Mehdorn entschuldigt sich und Netzpolitik.org ist die Abmahnung los

Die beste Nachricht zuerst: Anscheinend hat die Deutsche Bahn AG die Abmahnung gegen Netzpolitik.org zurück genommen. Heute kann Markus (sicherlich auch freudig) berichten:

Deutsche Bahn AG gibt auf!

Die ganze Aktion der „Aufgabe“ kann man bei Mathias Schindler nachlesen:

Die Position der Deutschen Bahn (heute, Freitag 13:30 Uhr, sowas kann ja schnell anders sein mit den Positionen) lautet also wie folgt:

  • Die rechtliche Bewertung der Bahn ist unverändert, also “Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen” durch die Veröffentlichung des Memos.
  • Man habe die Abmahnung als ein Mittel erachtet, um dieses Memo aus dem Netz zu bekommen.
  • Dieser Versuch ist ja nun offensichtlich gescheitert.
  • Man werde darum von weiteren Versuchen absehen, das Memo mit juristischen Mitteln offline zu bekommen.
  • Es wird keine gesonderte Mitteilung an die Presse zu diesem Thema geben, auch Markus Beckedahl wird nicht direkt darüber informiert werden, dass die Bahn ihn in dieser Sache nicht mehr behelligen wird.

Auf alle Fälle freut es mich MÄCHTIG für Markus, dass er diese Sorge – auch wenn man sich auf der sicheren Seite fühlt – jetzt los ist.

Achja, so ganz nebenbei hat sich der Mehdorn wohl auch bei seinen Mitarbeitern entschuldig. Schreibt zumindest die Tagesschau:

Bahnchef Hartmut Mehdorn hat sich wegen der Datenaffäre bei den Beschäftigten entschuldigt. Der Vorstand bedauere, dass es bei den Mitarbeiterüberprüfungen zu Verstößen gekommen sei und keine Gremien der Arbeitnehmervertretungen informiert gewesen seien, erklärte Mehdorn nach Teilnehmerangaben bei einer Sitzung des Konzernbetriebsrats in Frankfurt am Main. Der Vorstand „entschuldigt sich dafür bei seinen Mitarbeitern“.

Ungeschehen sind die Aktionen damit aber noch lange nicht ….

Die Deutsche Bahn reagiert auf den Überwachungsskandal: Mit Abmahnung

netzpolitik.org hat Aufklärungsarbeit geleistet und ein Dokument mit dem Titel „Gespräch mit der Deutschen Bahn AG über die Geschäftsbeziehungen des 
Unternehmens mit der Network Deutschland GmbH am 28. Oktober 2008“ veröffentlich. Dieses Dokument wurde Netzpolitik – laut eigener Aussage – anonym zugespielt.

Im Gegensatz zum Thema Datenschutz und Mitarbeiterrechte/Betriebsverfassungsgesetz, Bereiche in denen die Deutsche Bahn offensichtlich die Gesetze nicht soooo ernst nimmt, besitzen die Juristen der Bahn in anderen Bereiche wesentlich mehr Initiative. Als Ergebnis wurde Netzpolitik werden von der Bahn abgemahnt:

Die Deutsche Bahn AG hat mir soeben meine erste Abmahnung für dieses Blog geschickt. Konkret geht es um das interne Memo zur Mitarbeiter-Rasterfahndung bei der Deutschen Bahn, das ich am Samstag hier publiziert habe.

Auch eine Möglichkeit mit Misständen im eigenen Unternehmen umzugehen: Die Aufklärer, die wirkliche Fakten auf den Tisch legen abmahnen.

Wobei es besonders interessant ist, dass die Bahnjuristen versuchen den Paragraphen 17 des UWG anzuwenden. Das Dokument ist NICHT als Geschäftgeheimnis gekennzeichnet – inwiefern sollte jemand, der dieses Dokument „zugespielt“ bekommt, ersehen dass es sich um ein geheimes Dokument handelt? Auch gilt es deutlich zu prüfen, ob die Motivationsgrundlagen, die zu einer Verfolgung nach §17 UWG kommen können, in diesem fall angewandt werden können:

„Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen“

Das einzige Verdachtsmoment, dass in diesem Fall Anwendung finden könnte, ist ein Schaden für die Deutsche Bahn AG. WENN das Dokument dem Ansehen der Bahn schadet, bin ich für die Umsetzung der Produzentenhaftung. Denn dieses – der Deutschen Bahn AG schadende – Dokument, dokumentiert doch höchsten, welchen Bockmist die Bahn im eigenen Hause und eben im „Geheimen“ gemacht hat.

Als nächstes wird ein Staatsanwalt abgemahnt, der Beweise dem Richter vorlegt…..

Aber der Innenminister hat es uns doch vorgemacht

werden sie rufen, die Verantwortlichen bei der Deutschen Bahn AG, die Grundrechte sind doch lange abgeschafft – und der Mehdorn wird von nicht gewusst haben. Auch die Deutsche Bahn AG hat Mitarbeiter überwachen lassen. Mehr als 1000 Mitarbeiter und Ehepartner wurden – im Auftrag der Deutsche Bahn AG – von der Firma Network Deutschland GmbH überwacht. Inklusive der Anti-Terrormassnahme „Rasterfahndung“. Laut Spiegel soll diese Massnahme unter dem Deckmänntelchen Korruptionsbekämpfung gelaufen sein.

Aber Moment mal? Haben wir für solche Tätigkeiten nicht die Staatsanwaltschaften und deren Ermittlungsbehörden? Darf jetzt in diesem Lande jeder gegen jeden überwachen und ermitteln?

Hunderte Personen seien im Zuge von „Babylon“ gerastert worden. In der Auftragsbeschreibung der Detektei heißt es demnach dazu: Nach dem Adressabgleich sei der Auftrag „dahingehend erweitert“ worden, „auch die Bank- und Telefonverbindungen in die Untersuchung einzubinden“.

heisst es im Spiegel. Mein Arbeitgeber durchsucht meine Bankdaten? Auch die meiner Lebensgefährtin? HALLO? Interessant wäre es, herauszufinden, ob es tatsächlich Zugriff auf Bankdaten gegeben hat. Denn dann wäre dieser Skandal (ja, es ist für mich ein Skandal – auch wenn es fast Tagesgeschäft ist), auch auf die betroffende(n) Bank(en) erweitert.

Besonders offen und ehrlich ist folgende Passage im Spiegelartikel:

Die Bahn erklärt, ein Vergleich mit Datenschutzskandalen – wie bei der Telekom – sei „völlig falsch und abwegig“. Bei der Telekom wurden laut Staatsanwaltschaft zwischen 2005 und 2006 mindestens 60 Personen bespitzelt, darunter Aufsichtsräte, ein Vorstandsmitglied, Angehörige des Betriebsrats und Journalisten.

Das dieser Vergleich „völlig falsch und abwegig“ ist kann ich 100% bestätigen. Denn es ist eine Potenzierung der Straftat und im Umfang deutlich grösser, als das kleine Skandälchen der Telekom.