Gutti-Hype bringt Realitätsverlust wie ’33

Ich lese gerade in der FAZ einen Bericht über die Demonstrationen der Gutti-Jünger:

  • „Neid muss man sich erarbeiten“

Neid? Einem Betrüger neide ich nichts. Auch einem Lügner nicht. Ich verabscheue höchstens Menschen, die diesbezüglich agieren.

Guttenbergs Vater erklärt:

„Dieser Geifer und Jagdrausch der politischen Gegner macht Angst um das Verbleiben der Mitmenschlichkeit in unserem Land“, sagte Enoch zu Guttenberg.

Was mir Anhgst macht ist, wie viele Menschen Straftäter und unmoralische Menschen in höchsten politischen Ämtern sehen wollen. Die Menschlichkeit gewinnt, wenn die Selbstdarsteller wie Guttenberg aus Politik und Wirtschaft gejagt werden und die entsprechenden Posten wieder mit anständigen Menschen besetzt werden.

Guttenbergs Vater erklärte weiter:

Die Schläge unter die Gürtellinie seien so massiv gewesen, dass sie für alle in der Familie schwer zu ertragen gewesen seien.

und vielleicht hat er Recht. Aber wer hat denn Schuld, dass man seinem Sohn die Fakten so brutal um die Ohren schlagen musste. Es war doch wohl sein – von Enno von Guttenberg erzogene – Sohn der stets leugnete und herunterspielte. Aber an den Worten des Dirigenten sieht man mal wieder: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Mein Vater hätte mich schon bei ersten Anzeichen des Betruges zur Seite genommen und mir die Leviten gelesen. Der Adel allerdings ist halt pauschal schuldbefreit.

Auch gab es wohl Plakate von Menschen, die im Geschichtsunterricht in der letzten Reihe Karten spielten und nicht dem Unterrichtsstoff folgten:

„Ein Guttenberg tritt nicht zurück, er nimmt nur eine Auszeit“

Die wirklich anständigen hohen Herren nahmen keine Auszeit, sondern entschuldigten sich für einen Moment in ihr Arbeitszimmer – dann ertönte der Knall eines Schusses. Aber diese Art von Anstand ist lange verraucht, zwischen Opernball, BILD und Aktienkursen.

Ich habe nie verstanden, wie ein Wirrkopf wie Adolf Hitler es schaffen konnte – mittels demokratischer Wahlen – an die Macht zu kommen. Jetzt verstehe ich und bekomme ein wenig Angst.

Soldaten meckern über Merkel und meinen Guttenberg

Es ist schon interessant, wie die Springerpresse herumlaviert um sich ein Option „Gutti ist zurück!“ offen zu halten. Wenn ich heute in der Welt lese:

Angesichts der geplanten Sparmaßnahmen im Verteidigungshaushalt wirft der Deutsche Bundeswehrverband Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fehlende Wertschätzung der Soldatinnen und Soldaten vor.

Hintergrund dieser Kritik ist die Entscheidung der Regierung, das Weihnachtsgeld der Soldaten zu kürzen – obwohl eigentlich vorgesehen war, die seit 2006 halbierte Sonderzahlung ab 2011 wieder in voller Höhe zu überweisen. Ende September beschloss der Bundestag jedoch auf Antrag der Regierungsfraktionen, die Kürzung weiter fortzuschreiben.

Ende September? *Kopfkratz* Wer war da nochmal oberster Dienstherr unserer Soldaten? War das nicht die Lichtgestalt zu Guttenberg, der Mann der seinen Job so hervorragend machte? Wer wenn nicht Guttenberg sollte sich so endlos ins Zeug legen, damit eben das jetzt hier kritisierte nicht eintritt? Wo war Guttenberg im September 2010? Warum hat er sich nicht für „seine“ Soldaten eingesetzt, denen er noch in seiner Rücktrittsrede – leider wieder nur verbal – beistand?

Der offene Brief des Bundeswehrverbandes ist bei der Welt runterladbar.

Das Timing erscheint mir hochgradig verdächtig und ich frage mich ob und von wem da vielleicht „motiviert“ oder gar manipuliert wurde. Denn ich interpretiere den Vorgang wie folgt:

Guttenberg hat seinen Soldaten im Parlament nicht genügend den Rücken gestärkt. „Seine“ Soldaten waren für ihn nur als Kulisse für seine Rambo-Auftritte und Talkshow interessant, weil medienwirksam.

Warum dann aber jetzt die Schelte an die Kanzlerin? Nicht, dass ich sie generell in Schutz nehmen möchte – die hat genug Dreck am Stecken – aber hier trifft es die falsche Person.

 

Guttenberg war anscheinend schon als Abiturient ein Schwindler

Schon zur Schulzeit zeichnete sich ab, welche Stellenwert Wahrheit und Aufrichtigkeit im Leben des ehemaligen Verteidigungsministers haben:

Die Süddeutsche berichtet, welch hohe Meinung die Mitschüler in der Abi-Zeitung des Freiherrn zu Guttenberg über ihren Mitschüler kund taten.

„Karl hätte neben seiner echten freiherrlichen Würde ohne weiteres zum Ausredenbaron gekürt werden können. Dem aufmerksamen Leser seiner jeweiligen Entschuldigungsgründe müßte daher aufgefallen sein, daß zum Beispiel seine Mutter innerhalb von zwei Monaten etwa fünf Kinder bekam.“

„Seinen Reden nach zu schließen, war er mit keiner noch so abwegigen Situation unvertraut und setzte überall Superlative.“

Der Text endet mit einem Ausspruch, offenbar dem eines Lehrers: „Zitat Hamberger: Sie arroganter Schnösel.“

Es macht mich sehr-sehr traurig, dass die Mitschüler und Lehrer Guttenbergs offensichtlich deutlich mehr Menschenkenntnis besitzen als unsere Kanzlerin, die diesem „arroganter Schnösel“ und „Ausredenbaron“ bis zuletzt den Rücken stärkte.

Ganz zum Schluss habe ich mittlerweile ein wenig Mitleid mit der Stefanie, Freifrau zu Guttenberg. Ich kann mir das Zusammenleben mit einem Partner(Partnerin) nicht vorstellen, zu dem es ratsam erscheint selbst beim Nennen der Uhrzeit misstrauisch zu sein.