Unser Kriegsminister ist ein Schönwettersoldat

Ach wie gern lässt sich unser Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg im Kreise der kämpfenden Truppe und an vorderster Front von der Presse fotografieren. Moment, schrieb ich „an vorderster Front“? Sorry, das war ein Fehler meinerseits, denn im Gegensatz zu Wallenstein und anderen adligen Truppenführern zieht es unser Verteidigungsfreiherr vor, den Kriegsschauplatz aus sicherer Entfernung zu betrachten. Bilder mit Soldaten ja, aber bitte-bitte immer schön in Sicherheit:

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat einen Besuch deutscher Kampftruppen in der nordafghanischen Unruheprovinz Baghlan aufgrund von Gefechten der Bundeswehr mit den radikal-islamischen Taliban kurzfristig abgesagt.

Das erinnert mich an ein Posting von Fefe, der die Bildunterschrift zu diesem Bild mit:

Da kommt bestimmt bald eine Abmahnung. Das kann mir doch keiner erzählen, dass die das nicht aus einem Groschenroman kopiert haben.

kommentierte

Der Brüller schlechthin ist aber dieser Satz aus dem TAZ-Artikel:

Es wäre der erste Besuch Guttenbergs eines Truppenteils in Afghanistan außerhalb der Feldlager gewesen. „Sicherheit geht vor, auch für die Männer vor Ort“, sagte Guttenberg.

WENN die Sicherheit für die Männer vor Ort vorgeht, impliziert dies doch, dass sie – wie der Herr Freiherr – bei jeglicher Feindberührung sofort den Rückzug antreten. Wenn dies der Fall ist, was tun denn dann bitte unsere Soldaten dort? Ist das spielen die dort „kriegen“ mit den Taliban? Wer nicht schnell genug wegrennt hat verloren? Guttenberg, der so gern mit seiner militärischen Erfahrung (als Unteroffizier muhahahahaha) prahlt sollte wissen, dass nicht die Sicherheit der Soldaten, sondern das Erreichen des militärischen Zieles an erster Stelle stehen MUSS. Aber er ist halt nur ein Politiker und diese leben in einer Parallelrealität.

Selbstverteidigungsminister Guttenberg und die Wehrpflicht

Laut Tagesschau will unser hochwohlgeborener Selbstverteidigungsminister den Wehrdienst auf 6 Monate verkürzen.

In dem Interview nannte Guttenberg als Ziel, „einen attraktiven Wehrdienst zu gestalten“, so dass junge Männer diese sechs Monate als einen Gewinn im Leben sehen könnten.

Er prahlt ja so gern, dass er selbst Unteroffizier der Reserve wäre und weiss wie das Militär tickt. Spätestens mit dieser Schnappsidee zeigt er aber seine Ahnungslosigkeit. 6 Monate Grundwehrdienst? Wie soll das funktionieren?

In einer immer techniklastigeren Truppe sind selbst die 3 Monate Grundwehrdienst eher als kurz zu bezeichnen. Da wird man nichts abknappsen können. Nach der Grundwehrdienstzeit würde der Grundwehrdienstleistende keine 3 Monate mehr in der eigentlichen Einheit sein können.

Wie lange würde der Soldat seine Befähigung als Soldat REAL einsetzen können? Von den drei Monaten (rechnen wir 22 Arbeitstage pro Monat) – somit 66 Tage-   gehen ab:

  • ca. 15 Tage Urlaubsanspruch – verbleiben 51 Tage
  • 2 Tage als Reisetage – verbleiben 49 Tage
  • 2 Tage als Sonderurlaub – verbleiben 47 Tage
  • 2 Tage (pauschaliert) Krank – verbleiben 45 Tage
  • 10% der aktiven (51 Tage)  Zeit darf man gern als Sport abziehen – verbleiben 40 Tage
  • 7 Tage Zurechtfinden in der neuen Einheit – verbleiben 32 Tage
  • MINDESTENS 4 Wochen (20 Tage)  Einarbeitung im Job – verbleiben 12 Tage

Da eine Einarbeitungszeit (je nach Anforderung der Tätigkeit) von 2-3 Monaten bis zu 6 Monaten deutlich realistischer erscheint, kann man diesen Vorstoß unseres Selbstverteidigungsministers als unüberlegt, amateurhaft oder gar als hirnrissig bezeichnen. Liebe Kollegen von den Gebirgsjägern, ich als ehemaliges Mitglied der Marine möchte euch nicht zu nahe treten, aber was habt ihr denn dem Verteidigungsminister beigebracht? Hat der nur Gemsen geschubst und Gipfelkreuze geputzt? Auch euer Job dürfte anspruchsvoller sein, als man es in 6 Wochen vermittelt bekommen kann.

Die Wehrpflicht gehört ganz abgeschafft und durch eine gescheite, gute ausgebildete Berufsarmee ersetzt. Scheiss auf die Befindlichkeiten der Pflegedienste, die ohne Zivildienstleistende (welche es nur Dank des Wehrdienstes gibt) zusammenbrechen. Denn Zivis sollten ohnehin nur ZUSATZaufgaben erledigen.

Und einen jungen Menschen für nur SECHS Monaten aus seinem Beruf rauszureissen ist ja wohl noch hirnrissiger als dies für 9 Monate zu tun.

Die Irrlichtgestalt Unteroffizier der Reserve Guttenberg

Es sind die Medien und nicht die eigenen Taten, die unseren geschniegelten Selbst-Verteidigungsminister zu einer Lichtgestalt machten. Und die unkritische Beweihräucherung geht in einigen Medien ungebremst weiter. Der „Nordbayerischer Kurier“ (Bayreuth) schreibt zum Beispiel (kein direkter Link, Zitat über FTD):

„Guttenberg weiß als Unteroffizier der Reserve, wie das Militär tickt.“

Ja, der Unteroffizier der Reserve.. Hört sich erstmal gut an. Aber wie lange hat Guttenberg denn bei der Bundeswehr verbracht, dass er dieses Wissen um die Bundeswehr hat? Wikipedia hilft da:

1991 leistete Guttenberg seinen Grundwehrdienst im Gebirgsjägerbataillon 233 in Mittenwald. Er schied als Unteroffizier der Reserve aus.

Aha, Grundwehrdienst. Welche Wehrdienstzeit musste man denn 1991 ableisten? Ab 1990 betrug die Wehrdienstzeit gerade mal 12 Monate! Verzeihung, aber deutsche Wehrpflichtige meiner Altersklasse hatten eine Wehrdienstzeit von 15 Monaten und wissen dann wohl noch besser „wie das Militär tickt“.

Alles Bullshit. Ich bin damals dem Spruch :“Männer wie wir: Z4 – wer dann noch lacht Z8″ (ohne zu lachen) gefolgt und habe genügend Vollhonks im Range eine Unteroffiziers kennen gelernt. Denn gerade die jungen Uffze haben KEINE Ahnung wie das Militär tickt, denn sie verbringen die meiste Zeit mit Grundausbildung und Unteroffizierslehrgang. Eine echte Stehzeit in der Truppe haben die nämlich typischerweise nicht.

12 Monate Gesamtwehrdienst – 3 Monate Grundausbildung – 6 Monate Unteroffiziersausbildung – 4 Wochen Urlaub = ZWEI Monate in der Truppe

Der gegelte Bengel hat nicht mal seine Probezeit im aktiven Dienst hinter sich!

Musste in der Rubrik „Prüfe deine Quellen“ mal gesagt werden