Wo führt uns die paranoide Überwachung des Staates hin?

Einen wunderschönen (und auch sehr traurigen) Artikel fand ich eben bei Michael Jäger. Er beschreibt, wie sein Leben mit 80 sein wird – wenn er als ehemaliger Epetitionen-Unterschreiber vom Staat unter besondere Beobachtung gestellt wird und Abschied von seiner Enkelin und seinem Leben nimmt.

UNBEDINGT lesenswert. Leseprobe:

Ich hatte immer gehofft, sie hätte vielleicht ein bisschen Freigeist geerbt. Aber wenn sie es denn hatte, haben sie es abgeschaltet. Einfach abgeschaltet, wie bei den anderen, bei all den anderen, die ernährt wurden und beschäftigt mit Gladiatoren-Kämpfen und Dauerberieselung auf dem Informations-Kanal, dem einen, den es jetzt nur noch gab. Wir hätten uns mehr wehren müssen damals, denke ich oft, aber wir waren zu wenige. Wir hatten die Chance auf Freiheit, auf Demokratie, aber wir haben sie geopfert für die Sicherheit. Die Sicherheit von wem eigentlich. Von uns oder von denen da oben?

Die Deutsche Bahn reagiert auf den Überwachungsskandal: Mit Abmahnung

netzpolitik.org hat Aufklärungsarbeit geleistet und ein Dokument mit dem Titel „Gespräch mit der Deutschen Bahn AG über die Geschäftsbeziehungen des 
Unternehmens mit der Network Deutschland GmbH am 28. Oktober 2008“ veröffentlich. Dieses Dokument wurde Netzpolitik – laut eigener Aussage – anonym zugespielt.

Im Gegensatz zum Thema Datenschutz und Mitarbeiterrechte/Betriebsverfassungsgesetz, Bereiche in denen die Deutsche Bahn offensichtlich die Gesetze nicht soooo ernst nimmt, besitzen die Juristen der Bahn in anderen Bereiche wesentlich mehr Initiative. Als Ergebnis wurde Netzpolitik werden von der Bahn abgemahnt:

Die Deutsche Bahn AG hat mir soeben meine erste Abmahnung für dieses Blog geschickt. Konkret geht es um das interne Memo zur Mitarbeiter-Rasterfahndung bei der Deutschen Bahn, das ich am Samstag hier publiziert habe.

Auch eine Möglichkeit mit Misständen im eigenen Unternehmen umzugehen: Die Aufklärer, die wirkliche Fakten auf den Tisch legen abmahnen.

Wobei es besonders interessant ist, dass die Bahnjuristen versuchen den Paragraphen 17 des UWG anzuwenden. Das Dokument ist NICHT als Geschäftgeheimnis gekennzeichnet – inwiefern sollte jemand, der dieses Dokument „zugespielt“ bekommt, ersehen dass es sich um ein geheimes Dokument handelt? Auch gilt es deutlich zu prüfen, ob die Motivationsgrundlagen, die zu einer Verfolgung nach §17 UWG kommen können, in diesem fall angewandt werden können:

„Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen“

Das einzige Verdachtsmoment, dass in diesem Fall Anwendung finden könnte, ist ein Schaden für die Deutsche Bahn AG. WENN das Dokument dem Ansehen der Bahn schadet, bin ich für die Umsetzung der Produzentenhaftung. Denn dieses – der Deutschen Bahn AG schadende – Dokument, dokumentiert doch höchsten, welchen Bockmist die Bahn im eigenen Hause und eben im „Geheimen“ gemacht hat.

Als nächstes wird ein Staatsanwalt abgemahnt, der Beweise dem Richter vorlegt…..

Immer noch eine Salamischeibe von Datenschutz und Freiheit abschneiden

Als nächstes haben „Sie“ also die Bewegungsprofile der Autofahrer im Visier. Ich frage mich ja wirklich, wie lange die Datensammler rummurren mussten, bis endlich jemand auf diese grandiose Idee des Aufweichens des Datenschutzes kam:

Raser sollen auch in Deutschland durch die umstrittene Radar-Streckenkontrolle ausgebremst werden. Der 47. Verkehrsgerichtstag in Goslar sprach sich nach heftigen Diskussionen für einen Test auf einem besonders gefährlichen Autobahnabschnitt aus.

schreibt die Tagesschau. Was da verharmlosend und wahrheitskaschierend „Radar-Streckenkontrolle“ genannt wird, ist nichts anderes, als die Fremdnutzung der bundesweit installierten Kameras zur Mautdatenerfassung. Heissa, wie genial. Das Mautkonsortium „Toll Collect GmbH“ – bestehend aus Deutschen Telekom (45%iger Gesellschafteranteil), Daimler AG (45%; über Daimler Financial Services; die Daimler AG firmierte damals noch als DaimlerChrysler AG) und der französischen Cofiroute (Compagnie Financière et Industrielle des Autoroutes, 10%)  (Quelle Wikipedia) – kriselt schon seit einer längeren Weile und verdient nicht wirklich das Geld, das man erhoffte. Schon länger wird versucht einen Dual-Use, hat man ihn jetzt?

Die Nutzung der Mautüberwachung für „Geschwindigkeitskontrollen“ könnte sowohl Toll Collect als auch den Überwachungsfans Freudentränen in die Augen treiben. „Raser“ mit Tickets versehen, Toll Collect mit Einnahmen versorgen und so nebenbei kann man auch mal – so eben – rasterfahnden, wenn einem danach ist.

DAGEGEN! Auch als derzeitiger Nicht-Autofahrer!