TV-Duell war einmal – nun kommt das Internet-Duell

Ist es nicht schön: Steinmeier und Merkel wollen kein weiteres Fernsehduell austragen.

Nach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auch SPD-Herausforderer Frank-Walter Steinmeier die Teilnahme an weiteren Fernsehdebatten vor der Bundestagswahl abgesagt. (Quelle Spiegel)

Ich finde dies ist eine konsequente Umsetzung der Erfahrungen aus dem Obama-Wahlkampf: Die Schlacht wird ins Internet verlegt. Es treten nicht mehr die Profis an, sondern die Wadenbeisser werden ins Internet gelassen. Auf allen Seiten. Schöne Beispiele sind (und ich integriere hier bewusst keine Links) Verbalkämpfe gegen Dieter Nuhr, der sich (auf seine bekannte Art) mit der Piratenpartei beschäftigt hat und von „kleinen Jungs“ argumentationslos runtergemacht wurde. Wie kann er es auch nur wagen etwas gegen die Piratenpartei zu sagen? Das ich Mitglied der Piratenpartei bin ist kein Geheimnis, aber man muss doch nicht auf alles reagieren! Einfach mal die Klappe halten und Kritik auch mal wirken lassen – könnte doch was dran sein. Aber im Internet darf – ja MUSS – man die Klappe aufreissen.

Auf einem anderen Schauplatz wird ein Pirat dafür runtergeputzt, dass er dem falschen Medium ein Interview gab. Ja, aber HALLO! Wie kann er nur? Auch das Eingestehen eines Fehlers und eine Entschuldigung wird nicht als Ende der Auseinandersetzung akzeptiert. Das war was und das MUSS bis zum Erbrechen immer und immer wieder ausgewälzt werden. Eine Metadiskussion ist die Folge.

Manchmal frage ich mich, ob manche Leute eigentlich noch einen letzten Funken Selbstreflektion und Anstand behalten, wenn sie sich hinter die Tastatur setzen. Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden. Wo bleibt die grosse Akzeptanz, die vielbeschworene Offenheit „des Netzes“? WIR Netzaktiven verhalten uns teilweise schlimmer als die Kids im Kindergarten, wenn man ihnen die Schaufel weggenommen hat.

Die Netiquette von 1995 sollten wir uns ALLE noch einmal vor Augen halten (Auszüge):

1. Vergessen Sie niemals, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt!

Wenn sie ihre Artikel verfassen, denken viele Leute leider nicht daran, dass die Nachrichten nicht von Computern gelesen werden, sondern von anderen Menschen.  Ihre Nachricht kann nicht nur von Leuten im deutschsprachigen Raum gelesen werden, sondern auf der ganzen Welt. Lassen Sie sich also besser nicht zu verbalen Ausbrüchen hinreissen.  Bedenken Sie: Je ausfallender und unhöflicher Sie sich gebärden, desto weniger Leute sind bereit, Ihnen zu helfen, wenn Sie selbst einmal etwas brauchen.  Eine einfache Faustregel: Schreiben Sie nie etwas, was Sie dem Adressaten nicht auch vor anderen Leuten ins Gesicht sagen würden.

2. Erst lesen, dann denken. Noch einmal lesen, noch einmal denken. Und _dann_ erst posten!

Die Gefahr von Missverständnissen ist bei einem schriftlichen Medium besonders hoch. Vergewissern Sie sich mehrmals, dass der Autor des Artikels, auf den Sie antworten wollen, auch das gemeint hat, was Sie denken. Insbesondere sollten Sie darauf achten, ob nicht vielleicht Ironie, Sarkasmus oder eine ähnliche Variante des Humors benutzt wurde, ohne ihn mit dem Smiley-Symbol „:-)“ zu kennzeichnen.

Wenn wir „Netzbewohner“ uns nichtmehr an alte Errungenschaften, wie ein kultiviertes – gern auch kontrovereses – miteinander, besinnen köenne, wie wollen wir das Anderen vermitteln? Auch wir haben eine Verpflichtung: Mit gutem Beispiel voran zu gehen, denen da draussen im Realleben zu zeigen, dass wir keine Freakshow, sondern Menschen sind mit denen man sich sehr wohl auseinander setzen kann. Ihr wollt als $Partei-Sympathisant ernst genommen und geachtet werden? Dann gesteht dieses auch eurem Gegenüber zu.

Das ausgerechnet ICH sowas nochmal schreibe(n muss), hätte ich auch nicht gedacht. Aber wenn ich mir anschaue, wie sich einige der Leute mit denen ich gemeinsam(!) etwas erreichen möchte aufführen, wird mir schwindelig.

Merkel und Guttenberg – Stan und Laurel des 21sten Jahrhunderts

Nach der Entscheidung des GM-Verwaltungsrates wird die EU plötzlich hellhörig: Die Europäische Kommission hat die Industrieminister einberufen – und prüft nun, ob Opel von unerlaubten Beihilfen profitiert. Vor allem Belgien macht Druck, weil es nach dem Magna-Plan sein Antwerpener Werk verliert. Am Ende könnte der ganze Deal platzen.

schreibt die Welt und weiter:

Die Kommission pocht darauf, dass bei der Gewährung von Staatshilfen für Opel keine Standorte benachteiligt werden dürfen. Die Behörde könnte die 4,5 Milliarden Euro Kredite und Bürgschaften für Opel als unerlaubte Beihilfen ablehnen.

aber macht ja nix. Die Verantwortung dafür hat ja maßgeblich der Guttenberg. Wissen Sie, das ist unser Neuer, der kennt sich noch nicht so aus mit Politik und internationalen rechtsnormen. Das sehen sie schon daran, dass er die Arbeit seines Ministeriums von englischen Rechtsanwaltsbüros machen lässt. Also lassen sie diesen Grünling zufrieden – er hat Welpenschutz. Aber öffentlichkeitswirksam lächeln, das kann er. Ist doch auch was.

Achja, die Merkel macht ein betroffendes Gesicht und lässt über Ihren Regierungssprecher mitteilen, dass etwaige fachkundige Kritiker bitte den Schnabel halten sollen.

GM entscheidet über Opel und Gutenzwerg wird sich feiern lassen

Ich ahne es ja schon auf uns zukommen: Gutenberg und Merkel werden sich feiern lassen, für die Entscheidung General Motors die Adam Open AG an den Magna verkaufen zu wollen.

GM ist zur Abgabe des Autobauers Opel an Magna bereit. Das berichtet dpa unter Berufung auf Verhandlungskreise. Eine entsprechende Empfehlung habe der GM-Verwaltungsrat gegeben. Opel solle aus dem Konzern herausgelöst und von Magna übernommen werden. Die endgültigen Details müssten aber noch ausgehandelt werden, hieß es. Damit hätte sich der Wunschkandidat von Bund und Ländern durchgesetzt. (Quelle: Sueddeutsche)

Obschon Gutenberg und die Merkelsche eher wenig zu diesem Deal beigetragen haben und zitternd bangend in die zweite Reihe verband wurden, als es um die wirkliche Entscheidung ging. Gross war die Welle die in Berlin gemacht wurde, nächtelange – und wichtige!! – Tagungen, die am Ende aber nur zu einer Erkenntnis führten: Die Deutschen hatten NULL Einfluss auf die Entscheidung des amerikanischen Eigentümers der Adam Opel AG.

Aber nun – gerade kurz vor der Bundestagswahl – sehe ich schon die Interviews mit den verstrahlten Bildern des Gutenbergs: Er ist der Retter. Oder sollte Springer mich enttäuschen?