dass:

Laut einem heise online vorliegenden Kurzgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags könnte das Wiesbadener Polizeiamt in seiner Funktion als „Zentralstelle Kinderpornographie“ Provider im außereuropäischen Ausland direkt über solche Angebote auf ihren Servern informieren und sich so Umwege über nationale Behörden ersparen.

Was für verheernede Folgen dies hätte, kann man in o.a. Artikel ebenfalls lesen:

Ein Gegenbeispiel für die Praxis des BKA liefert die von den Bundesländern getragene Initiative Jugendschutz.net. Sie geht auf dem „kleinen Dienstweg“ mit direkter Benachrichtigung von Host-Providern erfolgreich vor allem gegen rechtsextreme oder andere jugendgefährdende Inhalte im Netz vor. Laut ihrem Jahresbericht 2007 konnte die Einrichtung in 80 Prozent solcher Fälle erreichen, dass selbst solche Angebote gelöscht wurden, die international nicht derart wie Kinderpornographie geächtet werden.

Aber wenn man denn die Angebote gar nicht von der Server haben möchte, dann muss natürlich ein Ermächtigungsgesetz her.

Dies ist nicht das erste Mal, dass der (wohl eher nicht von den Internetfreaks manipulierbare….) wissenschaftliche Dienst seine Arbeit vergebens macht. Zum Thema Netzzensur wurden dessen Ergebnisse schon einmal einfach ausgeblendet.