Der Platz des himmlischen Friedens in Berlin

Wenn Demonstranten sich vor der Polizei fürchten müssen, ist etwas faul im Staate.

Dieser Satz findet sich in der Frankfurter Rundschau – in einem Kommentar von Joachim Frank.

Sorry, wenn ich den einen oder anderen Leser ein wenig mit dem Thema überinformiere. Wie ihr aber wisst ist dieses Blog auch mein Therapieplatz gegen den Frust des hilflosen Bürgers. Und mit diesem Thema würde ich wahrscheinlich das Einfamilienhaus des Therapeuten zahlen.

Joachim Frank schreibt recht emotionslos das, was mich so sauer, böse, enttäuscht und hilflos macht. Wo ist die Grenze zwischen „gut“ und „böse“, wenn eine grössere Ansammlung Polizisten in der Lage ist auf einen nicht gewalttätigen Demonstranten einzuschlagen? KEINER hält sie von diesem Gewaltexess ab. Es ist kein einzener Polizist, der da durchdreht, sondern das Bild das sich uns bietet ist, dass dieses Fehlverhalten von den umstehenden Polizeikräften geduldet, wenn nicht sogar unterstützt wird.

Der Staat hat das Gewaltmonopol und nutzt dieses schamlos aus? Wie anders soll man die Bilder und die daraus folgenden Erkenntnisse interpretieren. Auf einmal denkt man nach. Man denkt nach über Demonstrationen wo uns (den nicht Anwesenden) von der Polizeipressestelle mitgeteilt wurde: „Nach zahlreichen Übergriffen durch Demonstranten musste die Polizei hart durchgreifen“. Seit gestern kann man der Exekutive nicht mehr glauben. KEIN Wort. Wie beschreibt die Polizeipressemitteilung den Vorfall:

Trotz wiederholter Aufforderungen, den Ort zu verlassen, störte insbesondere ein 37-Jähriger weiter. Die Beamten erteilten ihm schließlich einen Platzverweis. Nachdem auch dieser wiederholt ausgesprochen worden war und der Mann keine Anstalten machte, dem nachzukommen, nahmen ihn die Polizisten fest. Hierbei griff ein Unbekannter in das Geschehen ein und versuchte, den Festgenommenen zu befreien, was die Beamten mittels einfacher körperlicher Gewalt verhinderten.

Wer beide Videos gesehen hat, kann das kaum nachvollziehen – hier scheint von zwei unterschiedlichen Handlungen gesprochen zu werden. Auf der einen Seite die Bilder, die zeigen, wie „der Radfahrer“ mittels körperlicher Gewalt gegen sein Fahrrad erst von einem Polizisten angegriffen. Der Polizeibeamte sich dann abwendet und den Ort des geschehens verlässt (tut er das bei einer aktiven Amtshandlung?), woraufhin „der Radfahrer“ sich (trotz der gegen ihn angewandten Gewalt) völlig entspannt Notizen macht.  Oder ist der Radfahrer etwas der „Unbekannte“, der einen festgenommen versucht(e?) zu befreien?

Wie auch immer – allein der Polizeibericht hat nichts mit den Videodokumentationen zu tun.

Was passiert als nächstes? Laufe ich Gefahr von einem Bereitschaftspolizisten krankenhausreif geschlagen zu werden, weil ich ein T-Shirt der Piratenpartei trage? Ist – wie der Kommentator in der Frankfurter Rundschau schreibt – die Teilnahme an einer friedlichen Demonstration etwas für Lebensmüde? Ich bekomme Angst, wenn ich die Pläne unseres Innenministers Schäuble denke, die Bundeswehr auch im Innern einzusetzen. Dann ist der Platz des himmlischen Friedens auch in Berlin und Hamburg und München. Es ist nur eine Frage der Zeit.

Mir ist das VIEL zu einfach

was die Polizeipressestelle in Berlin als „einfache körperlicher Gewalt“ bezeichnet. „Einfache körperliche Gewalt, würde ich als das bezeichnen, was im „Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes“ (kurz UZwG) definiert ist. Denn wenn wir im UZwG nachschlagen, steht dort im §4:

§ 4 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Die Vollzugsbeamten haben bei der Anwendung unmittelbaren Zwanges unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenigen zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigen.
(2) Ein durch eine Maßnahme des unmittelbaren Zwanges zu erwartender Schaden darf nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen.
DAS würde ICH als „einfache körperliche Gewalt bezeichnen. Angemessene Anwendung von Gewalt. Was aber in berlin passierte scheint mir deutlich unangemessen und den Straftatbestand der Körperverletzung zu erfüllen. Ich will ja nichts behaupten, aber die Polizeipressemitteilung sieht schon deutlich „politisch beschwichtigend“ und herunter spielend aus.
Ich möchte klarstellen, dass ich sehr nette Polizisten kenne, die ich eher als Pazifisten denn als brutale Schläger bezeichnen würde. Das was sich am 12.09.2009 in Berlin abspielte, wareine Gewalttat von wenigen Polizisten, die das Ansehen einer ganzen Berufsgruppe schaden. Polizisten, die gegen Kollegen Aussage, werden polizeiintern als Netsbeschmutzer bezeichnet. Die wahren Nestbeschmutzer sind allerdings die Schläger, wie sie auf dem Video (dankenswerter Weise!) festgehalten wurden. Anscheinend gehört heutzutage schon Courage dazu, in diesem Lande dem Recht zu dienen.
Wehrt euch gegen ein Regime, dass seine Macht mit gewalt erhält. Wenn heute schon Polizisten Demonstranten verprügeln, was machen eben diese Polizisten mit euren Daten auf die sie Zugriff haben? Muss ich – als kritischer Blogger – anfangen mir Sorgen um meine körperliche Unversehrtheit machen?