Wenn Gesetze sich anfangen zu beissen

Viele Medien berichten berichten über Jugendschutz-Medien-Staatsvertrag, den neuen Versuch der unserer Regierenden die Internetsperren über einen Umweg zu etablieren. Der AK-Zensur hat da auch schon seine Stellungnahme veröffentlicht.

Ich möchte das ganze Thema mal aus meiner eigenen Sicht betrachten, schließlich ist die Firma, die mir mein Gehalt bezahlt, ja auch direkt von den geforderten Umsetzungen betroffen.

Wir als Rechenzentrum wären nach dem aktuellen Entwurf des überarbeiteten(Link =PDF) Jugendschutz-Medien-Staatsvertrages verantwortlich für die Inhalte, die unsere Kunden auf den ihnen gehörenden Servern bereit stellen. Daraus ergibt sich, dass wir JEDEN Traffik kontrollieren müssten, der die Server unserer Kunden verlässt. Abgesehen von den (nicht wirklich)  zu bewältigenden Datenmengen, stelle ich mir die Frage nach dem Datenschutz.

Das Internet besteht nicht nur aus WWW, sondern auch z.B. FTP- und Maildaten. All dies wird in unserem Rechenzentrum bereit gestellt und der Traffik läuft über unsere Uplinks in das Internet. Um eine Verantwortung für die von unseren Kunden bereit gestellten Daten übernehmen zu können, müssten wir wissen was unsere Kunden denn überhaupt so alles auf ihren Servern anbieten. AUCH FTP-Daten, die ja des öfteren (auch von sehr seriösen Firmenkunden für deren Kunden und Interessenten) bereit gestellt werden.

Ich höre die Datenschützer schon aufschreien und einige Kunden ins Ausland abwandern, wenn ich tatsächlich jegliche Daten sichte. Ob die zuständigen Gremien Kontakt zum BSI haben? Eine der am tiefsten ins Marmor gemeisselten Gesetze der EDV-Administration heisst: „Lass die Finger von Daten, die nicht dir gehören – DENKE nicht mal daran sie zu sichten“. Als Admin kann man sehr viel sehen, aber man tut es nicht. Ein Übertreten dieser Regel ist in allen (vernünftigen) Firmen ein sofortiger Kündigungsgrund. Lieber den silbernen Löffel klauen, aber Finger weg von Kundendaten.

Und damit soll jetzt Schluss sein? Da rieche ich aber schwer die längst getrocknete Tinte unseres Ex-Überwachungsministers Schäuble, sowie dessen Schergen vom Verfassungsschutz und BKA, die lange den Boden der Vernunft und Rechtsstaatlichkeit verlassen haben.

Eine Umsetzung der gemachten Forderungen würde das kommerzielle Internet nahezu gänzlich zerstören, denn nur noch gesichtete und danach gekapselte Inhalte dürften (guten Gewissens) von RZ-Betreiber und Hostern der Welt zur Verfügung gestellt werden.

Politisches Blablabla als Antwort – ich WUSSTE es

Hier schrieb ich über eine kleine Anfrage der FDP, in welcher Sie um Stellungsnahme zu diversen Punkten bezüglich der Internetsperren bat. Ich prognostizierte:

  • Keine konkreten Zahlen
  • Ist in Arbeit, noch nichts Konkretes
  • Keine konkreten Erkenntnisse
  • Aber alles was von der Leyen sagt ist wissenschaftlich fundiert!

Tja, und was ist passiert: Ich habe natürlich recht behalten. Ich mache mir nicht die Arbeit alles herauszuarbeiten, dies hat Alvar schon getan, von dem ich Teile einfach mal abkopiere:

Frage: In welchen Ländern steht Kinderpornographie bislang nicht unter Strafe?

Antwort: Dazu liegen der Bundesregierung keine gesicherten Kenntnisse im Sinne rechtsvergleichender Studien vor. […]

Frage: Wie viele Server […] stehen in Ländern, in denen Kinderpornographie nicht unter Strafe steht?

Antwort: […] [Die Bundesregierung] hat keine Informationen über Serverstandorte in solchen Ländern.[…]

Frage: Über welche wissenschaftlichen Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Verbreitung von Kinderpornographie […]

Antwort: Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse. […]

Frage: In welchem Umfang plant die Bundesregierung die vergabe einer wissenschaftlichen Studie über das Ausmaß und die Wege der Verbreitung von Kinderpornographie im Internet und Wege zur Effektiven Bekämpfung solcher Inhalte?

Antwort: Die Bundesregierung plant derzeit nicht die Vergabe einer wissenschaftlichen Studie. […]

Ist das nicht entzückend, wie berechenbar unsere Anscheinspolitiker sind? Bei Alvar gibt es die gesamte Antwort auch als PDF zum downloaden und staunen.

Am besten gefallen mir die Antworten aus 12:
Die dänische Liste enthielt KEINE Server in Deutschland, welche (nach deutschem Recht) strafbare Inhalte vorhalten würden. Aber DENNOCH bezieht sich vdL auf auch diese Zugriffszahlen (blockierte Seiten), um zu beweisen wie wichtig die Sperren sind.

Auch das Springespiel -> Antwort 15 -> Antwort 13 -> Antwort 12 ist HOCHGRADIG interessant! Dem kann (MUSS) man entnehmen, dass auch die gesperrten Inhalte aus anderen europäischen Staaten NICHT nach deutschen Recht strafbar wären. Aber auch diese Server werden zahlenmässig in vdLeyens Zahlenspielen MISSBRAUCHT!

Was für ein Possenspiel!