Der Spiegel labt sich an seiner eigenen Widerwärtigkeit

Der Spiegel – zu Kaisers Zeiten ein Kampfblatt und ein Fels in der Brandung der Informationsflut – ist wahrlich höchstens noch als „ehemaliges Nachrichtenmagazin“ zu bezeichnen.

Als ehemaliger Marinesoldat habe ich die Vorkommnisse um die Gorch Fock sehr interessiert beobachtet und auch hier mehrfach kommentiert. Stets mahnte ich an, ein wenig auch die andere Seite der Medaille zu betrachten – während ich das Gefühl hatte die „Qualitätsmedien“ würden die Gorch Fock am liebsten mit ihren Meldungen versenken wollen. Ganz weit vorn in dieser Meinungsmache war der Spiegel. Gibt das Thema doch alles her, was den Spiegel früher mal zu einem interessanten Magazin machte: Politik und Militär.

Heute nun erscheint ein offener Brief der Stammbesatzung, der zu den Anschuldigungen Stellung nimmt. Und wie berichtet der Spiegel darüber?

Aus ihrer Frustration über Verteidigungsminister Guttenberg machen die Soldaten keinen Hehl. „Wir, die Stammbesatzung der ‚Gorch Fock‘, fühlen uns sehr alleine gelassen – hier am Ende der Welt“, heißt es im Text.

Das diese Frustration auch ganz massiv durch die Berichterstattung und die ungeprüften Anklagen der deutschen Presse (auch des Spiegels) entsteht, wird hier nicht erwähnt. Diese Soldaten fühlen sich GANZ sicher auch und gerade ungenügend vor den wilden Anschuldigungen der Presse geschützt.

Den Vorwurf der Drangsalierung bis hin zur Nötigung weisen die Soldaten ebenfalls zurück. Vielmehr sei es Ziel der Mannschaft gewesen, den Segelschüler „behutsam und unter Aufsicht physisch und psychisch bis an die Grenzen seiner individuellen Belastbarkeit“ zu führen, damit er im Fall des Falls „ruhig, sicher und beherrscht handeln kann“.

Wer hat dies episch ausgebreitet? Z.B. der Spiegel.

Ähnlich erklärt die Mannschaft auch Berichte über eine sexuelle Nötigung an Bord. Ein Rekrut hatte erwähnt, er sei beim Duschen von Unteroffizieren bedroht worden. Aus Sicht der Mannschaft hingegen seien dies nur „lapidar geäußerte Sprüche von jungen Soldaten“ gewesen. Auch wenn diese „unterhalb der Gürtellinie“ gewesen sein mögen, handele es sich um eine Art Scherz. „Zu keiner Zeit wurde hier an Bord ein Soldat von einem anderen angefasst oder gar sexuell belästigt“, stellen die Besatzungsmitglieder fest. Zudem habe der Kapitän alle an Bord nach dem Fall eindringlich verwarnt.

Wer hat diesbezüglich die Öffentlichkeit über „sexuelle Übergriffe“ informiert?

Der Minister solle durch den Brief verstehen, dass die Mannschaft durch die Presseberichte aber auch durch die Suspendierung des Kapitäns schwer verunsichert sei. (Hervorhebung von mir)

Ja, die Presse sollte manchmal nicht nur auf reisserische Überschriften abzielen, sondern eher einmal nach der Wahrheit suchen.

Die Vorgänge um die Gorch Fock sind leider ein wunderbares Beispiel für einseitige Berichterstattung und die Folgen, für die unseren „Qualitätsmedien“ natürlich nicht verantwortlich sein wollen. Fast so wie die Politiker.

Deutscher Schutz nur für die Deutsche Flagge

Die FTD schreibt, dass in naher Zukunft deutsche Soldaten der Marine direkt an Bord der handelsschiffe für Sicherheit vor Piratenangriffen sorgen sollen. Leider geht nicht aus den Bericht hervor, ob es „reguläre“ Marineschutzkräfte (MSK) oder gar Spezialisierten Einsatzkräfte der Marine (SEK M) sind. Wahrscheinlich aber „nur“ Marineschutzkräfte.

Wie auch immer – generell ist es ja die Aufgabe der Marine, dafür zu sorgen, dass Deutsche Interessen auf den Weltmeeren zu schützen – speziell die Handelsschifffahrt. Insofern spricht bei erster Betrachtung nichts gegen einen diesbezüglich Einsatz.

ABER: Gibt es eine deutsche Handelsmarine denn eigentlich noch? Wieviele deutsche Seeleute verdienen noch ihr Geld mit der internationalen Seeschifffahrt? Oder ist das Geschäft mit dem Seetransport nicht schon lange von deutschen Reedern über Länder abgedeckelt, welche es ermöglichen nach Ausflaggung unter Billigflagge zu fahren?

Ausflaggung ist der Wechsel in das Schiffsregister eines anderen Staates, zumeist in einen Staat mit sogenannter „Billigflagge“ mit dem Ziel, Kosten zu sparen. Gespart wird an Sicherheitsstandards an Bord, denn die deutschen Vorschriften sind relativ streng, und vor allem an den Löhnen und weiteren Sozialleistungen für die Besatzungsmitglieder (festgelegt in den nationalen Schiffsbesetzungsordnungen, die einen Standard für Zahl und Qualifikation der Besatzungsmitglieder setzen, sowie durch das Lohntarifsystem).  (Quelle Wikipedia)

Ich plädiere eindringlich dafür, diesen (in meinen Augen vor Somalia sinnvollen) Schutz ausschliesslich für Schiffe zu gewähren, die auch unter deutscher Flagge fahren. Die Patriot, die von den Medien als entführtes deutsches Schiff bezeichnet wurde, läuft unter maltesischer Flagge. Also: KEIN Schutz. Die vorher entführte MV Hansa Stavanger fährt unter deutscher Flagge: Schutz!

Sollen die Reeder doch mal lernen, dass man – wenn man die Vorteile eines deutschen Systems zurückgreifen möchte, auch nach dessen Regeln zu spielen hat. Ansonsten können sich die Reeder doch gern vertrauensvoll an die Marine in Panama, Malta, Liberia, Bahamas, Zypern oder ähnlichem wenden. Ach, die haben keine ernstzunehmenden Marinestreitkräfte? Schade, Pech gehabt. Aber geiz ist geil ….

Ausserdem können – glaube ich – deutsche Soldaten auf nicht deutsch beflaggten Schiffen gar nicht eingesetzt werden. Schliesslich ist der Boden des Schiffes Territorium des Heimatlandes…. har-har …