Führerscheinerweiterung B196 und elektrisches Zweirad

Vorwort – wieso dieser Artikel entstanden ist

Ich fahre – wie vielleicht bekannt ist – seit vielen Jahren ein 50 cm³ Roller. In der Stadt OK um vorwärtszukommen, macht aber Lärm, verbrennt Ölderivate und ist nicht(!) autobahntauglich. Die autobahntauglichkeit ist ein recht großes Manko, wenn man in der von der Elbe geteilten Stadt Hamburg wohnt und doch einige Menschen auf der „anderen Seite“ wohnen hat. So beträgt die Fahrzeit zu meinem Bruder (egal ob ÖPNV oder 50 cm³) über eine Stunde, da ich nicht durch den Elbtunnel fahren darf, sondern den großen Umweg über die Elbbrücken nehmen muss. Eine Fahrt durch den Elbtunnel schafft man in der Hälfte der Zeit.

Einen PKW werde ich nicht mehr käuflich erwerben oder leasen – PUNKT! Brauche ich in der Stadt nicht, ein motorisiertes Zweirad allerdings ist in meinen Augen „möglich“. Als ich schon vor einer Weile von der Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und der Schlüsselzahl B196 las (mehr unten) nahm der Virus in mir seine Arbeit auf. Der Gedanke keimte und keimte und nachdem ich das Zweirad der Wahl (mehr unten) gefunden war, musste die Erweiterung der Fahrerlaubnis her. Warum keinen Führerschein Klasse A, sondern die Erweiterung B196?
Ganz einfach: Eine Kostenfrage. In Hamburg sind die Kosten für Führerscheine relativ hoch. Die Erweiterung B196 kosten mich ca. 900 €, ein Führerschein Klasse A hätte mich fast das Dreifache gekostet. Und die Klasse bis 125 cm³ reicht für meine Ansprüche völlig aus.

In diesem Artikel geht es also um zwei Themen:
Einmal um die Führerscheinerweiterung B196, mit der geneigte Menschen mit der Fahrerlaubnis „B“ unter gewissen Umständen relativ(!) preiswert in die Lage versetzt werden, Motorräder mit bis zu 125 cm³ zu fahren.
Zweitens um eben diese Motorräder mit bis zu 125 cm³ – aber bitte mit Elektroantrieb.

Fahrerlaubnis der Klasse B mit der Schlüsselzahl 196

In der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ist unter 6B definiert, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind:

– Das Mindestalter ist 25 Jahre
– Mindestens 5 Jahre im Besitz der Fahrerlaubnis „B“
– Teilnahme an Unterricht in einer Fahrschule (Theorie und Praxis)
ABER: Keine Fahrprüfung!

Erforderlich ist die Teilnahme an 4 theoretischen DOPPELStunden sowie an 5 praktischen DOPPELStunden. Wobei die Fahrschule auch nach den praktischen Stunden in der Lage ist, die Aushändigung der Bescheinigung zu verweigern, sollte der/die/das AnwärterIn noch zu unsicher sein.
Sollte man/frau (wie ich) bereits im Besitz eines passenden Motorrades sein, besteht die Möglichkeit, die praktischen Fahrstunden bereits auf dem eigenen Bock abzulegen. Ich möchte dies unbedingt empfehlen! Ich habe die erste Fahrstunde auf einer 125er Yamaha (Verbrenner) gemacht und gestern meine zweite Doppelstunde auf dem eigenen Motorrad(elektrisch) gemacht. Und es gibt deutliche Unterschiede im Fahrverhalten. Nicht nur die – bei elektrisch normale – deutlich bessere Beschleunigung, sondern vor allem das generelle Fahrverhalten (deutlich tieferer Schwerpunkt, dadurch anderes Kurven/Ausweichverhalten) unterscheiden sich doch merklich. Wenn ich also „den Lappen“ habe, habe ich auf „meinem Gerät“ schon Erfahrung „an der Hand“ des Fahrlehrers sammeln können.

Um mit dem eigenen Motorrad die praktischen Fahrstunden ableisten zu können, sind zwei Voraussetzungen zu erfüllen:
– Die Fahrschule muss damit einverstanden sein und:
– Die Versicherung muss eine Fahrschulbestätigung erteilen, damit man nicht unversichert unterwegs ist. Schließlich fährt man noch ohne die nötige Fahrerlaubnis!

Das elektrische Zweirad 125 cm³

Um eine 125er zu fahren, braucht man nicht nur die Fahrerlaubnis, sondern auch die Hardware muss angeschafft werden. Es gibt mittlerweile diverse Anbieter eben dieser Motorräder, aber es gibt auch sehr große Unterschiede. Auf diese möchte ich hier ein wenig eingehen und meine Entscheidungsfindung mitteilen.

Im Bereich Leistung fängt es an. Es gibt tatsächlich Motorräder dieser Klasse, die mal gerade eben 70 km/h schaffen. Da ich – wie oben beschrieben – teilweise auch über die Autobahn fahren muss (auch wenn im Elbtunnel die Höchstgeschwindigkeit nur 80 km/h beträgt), wäre sind mir 70 km/h zu wenig. Es ist kein Spaß, wenn die LKWs von hinten mit 20 km/h mehr ankommen und man Angst haben muss, dass diese einen anschieben. Mein „Mittel der Wahl“ sollte also mindestens 90 km/h fahren können.

Reichweite ist ein weiterer wichtiger Punkt. Ich glaube, die kleinsten Elektrozossen haben eine Reichweite von ca. 45 km. Damit schafft man vielleicht den Arbeitsweg, ist aber generell doch ein wenig eingeschränkt. Hier ist mehr, einfach nur mehr.

Auch der Stauraum sollte betrachtet werden. Beim kleinen Roller passte ein Helm ins Helmfach, sollte ich mit meiner Prinzessin unterwegs sein, musste sie ihren Helm bei sich führen – oder es braucht eine Gepäckbox. Die meisten Hersteller von Motorrädern mit Elektroantrieb machen es sich einfach: Die Akkus kommen dorthin, wo man ein Helmfach vermutet. Helmfach also komplett Fehlanzeige. Da passt dann höchsten ein paar Handschuhe hinein. Für mich ein absolutes NoGo. Denn ich nutze das Motorrad ja auch, um mal einzukaufen und dann ist Platz ein absolutes Must-Have.

Nachdem die Minimalkonfiguration definiert war, ging es ums „Eingemachte“. Ein paar Modelle blieben auf der Liste, der Mindestpreis wurde deutlich angehoben. Unter ~5000 € ist da leider nichts zu holen. Und nach oben ist das GANZ viel Luft. Von Leistung und Ausstattung her würde mir BMW CE 04 auch gefallen. Aber sowohl Preis (AB 12.000 €) als auch die Optik haben mich nicht wirklich überzeugt.

Seat Mo 125

Es wurde dann die Seat Mo 125. Kaufpreis ein wenig mehr als die Hälfte der BMW und alle meine Vorgaben wurden erfüllt. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt ~95 km/h, die Reichweite bis zu 135 km. Und der Clou ist das Helmfach, denn hier passen – bauartbedingt – sogar 2 Helme hinein. Der Akku sitzt nicht im Helmfach, sondern an der Stelle, an dem andere Motorräder den Motor haben, als Motor fungiert ein Radnabenantrieb. Dadurch wird unter der Sitzbank ganz viel Platz verfügbar.

Den Akku kann man entweder direkt (sollte das Fahrzeug in der Garage stehen, oder man eine Außensteckdose haben) an einen Stromanschluss hängen, oder man nimmt den Akku „einfach“ heraus. Der Akku kann – mit fest integriertem Handgriff und Rädern! – wie ein Trolley transportiert werden. Was bei 45 Kg auch unbedingt praktisch ist. Auch sollte man nicht im dritten Stock ohne Fahrstuhl wohnen – da wäre das Gewicht ein NoGo. Ich habe zwar keine Außensteckdose, aber einen Keller mit ebenerdigem Zugang – insofern ist diese Lösung für mich ideal. Das Herausnehmen und wieder hereinstecken des Akkus gelingt tadellos, da hatte ich ein bisschen Bammel, dass es hakelig wird. Aber: Alles gut.

Die Moe 125 cm³ hat drei Fahrmodi:
– Eco bis 65 km/h
– City bis 85 km/h
– Sport bis Endgeschwindigkeit
Ich finde dies Unterteilung für meine Bedürfnisse ideal. Wobei ich Eco wohl als Standard-Modus nutzen werde und nur auf besonderen Strecken mal auf City oder gar Sport schalten werde. 65 km/h (Tachoanzeige 70 – diese 70 km/h wurden gestern von meinem hinterherfahrenden Fahrlehrer bestätigt, sein Tacho zeigte auch 70 km/h) reichen in der Stadt komplett aus – und spart Akku. Da kann eine Geschwindigkeitsüberschreitung (durch Unachtsamkeit) nicht zu fiese Folgen haben. Auf der B75 (über welche ich zur Arbeit fahren werde) gilt die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h – also ist hier City-Modus angesagt. Und die kurze Strecke auf der Autobahn, da kann man dann ein paar Kilometer „Gas geben.“

Erster Fahreindruck der Mo 125

Gestern hatte ich meine erste Fahrstunde auf dem neuen Gerät – noch darf ich ja nicht selbstständig fahren. Aber um das Gerät mal zu bewegen, reichte es völlig. Da ich meinem Fahrlehrer erklärte, dass ich – ganz anderer Schwerpunkt etc. – erstmal auf dem neuen Motorrad ein wenig üben wollte, und ich die Ausweichübung noch machen musste, baute er auch den Slalom nochmal auf. Und was soll ich sagen: Den Slalom habe ich deutlich sicherer (und schneller) durchfahren, als auf der Verbrenner-Yamaha. Der niedrige Schwerpunkt zahlt sich hier absolut aus.

Nach den ersten „Holger wird auf dem Hobel warm.“-Übungen ging es dann ein wenig durch die Stadt und eine „kleine“ (Höchstgeschwindigkeit 70 km/h) Landstraße und ich dufte ein wenig mehr am Gashahn drehen. HOLLA, das macht Spaß. Nicht nur, dass elektrische Fahrzeuge verdammt gute Beschleunigungswerte haben, auch das quasi lautlose dahingleiten ist einfach genial. Früher fand ich „Geschwindigkeit/Leistung muss man hören“, aber davon bin ich lange weg.

Was ich allerdings feststellen musste ist, dass ein Jet-Helm tatsächlich nur für Geschwindigkeiten bis ca. 50 km/h geeignet ist. Nicht nur, dass die Windgeräusche einfach nur übel sind (gerade wenn man ein leises Gerät fährt), auch ist es irritierend, dass der Helm bei zu viel Wind dazu neigt „abzuheben“. Nächste Fahrstunde soll ich auf die Autobahn: Da werde ich definitiv den vorhandenen Integralhelm aufsetzen.

Alles in allem muss ich sagen, dass meine Entscheidung den B196 zu machen und mir auch genau DIESES Elektro-Motorrad anzuschaffen, bislang sehr zufrieden. Mensch Kinners, ich freue mich. Das fühlt sich ein bisschen an wie Weihnachten, wenn ein echter Wunsch erfüllt wurde – und es nicht wieder selbstgestrickte Pullunder gab ….

Zeitenwende tut Not

Es scheint, wir stecken in einer massiven Zeitenwende – ob wir wollen oder nicht. Und wir müssen uns dieser – auf einigen Ebenen und aus unterschiedlichen Gründen – stellen.

Lieferketten

Die Wirtschaft stellt fest, dass die internationalen Lieferketten für massive Probleme sorgen können. Warum haben wurden diese Lieferketten etabliert? Weil woanders billiger produziert wird und man so mittels Importen die Preise senken und/oder den Gewinn steigern kann. Billiger produzieren bedeutet, dass man jemanden gefunden hat, der bereit ist unter dem in Deutschland geltenden Mindestlohn zu arbeiten. Oder, dass man die Umwelt eines entfernten Landes kostengünstiger schädigen kann, als dies in Deutschland erlaubt ist. Das Ergebnis ist, dass wir auf dem Rücken des Auslandes in Deutschland billiger produzieren und konsumieren können. Damit sollte Schluss sein. Zeitenwende durch faire Löhne und hohe Umweltstandards weltweit wäre ein richtiger Schritt.

Energieformen

Auch sind wir vom Öl- und Gashahn des Herrn Putin (und anderer „nicht so toller“ Machthaber) abhängig. Gleichzeitig zerstören wir mit dem Verbrennen der Kohlenstoff-basierenden Energieträger unsere Umwelt. Warum tun wir dies? Weil wir es schon immer getan haben? Wohl eher, weil es – temporär! – die Margen schrumpft/die Preise erhöht, wenn wir uns von dieser Energieform verabschieden. Wir hätten schon viel früher den massiven Umstieg auf alternative Energieformen umsetzen können. Aber diverse Lobbygruppen stemmen sich dem entgegen. Ob es die Ölindustrie ist, oder die Interessengemeinschaft „Hirselbürger gegen Windkraft und Stromtrassen“. Beide Gruppen – so wenig sie auch sonst gemeinsam haben, stellen der Energiewende in den Weg.

Individueller Nahverkehr/ÖPNV

Deutschland ist (war?) das Land der Autobauer. Die deutsche Autoindustrie ist vor allem gut darin, Verbrennungsmotoren zu bauen. Elektroauto kann eigentlich jeder mit ausreichend Startkapital entwickeln, Tesla macht es vor. Dennoch sind wir Deutschen seit Jahrzehnten darauf geeicht, dass es wichtig ist, einen möglichst großen, PS-starken PKW vor der Tür stehen zu haben. Ich will hier nicht episch auf dieses sehr mächtige Thema eingehen, die tat ich bereits an anderer Stelle. Hier bedarf es einer massiven Zeitenwende – vor allem in den Köpfen ALLER Bürger. Und ja, im ländlichen Bereich ist es ohne eigenes Fahrzeug meist sehr-sehr schwer. Aber was spricht dagegen, das Individualfahrzeug nur als Zubringer zum ÖPNV zu nutzen, am besten als Fahrgemeinschaft?

Wenn es schon motorisierte Fortbewegung sein muss, muss es dann ein PKW mit Verbrennungsmotor sein? Reicht kein E-Antrieb? Oder ein Moped (mit E-Antrieb)? Kann man den Einkauf nicht auch mit dem Fahrrad erledigen? Bei E-Fahrer gibt es einen interessanten Preisvergleich der Unterhaltskosten zwischen motorisierten Zwei- und Vierrädern. Zweiräder (egal ob mit Pedalen oder Motor) sparen zusätzlich in Städten sehr viel des knappen Raumes für Straßen und Parkplätze.

Die meisten der Lesenden werden sich wahrscheinlich nicht mehr bewusst an die autofreien Sonntage im Jahre 1973 erinnern. Grund war die Ölkrise. Der damalige Bundeskanzler kam nicht auf die Idee, Ölindustrie und Autofahrer mit dem Steuergeld ALLER Deutschen (also auch den Nicht-Autobesitzern) zu alimentieren. Vielmehr wurde der Verbrauch durch ein Fahrverbot reduziert.

Persönliche Befindlichkeit

Obst und Gemüse sind gesund und lecker, aber muss jedes Lebensmittel zu jeder Jahreszeit verfügbar sein? Müssen Erdbeeren aus Spanien eingeflogen werden? Wie wäre es, wenn wir uns wieder auf die Saison der jeweiligen Sorten konzentrieren? Dann könnte man sich freuen „Nächsten Monat gibt es wieder Erdbeeren – ich freue mich schon darauf“.

Müssen wir in der Stadt(!) jeden noch so kleinen Weg mit einem PKW erledigen? Ich lief als Kind die 1,5 Kilometer zur Schule zu Fuß oder fuhr mit dem Fahrrad. Meine Eltern wären niemals auf die Idee gekommen, mich mit dem Auto dort hinzufahren. Außerdem hatten wir nur ein Auto und mein Vater war zu Schulbeginn längst auf irgendeiner Baustelle.

Die meisten der Lesenden werden sich wahrscheinlich nicht mehr bewusst an die autofreien Sonntage im Jahre 1973 erinnern. Grund war die Ölkrise. Der damalige Bundeskanzler kam nicht auf die Idee, Ölindustrie und Autofahrer mit dem Steuergeld ALLER Deutschen (also auch den Nicht-Autobesitzern) zu alimentieren. Vielmehr wurde der Verbrauch durch ein Fahrverbot reduziert.

Warum wehrt man sich heute so sehr gegen obige Einschränkungen der persönlichen Freiheit/Befindlichkeit? Weil es uns schlicht zu gut geht? Weil wir ein verzogener Haufen plärrender Arschlochkinder geworden sind?

Doppelte Zeitenwende im Arbeitsleben.

Ich gebe zu, ich bin ein „alter Sack“[TM], aber ich kenne noch die Bedeutung des Begriffes „Sonntagsbraten“. Fleisch gab es in meiner Jugend eben nicht jeden Tag, der Aufschnitt wurde hauchdünn geschnitten. Meine Eltern gehörten der Generation „Unsere Kinder sollen es mal besser haben“ an. Mein Vater arbeitete früher noch 6-Tage-Woche und ich ging auch noch (bis 1970) samstags zur Schule. Sind wir damals – als mein Vater nur noch 5 Tage arbeitete – verhungert? Nein, denn es wurde vieles erschwinglicher und der Wohlstand erreichte auch uns Arbeiterfamilie. Wir erlauben uns den Luxus sowohl weniger zu arbeiten und dennoch den Lebensstandard zu erhöhen. „Meine“ erste Zeitenwende im Arbeitsleben ist nun schon 50 Jahre her.

Heute sind wir mitten in der zweiten Zeitenwende des Arbeitslebens: Mein Vater bekam mehr Rente ausgezahlt, als ein normaler Handwerker seiner Zunft heute im Monat netto verdient. Wer heute in Handwerk oder Pflege arbeitet, arbeitet deutlich Ertrags-ärmer als es mein Vater tat. Obschon die Leistung wohl gleich oder sogar stärker ist. Wohin wandert der Ertrag der Arbeit? In die Hände von Investoren. Diese haben heute deutlich mehr Einfluss als sie dies vor 50 Jahren hatten. Es sind nicht nur die Mieten, auch mit Lebensmitteln wird spekuliert – wodurch die Preise natürlich steigen. Denn der Investor will sein Investment natürlich refinanziert haben. Hier muss ein sehr großer Hebel angesetzt werden. Politisch und weltweit!

Schlusswort

Ich habe bewusst keinen Absatz Klimawende eingefügt, denn alle obigen Punkte bringen uns dazu aktiv den Klimawandel zu bekämpfen. Das Problem ist nur, dass uns der Wohlstand und unsere Trägheit im Wege stehen. Probleme sind meist lösbar, wenn man sie anerkennt und bereit ist, aktiv an der Lösung mitzuwirken. Bist DU es?

Wen wählen?

Warum dieser Artikel?

Die Frage „Wen wählen“ treibt mich dieses Jahr deutlich mehr um als all die vorigen Jahre – und ich durfte schon oft wählen (Alter MannTM). Aufgrund der Situation unseres Landes, aber auch der Situation unseres Planeten, erscheint mir die Frage „Wen wählen“ heute schwieriger denn je. Deshalb möchte ich meine Gedanken niederschreiben und Andere an diesen teilhaben lassen. Auch möchte ich meine Gedanken gern mit dem geneigten Leser diskutieren – zur gegenseitigen Erhellung.

Warum wählen?

Alle (vier) Jahre wieder stehen die wahlberechtigten Bürger vor dem Problem: Wen wählen. Und es ist immer eine Frage, die man sich mit Gewissen und Verantwortungsbewusstsein stellen sollte. DASS wir alle wählen sollten/müssen steht dabei – für mich – völlig außer Frage. Wie sagte mein damaliger Politiklehrer so treffend und richtig: Aus jedem Bürgerrecht ergibt sich auch automatisch eine Pflicht. Und das trifft bei Wahlen zu 100% zu.

Wechselwählen oder alles wie immer?

Für unsere Altvorderen stellte sich die Frage „Wen wählen“ nicht. Früher gab es drei ansatzweise ernst zu nehmende Parteien: CDU/CSU(Rechts), SPD(Links) und FDP(Mitte). Anmerkung: Das „rechts“ der CDU/CSU ist nicht zu verwechseln mit dem Rechts von AFD oder gar NPD! Damals war das noch anders.

Der Rest war ein Sammelsurium kleinerer Interessenvertreter wie NPD, KPD und vielen anderen. Die SPD setzte sich für die „arbeitende Bevölkerung“ ein, die CDU/CSU für Selbstständige und Unternehmen und die FDP hatte im Bereich der erfolgreichen Kleinunternehmer ihre Kernwählerschaft. So ergab es sich, dass sich aus der familiären Herkunft meist die favorisierte Partei automatisch ergab. Diese Zeiten sind spätestens seit Gründung der Grünen vorbei: Die ehemals statische Aufteilung der potentiellen Wählerschaft zerfaserte – zuerst am linken Spektrum. Mit den Linken(PDS), den Piraten, der AFD und auch der PARTEI sowie anderen Parteien wurde die Frage „Wen wählen“ deutlich schwerer zu beantworten. Wer früher sicher wusste, welche Partei seine Interessen vertritt, steht heute vor dem „Wen Wählen“-Dilemma. Das Wahlvolk muss sich informieren, um die Frage „Wen wählen“ auch wohlwissend zu treffen (wählen zu dürfen IST eine Verantwortung!).

Köpfe oder Programme?

Das ist immer mehr eine Gretchenfrage: Wen wähle ich? Die potentiellen Kandidaten oder das Wahlprogramm? Ein Wahlprogramm sollte(!) die Versprechen der Partei enthalten, welche diese in der Zeit ihrer Verantwortung/Möglichkeiten gedenkt umzusetzen. Eigentlich ganz einfach – ABER: Werden die gewählten Abgeordneten sich auch an diese „Versprechen“ halten? Mein liebstes Beispiel ist immer noch die Hamburger Bürgerschaftswahl 2008, worum es geht habe ich hier beschrieben. Es ist ein Paradebeispiel für den maximalen Abstand zwischen Wahlversprechen und agieren.

Auch wenn das Studium der Wahlprogramme die Frage „Wen wählen“ beantworten könnte, so steht das Wahlprogramm nur auf brennbarem Papier oder löschbaren Bits und Bytes. Deshalb sind also auch die Köpfe wichtig, die Frage „Wen wählen“ beantwortet also nicht die Frage „KandidatIn oder Programm“ sondern „KandidatIn und Programm“.

Köpfe und Programme!

Wie im vorigen Absatz beschrieben, sollte man sich bei der Stimmabgabe nicht auf Köpfe oder Programm konzentrieren, sondern beides gleichwertig und in Kombination bewerten. Was nutzt ein Programm, an dass sich die Köpfe nicht halten – was nutzen die besten Köpfe, wenn das Programm – vorsichtig beschrieben – suboptimal ist? Ich werde hier also nicht dediziert auf die Wahlprogramme der Parteien eingehen, sondern versuchen aus der Melange Wahlprogramm/Kopf das Problem der Entscheidung „Wen wählen“ beschreiben.

Wen wählen: Prioritäten

Grundsätzlich ist heute der Zeit reif für eine absolute Trendwende der Politik. Ich sehe die Klimakatastrophe als das Problem dieses Jahrhunderts an. Dieses Problem sollte – da es um den Fortbestand der Menschheit geht – absolute Priorität haben.

Direkt verbunden ist das Problem Klimakatastrophe mit unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung: Dem Kapitalismus. Der Kapitalismus basiert auf den Grundprinzipen von Wachstums und Kapitalvermehrung(sic) , welche wiederum auf der Nutzung von endlichen Ressourcen basieren (Ausbeutung). Auch die menschliche Arbeitskraft ist eine Ressource, was wiederum bedeutet dass auch die bestmögliche Nutzung des Humankapitals (menschliche Arbeitskraft) ein Grundpfeiler des Kapitalismus ist. Für mich ist – aus dem gesagten hervorgehend – eine soziale Gesellschaftsordnung (soziale Marktwirtschaft), in der alle Beteiligten gleichwertig profitieren, absolut wichtig.

Neben der Klimakatastrophe und der Art der sozialen Teilhabe gibt es noch nahezu unendlich viele kleine Themenfelder, die für Einzelne unterschiedliche Wichtigkeit haben. So ist für Menschen mit Kindern, die Kinderbetreuung elementar (aber nachrangig zur Klimakatastrophe). Auch Mobilität mit den unterschiedlichen Anforderungen (Stadt/ländlicher Bereich) sowie Altersversorgung, medizinische Versorgung etc. sind spannende Einzelprobleme, die sehr viele Menschen betreffen. Diese – und andere – Problemfelder können und sollen eine Wahlentscheidung mit beeinflussen.

Regierungszusammensetzung/strategisch wählen?

Da es derzeit unwahrscheinlich ist, dass eine Partei allein die Regierung stellen kann und wird, stellt bei der Frage „Wen wählen“ auch die Frage ob es eventuell sinnvoll sein kann strategisch zu wählen. „Wenn ich die Grünen wähle und diese mit der CDU koalieren, wähle ich im persönlichen Worst-Case eine CDU-Regierung, wenn ich den Grünen meine Stimme gebe“. Oder: „Wenn ich die Linke wähle, wähle ich eventuell eine SPD-Kanzler“. All dies sind Möglichkeiten, die das Wahlverhalten beeinflussen können (und auch sollten!). Wer 2008 in Hamburg die Grünen wählte, wählte „über Bande“ einen CDU-Bürgermeister. Bei der Wahlentscheidung sollte also auch die Frage nach Regierungsbündnissen nicht außer acht gelassen werden.

Die Krux bei der strategischen Wahl ist, dass die Einzelentscheidung auf dem wahrscheinlichem Wahlausgang basiert. Der strategische Teil basiert also grundsätzlich auf den persönlichen Prioritäten und wird erschwert durch das Wahlverhalten des Rests der wahlberechtigten Bevölkerung. Das heißt, dass ich bei der Frage „Wen wählen“ zu meinen Prioritäten sowohl die Koalitionswahrscheinlichkeiten der Parteien, als auch das Wahlverhalten der „Restbevölkerung“ mit einbeziehen muss. Und an der Stelle wird es wirklich sehr knifflig. Zu viele unbekannte und unberechenbare Faktoren.

Gedankenspiele zu Koalitionen

Bei der Frage „wen wählen – strategisch wählen“ ergeben sich folgende Möglichkeiten:


Aus dem Diagramm(Quelle) – basierend auf Umfragen – ergeben sich viele Möglichkeiten, die die Wahl – wenn man gewisse Parteien garantiert nicht an die Macht heben möchte – sehr schwierig machen. Aber es ergeben sich auch Möglichkeiten: Wen MUSS ich wählen, wenn ich die Möglichkeit einer gewissen Koalition minimieren möchte.

Heißt „Wen wählen“ „Wen nicht wählen“?

Dieser Absatz könnte zu einem eigenen Artikel werden, aber genau dies möchte ich umgehen – es wäre zu subjektiv. Alle zur Wahl stehenden Parteien/KandidatInnen haben „Dreck am Stecken“, dies sollte uns Wahlberechtigte aber nicht vom Gang zur Wahlurne abhalten! Die Entscheidung wie einzelne Verfehlungen „Zitate nicht gekennzeichnet“, „Kohleindustrie mit Geld beworfen“, „Hotelbesitzer begünstigt“, „Persönliche Vorteilsnahme“, „Brechmitteleinsatz“ (und vieles andere ) zu bewerten sind, muss man für sich selbst definieren. Am Ende bleibt es auch hier wieder bei „Den Haufen wählen, der am wenigsten unangenehm riecht“, denn in meinen Augen ist keine Partei ohne Fehl und Tadel.