LOBLIED – ein Gastbeitrag

Es folgt ein Gastbeitrag meiner Ehefrau. Ein Loblied auf unser beider Wahlheimat.

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Unsere Shopping-Mall hat aktuell eine Ausstellung mit lebenden, exotischen Tieren. Papageien, Frettchen, Schlangen usw.
Gestern nach dem Einkaufen schlenderte ich durch die Passagen und guckte mir das eine oder andere Tier genauer an. Vor einem Kasten blieb ich etwas länger stehen, denn darin befand sich eine Riesen-Vogelspinne.

Während ich das Tier betrachte, kommt eine Mutter mit einem kleinen Mädchen. „Una araña, “ sagt die Mutter. „Eine Spinne.“„Donde, donde?“ fragt die Kleine. „Wo denn?“ „Aquí,“ sage ich, soviel Spanisch kann ich noch. Ich zeige auf die Spinne, die sich ganz ins Eck verkrochen hat. Das Mädchen reißt die Augen auf: „Ooooh!“

Ein paar Schritte weiter, ich habe die Shopping-Mall verlassen, stehe ich an der Ampel. Neben mir unterhält sich ein Pärchen. Russisch oder Polnisch? Ich verstehe ein paar Wortfetzen. Auf der anderen Straßenseite warten drei Jugendliche. Zwei sind schwarz, einer hell und bebrillt. Sie scherzen miteinander. Eine Frau mit Hijab kommt dazu, sie schiebt einen Buggy mit einem kleinen Mädchen darin. Ich lächle beide an. Die Frau lächelt freundlich zurück.

Ich biege in meine Straße ein, ein kleiner Junge läuft mir entgegen. Sein Eltern rufen ihn. Seine Mutter trägt auf der Stirn ein Bindi, einen aufgemalten Punkt. Ihr Sari strahlt rot im Abendlicht.

Ich wohne in Hamburg in einem Stadtteil, der kürzlich von Die Zeitirgendwie liebevoll, aber auch etwas abfällig als „Die Bronx von Hamburg“ bezeichnet wurde. Der traurige Held in Heinz Strunks „Fleisch ist mein Gemüse“ verbringt hier seinen Alltag – wenn er nicht gerade auf irgendeinem Schützenfest auf dem Land mit den Tiffanys auftritt. Bewohner anderer, angesagter Stadtteile, setzen keinen Fuß in diese Tristesse, wenn sie nicht müssen. „Zu viele Kopftücher“ hört man dann schon mal. Ghetto, Assi-Stadtteil usw. Wenig charmant. Grau, trist, spießig soll es hier sein. Das Gegenteil also von schick und angesagt. Das ist Harburg. Das ist mein Stadtteil. Der „falsche“ Stadtteil.

„Ausländer, wo man hinschaut“.  Der besorgte Bürger ist auch in Hamburg zuhause und pflegt rassistische Ressentiments, gerne auch mit musikalischer Unterstützung: „In Harburg fängt der Balkan an“ singt Willem F. Dincklage. Und Beginner ergänzt in holpriger Grammatik: „Denn da im Süden von der Elbe, da sind die Leute nicht dasselbe.“

Ich schließe die Wohnungstür auf und denke so bei mir, wie wunderbar es ist, in diesem Teil Hamburgs zu leben. Wir verbinden mit Großstädten häufig Internationalität. Denkt man z.B. an New York kommt einem schnell der Begriff Melting Pot in den Sinn.
Ich frage mich, warum das, was ich an anderen Metropolen so charmant finde, bei mir zuhause beängstigend oder abstoßend sein sollte.  Ich empfinde es als Bereicherung, dass so viele Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen in meinem Stadtteil wohnen. Ich mag diese Vielfalt,  ich finde meinen  Hausarzt wunderbar, meinen Frauenarzt kompetent und hilfsbereit, ich mag unsere Lottofee und staune über den Verkäufer in Uncle Sam’s, dem kleinen Laden mit der großen Palette afrikanischer Spezialitäten. Ihre Wurzeln sind mazedonisch, türkisch, japanisch und polnisch. Möchte jemand zuordnen?

„Es gibt Orte, die sollte man früh verlassen, wenn man noch etwas vorhat im Leben“. sagt Heinz in Heinz Strunks Roman über meinen Stadtteil.  Der Autor Heinz, der übrigens gar nicht so heißt, hat sich das ja zu Herzen genommen und ist vor ein paar Jahren nach Winterhude gezogen. Ist auch passender für gut situierte ältere Mitbürger.

Ich dagegen denke, Beginner haben recht, nur eben anders als gedacht: Südlich von der Elbe, da sind die Leute nicht dasselbe. Zum Glück!

Der Lotse ist von Bord – RIP Helmut Schmidt

Als (etwas älterer) Hamburger habe ich wahrscheinlich ein spezielleres Verhältnis zu dem Menschen Helmut Schmidt der 1974 Bundeskanzler wurde. Schon 1962 hat er sich – als damaliger Polizeisenator in Hamburg – bereits selbst ein Denkmal gesetzt. Als er durch das Ignorieren von Befehlsketten und Verantwortlichkeiten schlicht die Bundeswehr (und Natotruppen) quasi nötigte, die während der Sturmflut zu ertrinken drohende Bevölkerung zu retten. Er traf Entscheidungen und tat das – in seinen Augen – richtige. Er war ein Überzeugungstäter, für seine Überzeugung trat er ein und wuchs über sich hinaus.

OK, es gibt Themen da war ich nicht mit ihm auf einer Linie und bin es auch heute nicht: Der Nato-Doppelbeschluss oder die Einführung der Rasterfahndung (die heute noch genutzt wird). Andererseits hinterlegte er während des „heißen Herbst“ (RAF-Zeit) ein Schreiben bei dem damaligen Bundestagspräsidenten, in dem er bestimmte dass weder er, noch seine Frau – sollten sie entführt werden – freigekauft werden sollten. (Leider habe ich dafür keine Quelle gefunden – stimmt aber *gg*). Mir sind Politiker lieber, die AUCH mal eine Fehlentscheidung treffen, aber dann die Größe haben, dieses zuzugeben. Es gibt vieles, was man zitieren kann, hier seine Einstellung zum Koran:

https://www.youtube.com/watch?v=G8Fpa-9UIDA

Deutschland hat einen großen Bürger und die Welt einen großen Staatsmann verloren. Ruhe in Frieden – nun bist du wieder bei deiner Loki. Grüße sie von uns. Wir kommen alle nach – irgendwann.

Danke, dass es dich (auch für uns) gab Helmut.

Olympische Spiele 2024 in Hamburg?

Volksabstimmung in Hamburg Pro oder Kontra Olympia 2024

Es wird wieder volksabgestimmt. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat die wahlberechtigten Bürger aufgefordert ihre Stimme abzugeben, ob sie dafür oder dagegen sind, dass die Olympischen Sommerspiele 2024 in Hamburg ausgerichtet werden.

Und schon mein alter Klassenlehrer feststellte: „Jedes Bürgerrecht impliziert eine Bürgerpflicht“. Wer also die Möglichkeit seine Meinung kund zu tun, sollte von dieser Mitwirkungsmöglichkeit auch Gebrauch machen. Also Hamburger: Stimmt ab!

Wie aber soll man stimmen? Überall sieht man Plakate hängen, die für Olympia werben. Kammer und Vereine werben für Olympia. Also möchte ich einmal meine Gedanken und Abwägungen festhalten und anregen sich auszutauschen.

Pro Olympia in Hamburg

Manches spricht für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 in Hamburg:

  • Sanierung und Bau von Sportstätten, die Hamburgern und den Bürgern aus dem Umland zu Gute kommen (können….). Insofern sind die Sportvereine natürlich weitestgehend für Olympia. Ist ihr gutes recht.
  • Auch die Verkehrsinfrastruktur müsste angepasst werden. Auch hiervon könnte Hamburg viele Jahre profitieren.
  • Die Touristikbranche in Hamburg und Umgebung reibt sich natürlich die Hände: Viele Touristen und Besucher, die sowohl die Betten als auch die Restaurants füllen.
  • So ein Massenereignis bleibt in den Köpfen: Die Ausrichtung der Olympischen Spiele würde Werbung für die (wahrlich schöne) Stadt Hamburg machen, von welcher Touristik und Einzelhandel noch viele Jahre profitieren können.
  • Alle obigen Punkte können(!) ein schönes Wachstum in diversen Wirtschaftszweigen erzeugen. Manches nur temporär, anderes langanhaltend
  • Und was ist mit Kiel – wir sollten Kiel nicht vergessen: Kiel ist in den letzten Jahren durch den Wegzug von einigen Teilen der Bundeswehr arg gebeutelt worden (in Kiel ist nicht viel, wenn die Bundeswehr komplett weg ist). Auch (die ebenfalls schöne Stadt) Kiel hätte einen kleinen Wirtschaftsboom verdient.

 

Kontra Olympia 2024 in Hamburg

Wie alles, hat auch die Olympiabewerbung eine Kehrseite. Es gibt einiges, was gegen die Ausrichtung spricht:

  • Die Kosten 1):  Die Ausrichtung soll(!) 11.200 Millionen Euro kosten. Davon können Einnahmen in Höhe von 3.800 Millionen abgezogen werden. Bleiben Nettokosten von 7.400 Millionen Euro im Raum – abzüglich der Erstattung des Bundes von 6.200 Millionen bleiben 1.200 Millionen Euro im Raum stehen, die Hamburg zu tragen hat. (Anmerkung: In den Medien wird gern in Milliarden gerechnet – ich finde es „übersichtlicher“ die Geldmenge in Millionen anzugeben..) Allein von den Kosten in Hamburg könnte man 1.200 Menschen zu Millionären machen.
  • Die Kosten 2) Hamburg hat ausreichend Baustellen, die in den nächsten Jahren noch sehr viel Geld kosten können uns werden. Ich erwähne hier nur die HSH-Nordbank. Auch an der Elbphilharmonie wird noch abgestottert.
  • Die Kosten 3) Erwähnte ich schon die Elbphilharmonie? Deutsche Entscheider sind dieser Jahre eher unfähig zu kalkulieren. JEDES Großprojekt wird deutlich teurer, als es im Vorwege kommuniziert wird. Ich schaue nach Berlin und Stuttgart und erwähne den Flughafen BER sowie den Bahnhof Stuttgart 21. Die Kosten der Elbphilharmonie haben sich vervierfacht, BER hat sich „nur“ verdreifacht und auch Stuttgart 21 überrascht nicht wirklich mit circa dreifachen Kosten.
  • Verkehrsinfrastruktur: Manche Hamburger mit denen ich sprach erklärten mir sinngemäß:“Wenn dass in Hamburg stattfindet bin ich im Urlaub, die Stadt ist jetzt schon zu voll“ Gemeint sind sowohl Individual- als auch öffentlicher Nahverkehr. Auch ich werde wohl Urlaub nehmen, da ich mir das Elend nicht antun muss (OK, hier kommt meine Grundstimmung durch..)
  • Last – but not least. Die Menschlichkeit: Europa hat derzeit ein Problem, nein die Welt hat ein Problem: Kriege produzieren Flüchtlinge. Menschen die unserer Hilfe bedürfen, da ihr Elend – zumindest teilweise – auch von uns verursacht wurde und wird.Wie viel Hilfe könnte man den Flüchtlingen gewähren, würden die Olympiakosten von (und ich will hier nicht mit dem dreifachen Wert rechnen) 11.200 Millionen Euro in Hilfsprojekte investiert werden?
  • NACHTRAG 4.11.2015 18:00: Aus der Hotelbranche erreichte mich gerade die Information, dass Hamburger Hotels gar nicht mit so viel Mehrumsatz rechnen. Denn sollte Olympia 2024 in Hamburg stattfinden, würden diverse kommerzielle Veranstaltungen in Hamburg NICHT stattfinden, da die Veranstalter die Olympia gern aus dem Weg gehen.

Wollen wir eine große und vor allem teure Party veranstalten um Werbung für unsere schöne Stadt zu machen? Oder wollen wir unsere Olympiabewerbung unter dem Slogan „Leider keine Party – dafür Hilfe für Bedürftige“ zurück ziehen? Ich denke, dass „Hilfe für Bedürftige“ ein Signal nicht nur aus Hamburg heraus, sondern für ganz Deutschland sein könnte. Vorbild sein und Maßstäbe setzen.

Frage nicht was die Menschen für dich tun können, frage was Du für die Menschen tun kannst. Willst Du eine Party geben, oder Bedürftigen helfen?

Mein Kreuz ist noch nicht gemacht. Was denkt ihr?