Quo Vadis deutsche Parteienlandschaft 2009

In meinen Augen gibt es ein paar Dinge  nach den Wahlergebnissen (Saarland, Sachsen, Thüringen) an diesem Sonntag festzustellen:

Die SPD steckt weiterhin in einem massiven Tief und scheint nicht von der Stelle zu kommen. Ich schätze, dass dies vor allem daran liegt, dass selbst eingeschworene SPD-Wähler (die SPD wählen, weil man dies tut) sich von der SPD abwenden, weil Sie eben nicht mehr die Partei der kleinen Leute ist. Die SPD hat sich von ihren sozialen Themen verabschiedet und verliert die Wähler an:

Die Linke. Auch wenn diese Partei von den Medien (allen voran die Springer-Presse) entweder ignoriert oder mit Schmähtexten überzogen wird, so sehen viele Wähler aus der Gruppe der „kleinen Leute“  in der Linken DIE Chance für Ihre Interessen. Keine Partei positioniert sich so klar für die Interessen der Menschen wie die Linke.

Die Grünen sind eine stabile Größe vor allem für Ökologie. Sie hat einen stabilen Bevölkerungsanteil, auf den Sie sich als Wähler verlassen können. Es gibt keine Partei, die sich den Themen der Grünen verschliessen kann.Dennoch sind sie eine Partei zum Lückenstopfen – dazu mehr unten.

Die CDU. Naja, sie sind DIE Gewinner dieser drei Wahlen – zumindest wenn man die Parteivertreter reden hört. Selbst ein Verlust von 11% scheint toll zu sein. (Diese Euphorie teilt die CDU mit der SPD – unverständlich, aber vielleicht sind Drogen im Sekt auf der Wahlparty). Die CDU kann in keinem Bundesland stärker denn zuvor aus diesen Wahlen hervorgehen.Dies sollte Frau Merkel zu denken geben, aber ist das eine ihrer Stärken? Ich weiss es nicht, kriegt man ja nichts von mit.

Die FDP. Naja, was soll ich dazu sagen. Meine Prinzessin fragte eben „Wer wählt eigentlich die FDP“. Ich gebe hier nicht wieder, was meine erste Antwort war, diese war zu böse. Ich schätze mal, dass sich in der FDP diejenigen sammeln, die von der CDU enttäuscht sind, aber eine Partei der Arbeitgeberseite wählen wollen.Also eher ein Anhängsel der CDU, als – so wie früher – eine Option für die Interessen der Parteien aus dem Bereich der „kleinen Leute“

Eine Partei spielt (noch) keine Rolle bei den Ergebnissen dieser Wahlen: Die Piraten. Die Piraten sind – wie die Grünen – eine Partei der wichtigen Einzelthemen. Sie besetzen von den „grossen Parteien“ unterbewertete Themen, die einer bemerkenswerten Anzahl von Wählern wichtig sind.

Ich persönlich schätze, dass in Zukunft sehr wahrscheinlich grössere Koalitionen häufiger realisiert werden müssen, als wir es in der Vergangenheit kannten.Die SPDler, die immer noch gegen die Linke argumentieren, sehen sehr-sehr schweren Zeiten entgegen. Die Grünen, die FDP – und wohl in Zukunft die Piraten – werden weiterhin als „Lückenstopfer“ agieren, um eine Mehrheit zu erreichen. Diese „Lückenstopfer“ werden aber wichtiger denn je sein und somit die von diesen kleinen Parteien vertretenen Themen an Wichtigkeit gewinnen. Es bleibt absolut spannend, was die Bundestagswahl 2009 angeht. Es scheint einiges offen sein zu können, wenn es sich weiter so entwickelt, wie es sich gerade abzuzeichnen scheint.

Anmerkung: Nebenbei läuft hier immer noch die ARD-Wahlsendung. Eine Person ist hier deutlich namtlich zu benennen: Ronald Pofalla. Der Typ geht ja wohl nun GARNICHT. Wer so arm an Argumenten ist, dass er es nötig hat ein Schreckgespenst von „Roten Socken“ (welche nebenbei stinken O-Ton) zu propagieren, ist inhaltlich weit weg davon, dass ich ihm zuhöre. Eine Partei die solche Menschen an Mikrofone oder gar ins Fernsehen lässt, scheint echte personelle Probleme zu haben.

Wieder wird ohne Richtervorbehalt auf unsere Daten zugegriffen

Und wieder ist es die armselige Allianz aus CDU und SPD die dem Bürger die Rechte an den eigenen Daten entzieht:

Der schleswig-holsteinische Landtag hat in seiner vergangenen Sitzungswoche einen Gesetzesentwurf beschlossen, der den Strafverfolgern im nördlichen Bundesland Zugang zu den sechs Monate lang verdachtsunabhängig von Telekommunikationsanbietern aufzubewahrenden Telefon- und Internetdaten verschafft.

vermeldet Heise. Und weiter:

Ein neuer Absatz in Paragraph 185a des entsprechenden Normenwerks stellt künftig sicher, dass die Polizei des Landes „zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person“ auf die bei den Providern gesammelten Verbindungs- und Standortdaten zugreifen darf.

Eine „gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person“ lässt sich aber sehr schnell konstruieren. Zum Beispiel vor einer Demonstration, vielleicht sogar vor den Zeugniskonferenzen? Im Alltag ist dieses Regelung ein Freibrief auf den Zugriff die Informationen:

  • Wer telefoniert hat.
  • Mit wem telefoniert wurde.
  • Wo sich die beiden Personen aufgehalten haben.

Mittels der Daten der Mobilfunkanbieter kann man ganz entzückende Bewegungsprofile erstellen. Wer braucht da noch Wanzen, die – wie in alten James Bond Filmen – unter Stoßstangen oder in Kleidungsstücken versteckt werden?

Wer in diesem Land noch SPD und/oder CDU wählt muss unter dem Stein der Blindheit leben.

Finanzieren und Ignorieren

Der Bundestag unterhält (und finanziert diesen von Steuergeldern) einen wissenschaftlichen Dienst. Das Besondere an diesem wissenschaftlichem Dienst scheint zu sein, dass seine Ergebnisse geflissentlich ignoriert werden, wenn diese den politischen Zielen der Parteien nicht ins Bild passen.

So berichtet Heise gerade, dass:

Laut einem heise online vorliegenden Kurzgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags könnte das Wiesbadener Polizeiamt in seiner Funktion als „Zentralstelle Kinderpornographie“ Provider im außereuropäischen Ausland direkt über solche Angebote auf ihren Servern informieren und sich so Umwege über nationale Behörden ersparen.

Was für verheernede Folgen dies hätte, kann man in o.a. Artikel ebenfalls lesen:

Ein Gegenbeispiel für die Praxis des BKA liefert die von den Bundesländern getragene Initiative Jugendschutz.net. Sie geht auf dem „kleinen Dienstweg“ mit direkter Benachrichtigung von Host-Providern erfolgreich vor allem gegen rechtsextreme oder andere jugendgefährdende Inhalte im Netz vor. Laut ihrem Jahresbericht 2007 konnte die Einrichtung in 80 Prozent solcher Fälle erreichen, dass selbst solche Angebote gelöscht wurden, die international nicht derart wie Kinderpornographie geächtet werden.

Aber wenn man denn die Angebote gar nicht von der Server haben möchte, dann muss natürlich ein Ermächtigungsgesetz her.

Dies ist nicht das erste Mal, dass der (wohl eher nicht von den Internetfreaks manipulierbare….) wissenschaftliche Dienst seine Arbeit vergebens macht. Zum Thema Netzzensur wurden dessen Ergebnisse schon einmal einfach ausgeblendet.