Gesundes Understatement?

„Sie werden sich wünschen, wir wären politikverdrossen“ betitelt der Spiegel einen Bericht über den selbstständigen, unabhängigen Wahlkampf, den „das Netz“ gerade durchführt.Wobei „Wahlkampf“ als Begrifflichkeit wohl nicht den Kern dessen trifft, was das Netz gerade bewegt. Vielmehr ist es Aufklärung und Einschätzung von Sachlagen, Fakten und Politikerverhalten.

Kampfansage an SPD und Union: Nach dem Bundestagsbeschluss über Internet-Sperren kündigt die Netzgemeinschaft eine breite Front gegen die Netz-Wahlwerbung der beiden Parteien an – Online-Strategen von SPD und Union stehen vor einem echten Problem.

schreibt der Spiegel. Das sehe ich etwas anders. Natürlich stehen gerade die regierenden Parteien besonders im Visier der im Netz Aktiven. Dies liegt aber mehr daran, dass sie mehr verwertbares Material von sich geben, als dass sie die einzigen Parteien „unter Beobachtung“ wären.

Im Moment scheint es vielmehr so zu sein, dass die Parteien NICHTS von Obama gelernt haben. Was waren unsere Politiker schnell aktiv und erklärten: 2009 der Wahlkampf auch im Netz vorangetrieben. Es geht aber nicht darum, das Netz mit seinen geistigen Plattidüden vollzumüllen, sondern sich den Herausforderungen der modernen Kommunikationsgesellschaft zu stellen. Und genau das haben es die deutschen Parteien nicht geschafft. Hinzu kommt natürlich, dass die Regierung mittels der Politik der letzten Monate es geschafft hat die eigene Inkompentenz als weithin sichtbares Banner vor sich her zu tragen.

Schon stellen diejenigen mit Internetkompentenz (zu Recht!) die Frage, ob unsere Regierenden alle anderen Gesetze genauso dilletantisch und bar jedes Realitätsbezuges umsetzen. Wird über Gentechnologie genauso ignorant und lobbyabhängig entschieden, wie über moderne Kommunikationswege? Die Antwort MUSS lauten: Ja.

DAS ist etwas, das ein nicht unerheblicher Teil der „Netzteilnehmer“ realisiert hat: Unsere Politiker (nicht alle, aber zu viele!)  sind Dilletanten, die wenig Ahnung von dem haben, über das sie entscheiden. Würden wir einem Arzt vertrauen, der zwischen Kopf und Popo nicht unterscheiden kann? Mit dieser Erkenntnis fängt das Netz an, jede Entscheidung eines jeden Politikers zu kontrollieren. Und das moderne Kommunikationsmedium Internet ermöglicht es, die Erkenntnisse schnell und breit zu verteilen.

In einem Roman von Robert Ludlum (OK, ist mehr Gebrauchsliteratur, aber nett…. Die Ambler Warnung) taucht die Aussage auf:

Man darf nicht daran zweifeln, dass eine kleine Gruppe Bürger durch Klugheit und Einsatz die Welt verändern kann. Denn nur solchen Gruppen ist es im Laufe der Geschichte jemals gelungen.

Vielleicht haben wir die Chance, dass wir unser Land ein bisschen besser machen können, wenn unsere Politiker schon versagen. Eine Art (friedliche!!) ausserparlamentarische Opposition im Netz.

Yes we can – make money …. but unfortunally not lick our balls

Das, worüber ich gerade – via Welt – gestolpert bin, macht, dass ich nicht weiss, ob ich lachen oder weinen soll. Bei einem irisches Online-Wettbüro werden Wetten angenommen, welche Formulierungen in der Antrittrede Obamas zu finden sein könnten. Ein paar Auszüge gefällig?

  • Always bet on black!          500:1
  • Beacon of freedom              33:1
  • Yes We Can                        10:1

Man kann aber auch Wetten abschliessen, welches Kleid die neue First Lady tragen wird. Sowohl der Deisgner als auch die Farbe ist hier gefragt.

Womit wir bei dem alten Spruch angekommen sind, der damals die Motiviation zum „kreativen Umgang mit Technik“ erklären sollte: Why do dogs lick their balls? Because they can. Sorry Herr Obama, but THEY really can 🙂 Aber was treibt jemanden an, sein Geld auf solch wirklich unwichtigen Dinge zu verwetten? Als Gesprächsthema, morgens um 02:00, am Tresen im Halbrausch. OK, aber onlinewetten? Naja, anscheinend gibt es einen Markt dafür, sonst würde man es ja nicht tun.

Obama holt Clinton ins Boot

Und da dies nun ein Fakt und keine Annahme ist, will ich das hier auch mal kommentieren.

Ich persönlich finde es grossartig, wie dieser Barack Obama offensichtlich etwaige parteiinterne Querelen und „Anzickereien“ während des Wahlkampfes einfach beiseite schiebt um sein optimales Team zusammen zu stellen. Es erheben sich die Stimmen, die da sagen, dass Clinton für den Irak-Krieg war und eher konservativ eingestellt sei. Aber es geht nicht um die Vergangenheit, sondern um die Zukunft und um generelle Fähigkeiten. Und diese scheint Hillary Clinton in Obamas Augen zu haben. Wenn Obama wirklich eine Veränderung will, braucht er dazu die besten Leute. Und diese besten Leute muss er auf seine Spur bringen.

Ich musste an den alten Sprich „If you can’t beat them, buy them“ denken. Wie bringt man „Gegner“ am besten auf seine Linie? In dem man sie „kauft“ – bei Menschen ist dies: Ihnen einen Job geben. So wird Clinton ihre Fähigkeiten im Interesse Obamas nutzen, der durch sein Charisma und vor allem auch durch die Chance die er (nicht nur) seiner ehemaligen Wahlkampfgegnerin Hillary Clinton gibt, nicht zuletzt in der Achtung der angestellten Personen deutlich gestiegen sein dürfte.

Für mich sieht es so aus, als wenn dieser Mann tatsächlich dabei ist Wahlkampfversprechen umzusetzen und nicht nur zu entschuldigen. Noch gehört ihm meine Bewunderung.