Der Flüchtling, der Staat und der Bürger

Am Anfang waren die wirtschaftlichen Interessen. Die „westliche Welt“ hatte ihre Hände oft im Spiel, wenn es um die eigenen wirtschaftlichen Interessen im Nahen Osten, aber auch sonst überall in der Welt ging. Ich sprach das Thema bereits an. In Titel-Thesen-Temperamente gab es am 19.07.2015 einen sehr interessanten Bericht zu den Eingriffen der USA in die IIS-Problematik, den ich hier gern zur Kenntnisnahme angeben möchte.

Nun – nach unseren Eingriffen in eben diesen Ländern, die wir versuchten nach unserem Willen zu formen – fällt uns die ganze Sache auf die Füsse. Frau Merkel erklärt zwar, wir Deutschen können stolz auf uns sein. Aber hey, warum sollte ich stolz sein, wenn ich etwas selbstverständliches tue? Menschenleben retten liegt – so glaube ich ganz fest – in der Natur des Menschen: Erhaltung der Art. Nur in ihrer maßlosen Gier (nachweislich – Lesch in der Mediathek „Kann man Gier messen“) kranke Menschen geht diese Empathie gänzlich ab. Sie müssen raffen und geben nichts ab, rauben von den Armen alles für den eigenen Status.

Herausforderung: Wer kann was tun, damit wir das Vertriebenen Problem gelöst bekommen?

Jeder kann (und sollte) etwas tun. Nehmt euch bitte KEINE Politiker als Beispiel. Diese reden und meeten, aber es kommt selten viel sinnvolles dabei raus – face the facts. Meist geht es darum zu sparen, die Wirtschaft zu hofieren und selbst dabei so gut wie möglich auszusehen.

Was muss unsere Regierung tun?

Die Bundes- und die Landesregierungen müssen alles mögliche tun, um dem Ansturm Herr zu werden. Es geht nicht um eine „Schwemme“ von Flüchtlingen sondern um Tausende von Einzelschicksalen – Menschen! Und so sollte man die Ankommenden auch behandeln. Dazu werden Unterkünfte und Verpflegung benötigt. Es ist hinnehmbar, wenn Menschen 2-3 Tage in einer Turn- oder  Messehalle untergebracht werden. Die Unterbringung in Zelten ist schon fragwürdig. Es beginnt die kalte Zeit. Stillgelegte Bundeswehrkasernen hätten schon längst wieder reaktiviert werden können. Leerstehende Objekte gibt es laut Bundesimmobilienverwaltung einige. Warum sind dort noch nicht die Handwerker vor Ort? In diesen alten Standorten gibt es Großküchen zur vernünftigen Verpflegung, Verwaltungsräume und Unterbringungsmöglichkeiten für Tausende.  Nicht reden, machen. Stichwort Bundeswehr: Es ist zwar sehr lange her, dass ich „beim Bund“ war, aber eine Aufgabe wie für die Flüchtlinge da sein, hätte ich gern gemacht. Großküchen- und medizinisches Personal sind ausreichend vorhanden. Wenn Gesetze wegen Terrorismus (zum Schutz der Mächtigen und der Investitionen) geändert werden, warum dann nicht um hundertausenden von Menschen ein LEBEN zu ermöglichen. Unser Staat hat wunderbare Werkzeuge und Organisationen – man muss sie nur nutzen!

Wie lange hat die Bundesregierung für die Bankenrettung gebraucht? Warum dauert es länger Menschenleben zu retten als eine Bank? Am Geld kann es nicht liegen.

Auch muss unsere Regierung natürlich dafür Sorge tragen, dass die Gründe für die Flucht der Menschen abgestellt wird!

Was können Unternehmen tun?

Spenden, benötigte Dinge zur Verfügung stellen – jedes Unternehmen hat andere Möglichkeiten. Oder gar Mitarbeiter freistellen, um als freiwilliger Helfer vor Ort tätig zu werden. Als Beispiel möchte ich Frederik Braun vom Hamburger Miniaturwunderland zitieren:

Liebe Chefs: spendiert doch einfach mal einen gewillten Mitarbeiter und schickt ihn hin, machen wir auch gerade…

Umso grösser das Unternehmen ist, umso leichter sollte es fallen einen gewissen Prozentsatz von Mitarbeitern frei zu stellen. Handwerksbetriebe können z.B. helfen Gebäude für die Aufnahme von Vertriebenen vorzubereiten. Wenn ich lese, dass Gebäude wegen des Brandschutzes nicht genutzt werden können, fällt mir eines ein: Löst das verdammte Problem. 🙂

Was können Du und ich tun?

Tun kann jeder etwas, informiert euch vor Ort, wo und welche Hilfe benötigt wird. Typischerweise wird überall eine helfende Hand benötigt. Sei es zum Sortieren der Spenden, sei es um Vertriebene bei Behördengängen zu unterstützen, beim Erlernen der deutschen Sprache, oder, oder oder.

Lasst uns anpacken, und vor allem lasst uns unserer Regierung die lange Nase zeigen, weil wir effektiver arbeiten als der Apparat einer der stärksten Nationen dieses Planeten. Wenn unsere Volksvertreter aus dem Dornröschenschlaf erwachen und tatsächlich aktiv und sinnvoll tätig werden, auch OK.

Was ist mir „fremd“?

Es gibt viele Dinge, die uns fremd sein können. Das verspeisen von Insekten, welche im asiatischen Raum als Delikatesse gehandelt werden, ist mir zum Beispiel fremd. Auch Menschen können uns fremd sein. Wenn ich in einen Bus einsteige bin ich typischerweise von mir fremden Personen umgeben. Das lässt mich aber völlig kalt. Die tun mir eher nichts. Manche sind – Abends – angetrunken, aber harmlos. Manche lesen die BILD-Zeitung und sind mir allein deshalb fremder als andere, aber auch diese tun mir nichts.

Anders wird es bei der Religion. Da gibt es schon derbe Unterschiede. Fremde Religionen machen uns oftmals Angst, weil die „Anderen“ irgendwie den Glauben anders praktizieren. Aber auch über diesen Unterschied kann man sich stellen. So bin ich als – ehemaliger – Protestant mit einer – ehemaligen – Katholikin verheiratet. Auch der kulturelle Unterschied (meine Frau aus dem dunkelsten Bayern, ich ein Fischkopp), kann überwunden werden.

Das was mir eigentlich(!) am fremdesten sein sollte, sind (verzeiht mir..) Bürger der ehemaligen DDR. Und ich erkläre euch auch warum:  Bis 1989 waren diese der erklärte Feind unseres Gesellschaftssystems – und nicht nur das. In meiner Zeit bei der Bundeswehr war der Ostblock (zu der die DDR unbestritten gehörte) auch militärisch der Gegner. Ich lernte Silhouetten von Ostdeutschen Panzern und Flugzeugen auswendig um diese als identifizierten Feind sicher bekämpfen zu können. 28 Jahre meines Lebens war der Bürger der DDR mir fremder als ein Bewohner der Kalahari, denn die Kalahari würde mich nicht angreifen wollen. Die DDR – so wurde uns gesagt – dann schon viel eher.

Und dann? Was passierte nach 1989, dem Fall der Mauer? Der ehemalige „Feind“ kam in unser Land, bekam Begrüssungsgeld. Viele DDRler zogen um nach Westdeutschland, ich hatte Arbeitskollegen aus der ehemaligen DDR. Heute bin ich mit „Ex-Ossis“ befreundet und wir kommen prima miteinander klar – sind füreinander da und bereichern unser Leben gegenseitig. OK, diese Annäherung hat sehr-sehr viel Geld gekostet, kostet uns noch heute den Solidaritätszuschlag. Aber so what?

Wir lernen: Was uns heute fremd erscheint, kann sich als sehr wertvoll herausstellen, wenn wir dem „fremden“ nur eine Change geben. Schauen wir uns unsere Lebensmittel an: Unsere so heiß geliebte, deutsche Kartoffel – die stammt nicht von hier. Was haben wir alles Fremdes in unser Leben integriert. Man muss den Wert nur erkennen – sich öffnen und seine Befürchtungen ablegen.

Entspannt euch und seid vor allem eines: Neugierig und emphatisch!

Flüchtlingsgegner sind nicht zwingend Nazis!

Sind Flüchtlingsgegner automatisch Nazis? Ich sage nein! Ich finde es sogar äußerst gefährlich, die Gegner der Aufnahme von Flüchtlingen als Nazis zu bezeichnen. Das ist, als wenn ich sagen würde, jeder Mensch der als Kind Milch getrunken hat, nimmt automatisch Drogen. Denn (fast) alle Drogensüchtigen haben als Kind Milch getrunken. Angst vor dem Unbekannten macht noch keinen Nazi.

Welche Personengruppen sind – mit welchen Argumenten – gegen die Aufnahme von Flüchtlingen:

  • Eigenheimbesitzer in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften. Eines derer Argumente ist: Der Wert meiner Immobilie sinkt. Abgesehen davon, dass ein Wert nur in dem Moment der Kaufs/Verkaufs zu bestimmen ist, führt dieses Argument nicht zu dem Klingelschild „Nazi“. Denn diese Person wäre genau so gegen den Bau eines Kinderspielplatzes oder Hospizes in der Nähe. Und einen Hospiz-Gegner würde man nur schwer als Nazi bezeichnen. Es sind Besitzängstler.
  • Hartz-IV Bezieher, Arbeitslose  und Menschen mit Niedrigeinkommen. Hier scheint die vorrangige Argumentation „Die nehmen mir etwas weg und ich habe selbst kaum zum Leben genug“. Hier ist die (unbegründete!) Existenzangst der Antriebsmotor der Ablehnung. Denn Flüchtlinge nehmen diesem Personenkreis nicht wirklich etwas weg. Deutlich mehr wird diesem Personenkreis z.B. von Steuerhinterziehern oder explodierenden Baukosten genommen. Dieser verängstigte Personenkreis ist nicht als Nazi zu bezeichnen. Denn wer – unbegründete – Ängste hat, ist nicht per se ein Nazi. Sonst könnte man auch Menschen mit behandlungsfähiger Angst vor der Farbe GRÜN als Nazi bezeichnen.
  • Menschen mit Angst vor dem Anstieg der Kriminalität. Sicherlich wird es einen statistischen Anstieg von Kriminalität geben. Denn wenn 10% mehr Menschen an einem Ort leben, dann wird es automatisch mehr Straftaten geben. Besonders wenn man bedenkt, dass sowohl auch Asylbetrug als Straftat gilt (die ein Deutscher nur schwerlich begehen kann), als auch dass einige Gegner der Heime Straftaten begehen: Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Aber macht Angst vor Kriminalität/Gewalt jemanden zum Nazi? Dann wären die Bewohner, die wegen Angst vor Gewalt gegen eine Nazi-Kneipe sind Nazis? Der Gedanke scheint bizarr.

Natürlich gibt es im Kreise der Flüchtlingsgegner auch Nazis. Und diese Nazis spannen (nicht nur) die oben genannten Kreise vor ihren widerwärtigen Karren. Aber es macht noch nicht alle Flüchtlingsgegner zu Nazis – eher sollte man Sie als Flüchtlingsängsliche bezeichnen.

Oftmals ist es wahrscheinlich sogar so, dass der Flüchtlingsängstliche aufhört seinem Kontrahenten zuzuhören, wenn man ihn einen Nazi nennt. Denn er ist sich sicher, ein solcher nicht zu sein. Deshalb sollte man – wenn man Ängste und Befürchtungen argumentativ widerlegen möchte – das Gegenüber nicht zu unrecht verunglimpfen. Wenn mir mein Gegenüber erklärt „Du bist ein Arschloch“ höre ich auf zuzuhören. Denn ich weiss, dass ich vielleicht manchmal krude Ansichten habe, aber bin ich deshalb gleich ein Arschloch? Ruhe und Sachlichkeit und vor allem keine Übertreibungen – egal auf welcher Seite – ist wesentlich konstruktiver als als eine geöffnete Tür zuzuschlagen bevor man auch nur in den Raum hinein gesehen hat.

Wer in einer kontroversen Diskussion seinem argumentativen Gegner beleidigt oder gar angreift hat die Diskussion verloren. Im Internet wurde schon vor 1990 der Begriff „Godwins Law“ geprägt, der aussagt, dass bei einer Diskussion irgendwann der Nazi-Vergleich aufkommen wird. Und weiter heißt es: Wer als erstes den Nazi-Vergleich herauf beschwört hat automatisch verloren.