Rente mit 70? Oder: Was ist mit Peter?

Es ist schon interessant, wenn sich Sesselpupser, also Menschen die ihr Leben lang in gut klimatisierten Räumen an ihren Schreibtischen saßen, fordern das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Geradezu perfide wird es, wenn der fordernde Personenkreis nicht einmal von der Rente leben muss, da er entweder eine Pension erhalten wird, oder in eine alternative Altersabsicherung einzahlt/einzahlen darf. Diese Personenkreise können eigentlich bereits mit 60 problemlos in den Ruhestand gehen, da ihre rechnerische Alterssicherung ihnen ein recht komfortablen Ruhestand erlauben würde. Das einzige, was dem entgegensteht, ist der derart hohe Lebensstandard, an den man sich nun Jahrzehnte gewöhnt hat.

Was aber ist mit denjenigen, die heute vom Mindestlohn leben und/oder schwer körperlich arbeitend ihren Lebensunterhalt verdient haben? Ich möchte hier kurz ausholen und die Geschichte meines guten Freundes Peter erzählen:

Peter hatte in seiner Jugend echt Pech. Er hatte seinen Hauptschulabschluss noch nicht in der Tasche, als seine Mutter starb. Peters Welt brach zusammen. Sein Vater war „bemerkenswert“ und gab dem pubertierenden Peter keinen halt. Es kam, wie es kommen musste: Peter brach die Schule ab, und verdiente sein erstes eigenes Geld in dem er im angesagten Cafe Adler kellnerte. Das hätte ein paar Jahre so gehen können, aber das Cafe Adler wurde geschlossen und Peter brauchte Geld, also sucht er er Arbeit. Nun hatte Peter in gewisser Weise Glück, denn er war das, was man einen „Kerl wie ein Baum“ nennt: Er war mächtig groß und stark. Also verdingte er sich abwechselnd als Helfer bei Gerüstbauern und Dachdeckern. Da beides Arbeiten sind, die den Körper mächtig belasten, konnte Peter dies nur 15 Jahre machen. Er war nämlich leider auch unvernünftig und war „zu fleißig“, belastete seinen Körper zu sehr. Am Ende lebte Peter von der „Sozi“ welcher er ab und an durch aushilfsweise Kellnerjobs auf dem Kiez entfliehen konnte.

Vor ein paar Jahren saß Peter mit mir auf der Veranda und während wir gemütlich eine Gerstenkaltschale tranken, kippte Peters Stimmung: Der damals 40 Jährige bekam Tränen in die Augen und erklärte mir:

Weißt Du eigentlich, dass ich bis an mein Lebensende von der Sozi abhängig sein werde?.

Ich war irritiert, was sagt man da? Ich konnte doch nicht sagen: Alterchen, mach dir keinen Kopf, ich weiß doch, dass Du dich wirklich immer bemüht hast deine Miete selbst zu bezahlen, lass dich fallen? Nee, dass geht nicht. Also versuchte ich ihm Hoffnung zu machen, dass es wohl einen Job geben muss, in dem er – mit ein bisschen Glück – noch langfristig unterkommen und Geld verdienen kann. Seine Antwort machte mich fertig:

Nee, das wird nix. Mein Körper ist kaputt: Knie, Rücken, Schulter, Wirbelsäule sind alle nicht mehr belastbar. Die Arbeit auf dem Bau hat mich zerrieben. Und die Kneipenjobs sind auch nix für mich. Ich habe ein Alkoholproblem und wenn ich die ganze Nacht zapfe, greife ich irgendwann zu. Und für einen Bürojob, so wie Du ihn hast, bin ich einfach zu doof. Holger, da komme ich nicht hin, dass ist meine Realität mit der ich fertig werden muss. Mein Leben ist eigentlich zu Ende.

Nun, ungefähr 15 Jahre später muss ich feststellen: Peter hatte recht. Er schaffte es nicht. Niemand gab ihm eine Chance. Er lebt weiterhin von Hartz-IV. Keine Chance aus dem Loch heraus zu kommen. Die Gesellschaft ließ ihn fallen.

Aber am Ende geht gar nicht um Peter, es geht um die Menschen, die mehr Glück hatten als Peter, ohne ihr Glück zu realisieren. Es geht um diejenigen, die es tatsächlich schaffen harte, körperlich belastende Arbeiten bis ins Alter von 50-60 Jahren durchzuhalten. Die in den letzten Jahren im Berufsleben von ihren Arbeitskollegen entlastet werden, weil „Der Werner, der schafft das nicht mehr so gut, lass uns das schleppen/stemmen“. Die sollen nun noch länger arbeiten? Und es geht um die Arbeitenden, die derzeit vom Mindestlohn leben müssen. Die niemals von ihrer Rente leben werden können.

Es gibt einen Weg aus diesem Dilemma: Eine große Rentenkasse, in die ALLE einzahlen. Arbeiter, Pensionäre, Freiberufler und alle diejenigen die derzeit in alternative Kassen einzahlen, weil die „privilegierten“ Berufsgruppen angehören. Jeder einen festen Prozentsatz, der nicht rabattiert wird. Dass man sich parallel noch separat weiter absichern kann, ist selbstverständlich. Aber getreu dem „Eigentum verpflichtet“, scheint dies der einzig langfristig gehbare Weg zu sein. Nur wehren sich die Profiteure des etablierten System natürlich mit Händen und Füssen dagegen.

Quo vadis Deutschland, quo vadis SPD?

Es ist mal wieder an der Zeit: Ich muss mal wieder bloggen, nach diesem Wahlabend natürlich politisch.

Den wahren Anstoß gab allerdings eine Grafik, die ich bei der Tagesschau fand – (hier nur der Inhalt): 30% der AFD-Wähler sind Arbeiter, 32% der AFD-Wähler sind arbeitslos.

SPD: Merkst du etwas? Das war einmal exakt DEINE Klientel! Diejenigen, die in einer kapitalistischen Gesellschaft besonderen Schutz benötigen, wählen AFD. Diese Wähler sind – auch über Umwege – zu einem Großteil ehemalige (oder typische) SPD-Wähler.

Woran liegt es also, dass eine Partei wie die AFD derart viele Stimmen bekommen kann? Ich versuche mal ein paar Punkte zu nennen:

  • NEIN (um dies gleich vorweg zu nehmen), es ist kein Problem der Bildung. Früher haben gerade diejenige, die die unteren Einkommensschichten repräsentieren (kein Abitur haben), die SPD gewählt. Und dies waren (und sind noch immer) sehr, sehr viele Wähler!
  • Die AFD hat zwar krude Inhalte (meine Meinung..), aber diese Inhalte vertritt sie ebenso konsequent wie wechselhaft (Mal „Raus aus dem Euro“, mal „Ausländer raus“). Da gibt es keine Gewackel – kein Rückzug vom Rückzug. Zuverlässigkeit ist etwas, dass der Wähler honoriert.
  • Solange ich denken kann, war „links“ böse. Wer (von den Älteren) kennt ihn nicht, den blöden Spruch „Dann geh doch nach drüben“. Linke Politik war – auch basierend auf dem kalten Krieg – böse-böse-böse. Rechtes Gedankengut war allerdings stets hoffähig. Schon Adenauer stellte konsterniert fest, dass er ohne „Altnazis“ keine Regierung und Verwaltung aufbauen kann. Die Rechten (egal wie weit rechts außen sie verortet sind), gehören irgendwie dazu. Wenn „Linke“ eine Rohrbombe platzierten, war es ein Terroranschlag. Wenn heute Rechte dies vor einem Ausländerheim tun, wird ein Straftatbestand festgestellt und geprüft ob es es ausländerfeindlich sein KANN. Links oder Rechts wählen? Diese Entscheidung wird den „Empfänglichen“ sehr einfach gemacht – seit 70 Jahren..
  • Erinnert ihr euch noch an die alten 1.Mai-Feiern? SPD und Gewerkschaften Hand in Hand? Sozis und Gewerkschaften gegen CDU und Arbeitgeber. Die Fronten waren klar. Und heute? Heute ist es die SPD, die Hartz-IV einführt und den Höchststeuersatz beendet. Selbst das Ende der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherung wurde unter der SPD durchgeführt. Wen also soll ein denkender Arbeiter wählen? Die SPD? Warum?

Diese Liste lässt sich noch deutlich weiter führen. Grüne und SPD gewinnen mit Unterstützung der Kanzlerin. Schon verrückt oder? Aber das ist eine „Ansage“, kein Hü und Hott, wie man es von Herrn Gabriel und Seehofer vorgesetzt bekommt.

Die AFD ist eine logische Folge der Misstände der vergangenen Jahre. Sowohl der Politik im Allgemeinen, als auch der SPD im Besonderen. Der Lieblingskanzler der Industrie, Schröder, legte den Grundstein des Untergangs. Und Siggi Gabriel gibt sein Bestes, diesen Weg weiter zu gehen. Egal ob es Waffenlieferungen in Krisengebiete, die TTIP-Unterstützung oder das Geeiere in Sachen Flüchtlings/Asylpolitik. Der Mann zersetzt sich selbst.

Was also bleibt dem „einfachen Menschen von der Strasse“ übrig? Wo soll das Kreuz gemacht werden. Und wenn die AFD für den Wahlberechtigte das kleinste Übel ist, liegt das Problem an den Parteien, die ihre Klientel komplett aus den Augen verloren haben.

Die Lösung für das Problem, die habe ich leider nicht. Aber vielleicht Ansätze:

  • Die SPD muss sich wieder auf ihren Namensinhalt „SOZIALdemokratisch“ besinnen und diesen konsequent vertreten. Eine CDU 2.0 braucht kein Mensch.
  • Rechte, nationale Gesinnung gehört in die Zeit vor dem 21sten Jahrhundert verbannt. Wir leben global und müssen auch so agieren. Dies muss man den Menschen erklären, ihnen Ängste und Befürchtungen nehmen. Der Mensch muss Teilhabe an den positiven Effekten erhalten und darf kein Opfer der Globalisierung sein.
  • Kanzler Schröders Geschenk an die Wirtschaft, Deutschland in ein Billiglohnland zu verwandeln, war und bleibt ein Irrweg. Die Schere zwischen Arm und Reich muss unbedingt kleiner werden (Remember Bismarck: Geben Sie dem Arbeiter das Recht auf Arbeit, solange er gesund ist, sichern Sie ihm Pflege, wenn er krank ist, sichern Sie ihm Versorgung, wenn er alt ist.)
  • Es braucht Verlässlichkeit und Vertrauen in Politiker. Dieses müssen sich die Menschen in der Politik erarbeiten.

Es wird ein langer Weg, aber er muss gegangen werden, wenn Deutschland weiterhin ein Land sein soll, in dem sich die Menschen verstanden fühlen und das Grundgesetz etwas ist, auf das man stolz sein kann.

Die Vorratsdatenspeicherung – was nun? Ein Lösungsansatz

Bekanntlich tritt das Gesetz zur neuen Vorratsdatenspeicherung ja nun am 18.12.2015 in Kraft. Das heißt, jede Bewegung des Handys, jedes Telefonat, jede Mail und noch einiges anderes wird pauschal registriert. In Bayern soll sogar das Landesamt für Verfassungsschutz (Ja, genau diese ehrlose Bande der kein vernunftbegabtes Wesen mehr traut), Zugriff auf die derart erhobenen Daten erhalten. Vorbei sind die Zeiten, dass diese Daten nur bei Schwerstkriminalität angefasst werden.

Kann man auch etwas gegen den gläsernen Bürger mittels Vorratsdatenspeicherung tun? Ich denke ja, zumindest wenn man ein paar Resourcen „über“ und einen Freundes/Bekanntenkreis, der sich wehren möchte, hat.

Gegeben sei eine Telefonanlage, auf der erst einmal alle eingehenden Anrufe der Teilnehmer auf einer zu definierenden Festnetznummer terminiert und auf das jeweilige Mobiltelefon weitergeleitet werden. Da die Weiterleitung mittels einer hinterlegten Tabelle realisiert wird, kann man diese Weiterleitungen jederzeit ändern. Im Kleinen kann ich z.B. mit meiner Frau und meiner Tochter einen Ringtausch anstoßen. Wir wechseln einfach zufällig die Telefone und ändern stets die Weiterleitung. Nun werden die Ermittlungsbehörden natürlich wissen, dass ich mich tagsüber an meinem Arbeitsplatz aufhalte, also wird das sich dort eingebuchte Telefon ein Hinweis sein, dass ich es bin der sich dort aufhält. Aber wer von uns ist Abends im Pub, wer im Kino und wer treibt sich auf dem Kiez rum? Mit drei Menschen ist die Verwässerung noch recht überschaubar. Ich kann mir aber vorstellen, dass eine erklecklich grössere Menge von Menschen hier genügend „Unruhe“ in die erfassten Daten bringen können, dass eine Beweisführung mittels „Sie haben sich um $Uhrzeit an $Ort aufgehalten“ schlicht ins Leere geht.