Die TAZ folgt dem Spiegel und übernimmt amerikanische Meinungsmache

Da hat sich also Osama bin Laden aufnehmen lassen (oder „wurde er aufgenommen“? – macht ja einen Unterschied), wie er – ich zitiere hier mal die TAZ – auf einem „schäbigen Mini-Fernseher“ „Nachrichten über sich selbst schaut“.

Was ist an einem Mini-Fernseher schäbig? Sind all Diejenigen, die sich keine LED-Breitwand Glotze mit 2 Metern Bildschirmdiagonale schäbig ausgestattet? Ab wann wird ein TV-Gerät standesgemäß? Die Antwort auf diese Frage bleibt Agnes Tandler leider schuldig.

Statt des gefährlichsten Mannes der Erde zeigen die Aufnahmen einen alten, gebrechlich wirkenden Mann mit grauen Haaren und grauem Bart, der sich an seinem Ruhm längst vergangener Tage erfreut.

Nicht nur vor Fidel Castro, hatten die USA bis zum Ende seiner Amtszeit einen gehörigen Respekt. Und was ist mit dem Bush? War der nicht auch eher grenzdebil und von den Vasallen der Wirtschaft ferngelenkt? Erfreut sich bin Laden wirklich „am Ruhm vergangener Tage“? Woran kann man dies erkennen? Ich habe nur Standbilder gesehen, nicht das ganze Video. Erklärt Bin Laden – während das Video läuft – was für ein toller Hecht er ist/war?

Der Raum, in dem der Al-Qaida-Boss Fernsehen schaut, erinnert mehr an ein Gefängnis als an eine luxuriöse Residenz. Das Zimmer ist karg eingerichtet, die Wände sind leer, nackte Kabel verstärken den Eindruck der Trostlosigkeit.

Dieser Satz zeigt wunderbar einen der Gründe, warum es den Terrorismus überhaupt gibt: Die masslose Überheblichkeit der Menschen, die sich selbst als zivilisiert bezeichnen. Wertet es einen Menschen ab, wenn er sich nicht in einer 5-Sterne Luxusresidenz aufhält, die er sich – wie die Burgherren des Mittelalters – von seinem Volk bezahlen lässt? Ist es nicht viel schäbiger, mit welchen Pomp sich einige westliche Wirtschafts- und Staatslenker umgeben?

Bei dem Absatz über ein anderes Video musste ich an den klagefreudigen Ex-Bundeskanzler Schröder denken, der ja stets bestritt sein Haupthaar zu tönen/färben:

Zwar ist bin Laden auf den Video-Botschaften in einem besseren Zustand und hat gefärbte Haare und Bart, doch auch diese Clips scheinen einen wenig zuversichtlichen bin Laden zu zeigen.

Ich will hier nicht Partei für Al Qaida oder bin Laden ergreifen. Mörder sind und bleiben Mörder. Die Art und Weise der Berichterstattung allerdings finde ich bemerkenswert. Denn es geht hier offensichtlich nicht um die Verbreitung von Informationen (Nachrichten), sondern es wird Manipulation betrieben. Dass sich die TAZ vor den amerikanischen Infokrieg-Karren spannen lässt ist mir in dieser platten Form noch nicht oft aufgefallen.

Schön passt dazu der Kommentar Tarik Ahmia, der an der Seite eingeblendet wurde als ich den originären Artikel las:

Durch eine oft undistanzierte Berichterstattung haben sich Zeitungen, Fernseh- und Radiosender ohne Not von journalistischen Grundregeln verabschiedet und sich bereitwillig als Propagandawerkzeuge instrumentalisieren lassen.

Dem ist nichts hinzuzufügen. TAZ, setzen – SECHS!

Die ARD gibt mir Resthoffnung dass der Anstand noch nicht verloren ist

Der Chefredakteur des WDR Jörg Schönenborn gibt mir ein wenig Hoffnung zurück, dass nicht alle Menschen in unserem Staat blutrünstige Racheengel sind, sondern dass es noch ein paar Menschen gibt, die rechtsstaatliche Prinzipien als Errungenschaft werten:

httpv://www.youtube.com/watch?v=ePt0jSjJJTk

Zivilisierte Völker haben einst das Völkerrecht geschaffen. Sie haben sich sich darauf verständigt, dass Verbrecher vor den internationalen Gerichtshof gestellt werden.

Mein Verständnis von einem Rechtsstaat ist nicht, dass Mörder einfach abgeknallt werden.

Sehr geehrter Herr Schönenborn. Allein für ihren Kommentar bezahle ich gern 3 Monate lang GEZ. Denn solche sachlichen Auseinandersetzungen sind für die „blutrünstige“ Boulevardjournaille schlicht nicht umsatzfördernd.

Auf die Frage wem der Tod bin Ladens nützt, kann es eine weitere Antwort geben: Der Tod bin Ladens kann sowohl den amerikanischen Geheimdiensten nutzen, die bei einer Gerichtsverhandlung eventuell hätten aus dem „Nähkästchen“ plaudern müssen. Ihre Rolle beim Aufstieg bin Ladens ist nicht einwandfrei geklärt und den US-Amerikanern ganz sicher ausgesprochen peinlich.