Wenn Streber im fairen Wettstreit verlieren wird geklagt

Für die Holzmedien muss tatsächlich das Sommerloch bereits begonnen haben. Wie sonst ist es zu erklären, dass es der folgende junge Mann in die Süddeutsche schafft.

Er erreichte im Abitur 898 von 900 Punkten, hat einen Notendurchschnitt von 0,7. Besser geht es kaum. Doch einen Studienplatz in Medizin bekam Wadim Vodovozov trotzdem nicht.

So weit – so verständlich, ABER:

Er (Name von mir entfernt) ist der beste Abiturient Baden-Württembergs und bewarb sich in Heidelberg um einen Studienplatz in Medizin. Bekommen hat er ihn nicht.

wird von unseren jung-dynamischen Menschen nicht gefordert im Zweifelsfall auch in den neuen Bundesländern zu studieren? Wer sich NUR in Heidelberg bewirbt kann da schon mal Pech haben, zumal:

In meinem Jahrgang gab es zu viele Einser-Abiturienten für die reservierten Plätze, und deswegen musste gelost werden. Ich hatte einfach Pech.

Achsoooo – es wurden alle Bewerber mit einem gewissen Abi-Schnitt gleich behandelt! Na, das geht ja nun gar nicht. Unser junger (bestimmt auch FDP-wählender) Abiturient hat etwas besseres verdient, aber:

Ich habe schon einen Fehler gemacht und mich einseitig auf das Kriterium Abiturnote verlassen – ein guter Schüler ist aber nicht unbedingt ein guter Mediziner, und das berücksichtigt die Uni in ihrem Auswahlverfahren.

Es scheint Verständnis durchzudringen, oder?

Wir haben geklagt, vor drei Instanzen – und drei Mal verloren. 2000 Euro Kosten für die Erkenntnis, dass es in diesem System keine Einzelfallgerechtigkeit gibt. Ich bin der Kollateralschaden

Wenn dieser junge Mensch den Elan, den er nun in die gerichtliche Verfolgung seiner Interessen gesteckt hätte in die Suche nach einem Studium an einem anderen Ort investiert hätte, wäre er gewiss viel weiter.

Aber so ist er, der Deutsche – wo Flexibilität nicht aufgebracht werden kann, wird gejammert und geklagt. Ob an der Uni Heidelberg oder auf der Gorch Fock.

Halts Maul: Du bist arm, also bleib es auch.

Letzt schrieb ich noch über soziale Ungerechtigkeiten im Bereich Bafög, heute muss ich ein wenig revidieren. Es gab mal – es kommt vor vor, als wäre es noch zur Kaiserzeit gewesen – eine Zeit da sollte jedes Kind die Chance haben aus seinem Leben etwas zu machen. Unter Napoleon hiess es: „Jeder trägt den Marschallstab im Tornister!“ Aber dies ist lange her.

Es folgte ein Briefwechsel, unter Androhung von Sanktionen wurde Jenny schließlich zu einem Gespräch ins Jobcenter geladen. Der Berater schob ihr eine Eingliederungsvereinbarung über den Tisch. Mit dem Vertrag sollte Jenny zusichern, sich um eine Lehrstelle zu bemühen. Doch Jenny suchte keinen Ausbildungsplatz, sie wollte nach der mittleren Reife auf die Berufsschule. „Der Berater wollte mich zu einer Ausbildung drängen. Wahrscheinlich, damit der Staat nicht mehr für mich zahlen muss“, sagt sie heute.

lese ich gerade und mir wird schlecht. Ich danke dem Herrn (an den ich – so ganz btw. gar nicht glaube, aber egal), dass meine beiden Töchter nicht in diesem Problemkreis stecken. Sie haben die Möglichkeit DIE Ausbildung zu machen die sie mögen.

Schon die Mitarbeiter der Arge zeigen dem jungen Menschen, das Selbstbewusstsein fehl am Platze ist:

Kürzlich forderte der Berater im Rahmen einer „Datenaktualisierung“ erneut Jennys Schulzeugnis ein, um ihr „bei einer Arbeits- oder Ausbildungsstellensuche helfen zu können“. Liege das Zeugnis binnen drei Wochen nicht vor, könne dies zu einer Kürzung oder Einstellung der Leistungen führen, hieß es. Jenny fühlt sich ausgegrenzt und alleingelassen. „Ich tue viel für meine Zukunft, warum erkennt das Amt das nicht an?“

Jenny ist kein Einzellfall:

Franziska*, 16, aus der Nähe von Frankfurt erging es ähnlich. Um das Zeugnis der 16-jährigen Gesamtschülerin würden sich wohl viele ihrer Klassenkameraden reißen – Notendurchschnitt 1,6. Doch für Franziska bedeutet das Dokument vor allem eines: neuen Stress mit dem Jobcenter.

Auch sie bekommt regelmäßig Post vom Amt. Der Berufsberater sorge sich um Franziskas Zukunft, es sei der Zeitpunkt, über eine Ausbildung nachzudenken, schrieb er ihr im vergangenen Herbst. Die Jugendliche solle Kopien ihres letzten Zeugnisses einreichen, damit man die Zukunft planen könne.

Franziska war geschockt. „Für mich steht fest, dass ich mein Abitur machen will und studieren werde – und auf einmal soll ich über eine Ausbildung nachdenken?“

Bin ich eigentlich der Einzige hier, der sich wundert, dass man nicht viel öfter von Rangeleien und Ausschreitungen bei der Arge hört?

Wobei ich anmerken muss, dass ich persönlich gute Erfahrungen mit den Mitarbeitern der Arge gemacht habe, als ich meine Selbstständig an die Wand fuhr. Sie waren verständnisvoll und hilfsbereit. SOWAS gibt es auch.