In Deutschland definiert ausschliesslich der Staat den Grad der Demütigung

Wer schon mal in der sehr-sehr ungünstigen Lage war, sein von Hartz-IV-Mitteln finanzieren zu lassen, weiss dass dieses gefühl nicht wirklich schön ist. Ich kenne dieses gefühl und weiss, wie erbärmlich erniedrigend sich der „Abgrund der Gesellschaft“ anfühlt. Denn genau das ist es, was einem immer wieder – vor allem in den Medien – indirekt vorgeworfen wird: Man sei – wie Wallraff – ganz unten.

Aber der Staat bestimmt, WIE unten der Hatz-IV Empfänger ist, denn in Göttingen wurde einem Hartz-IV-Empfänger Mittel gestrichen, weil er sein Einkommen durch …. BETTELN erweitert habe. Die TAZ schreibt:

Die Stadt Göttingen hat einem Sozialhilfeempfänger die Unterstützung gekürzt, nachdem er sich durch Betteln Geld dazuverdient hat. Die Stadt bestätigte am Freitag den Vorgang, sprach aber von einem Einzelfall. „Wenn die Verwaltung Kenntnis von zusätzlichen Einkünften von Leistungsempfängern erhält, muss dieses zusätzliche Einkommen auf die Leistungen angerechnet werden“, schreibt die Stadt in einer Stellungnahme. So schreibe es das Sozialgesetzbuch vor.

Ist erbetteltes Geld Einkommen? Oder eher als Geschenk oder Almosen zu bewerten? Almosen wird von Wikipedia wie folgt definiert:

Ein Almosen (von griech.: ἐλεημοσύνη (eleēmosýnē) „Mitleid, Mildtätigkeit“) ist eine materielle Gabe an einen bedürftigen Empfänger ohne Erwartung einer materiellen Gegenleistung dieses Empfängers.

Muss ein Hartz-IV-Empfänger auch eine Einladung zu einer warmen Mahlzeit oder eine angebotene Zigarette als „Einkommen“ angeben? Wie sieht es mit Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenken aus? Ich stelle mir das sehr skuril vor, wenn nach Weihnachten die Ströme der Hartz-IV Empfänger zur Arge rennen um dort ihre Weihnachtsgeschenke schätzen zu lassen (schliesslich hat man ja keine Quittung!).

Aber die Stadt Göttingen sagt: Alles in Ordnung:

Die Stadt verteidigte in ihrer Stellungnahme das Vorgehen des Sozialamtes. Zwar werde nicht gezielt nach Einkünften aus Bettelei gefahndet, in dem vorliegenden Fall handle es sich allerdings um eine „Zufallsbegegnung“. Der Mitarbeiter sei dieser pflichtgemäß nachgegangen, ihm sei folglich kein Vorwurf zu machen.

Ich kann mir nicht helfen, aber ich muss an der Stelle an Begriffe wie Denunziant denken und wünsche mir einmal mehr, dass jeder Bundesbürger sich einmal im Leben – ein halbes Jahr lang, sonst bringt das nichts) vom Hartz-IV-Satz  finanzieren muss. Nur damit man weiss, wie sich das anfühlt und sein Weltbild mal ein wenig angleichen kann…

Arbeitslosenproblem in Deutschland dank Wikileaks gelöst

Wer einen Link auf eine Seite mit strafbarem Inhalt verbreitet oder zugänglich macht, macht sich in Deutschland also strafbar. So geschehen bei dem Inhaber der Domain wikileaks.de. Im Lawblog beschreibt Udo Vetter den Vorgang, den er anwaltlich begleitet wie folgt:

Theodor R. wird vorgeworfen, Beihilfe zum Vertreiben von kinderpornografischen Schriften zu leisten. Und zwar dadurch, dass er seine Domain wikileaks.de schlicht und einfach auf die Internetseite wikileaks.org umleitet.

Die Begründung: Auf der verlinkten Startseite von wikileaks.org findet sich unter anderem ein Link zu einer australischen Sperrliste. Diese Sperrliste ist auf Wikileaks nicht nur zum Download als reiner Text verfügbar (Download-Bereich im oberen Teil). Sondern die Liste ist auf der verlinkten Seite im unteren Bereich nochmals wiedergegeben. Mit einem Unterschied: Die gesperrten Internetseiten sind dort per Hyperlink verknüpft.

Wer also auf (s)einer Webseite nach Wikileaks verlinkt, macht sich – nach deutschen gesetzen strafbar. Na toll liebe staatsanwaltlichen Ermittlungsbehörden. Ab sofort werden Nachtschichten OHNE Ende gemacht und es werden ganz sicher hunderte Ermittlungsbeamte eingestellt werden müssen. Denn gerade Fälle wie die australische Sperrliste dürften zu massivem Arbeitseinsatz führen. Die Suche auf DEUTSCHEN Webseiten nach Wikileaks bringt es auf einige Treffer:  „ungefähr 139.000 für Wikileaks“.

Wenn man nun die Verfolgungstheorie anwendet, dürften somit bald 139.000 Webseiten in der von der Leyenschen Sperrliste Einzug finden, linken sie doch alle auf kinderpornografisches Material.

Pressemitteilung des FITUG zum Thema Internetzensur

Auch der FITUG e.V. (Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft) hat sich jetzt deutlich zu Wort gemeldet und eine Pressemitteilung (PDF) zum Thema herausgebracht.Hier nur ein paar Auszüge, das Dokument ist sehr umfangreich und lesenswert.

In der Mehrheit enthalten die Sperr-Listen keine Webseiten mit illegaler
Kinderpornographie. Zudem entfernen die Hosting-Provider nach entsprechenden
Hinweisen tatsächliche kinderpornographische Inhalte in der Regel schneller, als ak-
tualisierte Filter-Listen verteilt werden.

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Letztendlich geht es nicht um Kinderpornographie. Es geht um die Etablierung
eines umfangreichen Filter-Systems für beliebige Inhalte. Weitergehende Sperren
wurden schon ins Gespräch gebracht, beispielsweise für (vermeintliche und tatsäch-
liche) Urheberrechtsverletzungen, ausländische Anbieter von Online-Glücksspiel,
islamistische Propaganda, jugendgefährdende Inhalte sowie Verletzungen von Mar-
ken- und Persönlichkeitsrechten. Die Vergangenheit zeigt, dass das Missbrauchspo-
tential nicht nur groß ist sondern auch genutzt wird. Kinderpornographie wird als
Vorwand benutzt, um Filtersysteme politisch durchzusetzen.

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Die am 5. Januar 2009 bekannt gewordene Sperr-Liste enthält nur vergleichsweise
wenig Einträge. Dennoch stehen die meisten gesperrten Webserver in den USA,
Deutschland und den Niederlanden. Es werden aber auch Websites aus Finnland
selbst blockiert, zum Beispiel http://lapsiporno.info/, auf der Matti Nikki über die
Sperren in Finnland berichtet.

..

Eine inhaltliche Analyse der in Finnland verwendeten Filterliste zeigt, dass unter
den rund 1000 analysierten Seiten kaum kinderpornographisches Material zu finden
ist. Nach dieser Analyse enthalten nur neun Webseiten kinderpornographisches Ma-
terial. Die Mehrheit der Webseiten enthält normale Pornographie, viele Webseiten
enthalten Darstellungen aus der Grauzone mit Teen-Bildern und Inzest-Comics.
Dies trifft auch für die in Deutschland betriebenen Webseiten zu. Da diese aber kein
nach deutschem Recht geeignetes Altersverifikationssystem nutzen, wäre schon
deswegen eine rechtliche Verfolgung der Inhaltsanbieter möglich.

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in
Dänemark wurde die Webseite einer niederländischen Spedition12 gesperrt, in Finn-
land die Webseite des World Wide Web Consortiums13 und auch die oben genannte
Analyse der in Finnland gesperrten Seiten. Auf der australischen Filterliste steht nach
Medienberichten die Webseite eines Zahnarztes ebenso wie eine Webseite14 eines
Deutschen Journalisten, auf der er sich wissenschaftlich mit dem Thema Gewalt aus-
einandersetzt.

Der FITUG e.V. fordert die Bundesregierung auf: Verfolgen Sie die Täter, nicht das Internet!

Weiteres dazu gibt es auch gibt es auch auf dem Blog von Alvar Freude