Vom Brexit lernen

So, die Abstimmung liegt hinter uns (also hinter den Bürgern von Groß-Britannien) und nach vielen (vor?)schnellen Reaktionen kann man nun – mit ein wenig Abstand – anfangen zu reflektieren.

Das Leben lehrte mich, dass ALLES auch gute Seiten hat. Jede noch so schmerzhafte Erfahrung ist eben eine Erfahrung. Und genau diese sollten genutzt werden um aus ihnen zu lernen um in Zukunft weiser zu sein.So wie Kinder sich immer erstmal ein Körperteil verbrennen müssen um zu wissen was die Eltern meinen, wenn sie sagen „Vorsicht, das ist heiß“. Die Urform von „Learning by burning“.

Was also können/sollten wir von der Brexit-Abstimmung lernen?

  1. Wähle niemals aus Protest, wähle stets nach deiner Überzeugung. Einige Brexit-Befürworter stehen nun wie begossene Pudel und erklären, dass Sie „denen“ nur einen Denkzettel verpassen wollten. Denke an Goethes Zauberlehrling: „Die ich rief, die Geister werd ich nun nicht los“.
  2. Wähle verdammt! Wie sagte es mein mittlerweile verstorbener Politik-Lehrer Heinz Lindau: „Aus jedem Recht erwächst auch eine Pflicht“. Eine Weisheit, die sich mir eingeprägt hat. Die Statistiken zeigen, dass ältere Wähler die Wahl massiv in Richtung „raus aus der EU“ beeinflusst haben, während jüngere für einen Verbleib in der EU gestimmt haben. Die Sache hat aber einen Haken: Die Wahlbeteiligung der Älteren war deutlich höher, als die der Jüngeren. Während bei den 18-24 Jährigen nur 36% der Wahlberechtigen teilnahmen, waren es bei den 65+: 83%. (Quelle) Ja, liebe Jungwähler, das habt ihr selbst verkackt! Wärt ihr Nichtwähler wählen gegangen hätte es vielleicht anders ausgesehen. Hört also auf zu jammern. Es schmerzt, aber gerade die jungen Menschen nutzen doch von morgens bis abends soziale Netze, warum nicht die Gleichaltrigen motivieren und von der Wichtigkeit der Abstimmung überzeugen?
  3. Informiere dich bevor du dich entscheidest. Kaum jemand rennt heute los und gibt Geld aus ohne sich vorher im Internet zu informieren. Wir treffen private Entscheidungen so, dass sie sich – möglichst – nicht negativ auf uns selbst auswirken. Über Urlaubsorte, Haushaltsgeräte Fahrzeuge etc. pp. informieren wir uns umfassend bei vertrauenswürdigen (!) Quellen, bevor wir uns entscheiden. Wir vertrauen nicht auf die Werbeaussagen der Profiteure unserer Entscheidungen (die machen doch nur Marketing), sondern erlesen uns eigenes Wissen. Warum also sollten wir ausgerechnet bei Wahlen auf die Profiteure (die Politiker..) hören? Die Politiker werden dank unserer Stimme schließlich genau so profitieren, wie die Aktiengesellschaft, die das Auto baut, das wir erwerben. Nur wenn wir einem Anbieter wirklich vertrauen (aufgrund Erfahrung), kann man sich vielleicht auf ihn verlassen. Aber selbst das ist heikel (wieso muss ich jetzt an den VW-Konzern denken?)
  4. Alle die irgendwie mit Politik zu tun haben, sollten (müssen!) lernen, dass man entweder die Meinungen und Emotionen des Volkes ernst nehmen oder  alternativ das Volk aufklären muss. Wissen über die Folgen einer Entscheidung und das Wissen über die Grundlagen der politischen Entscheidungen kann Wunder wirken.
  5. Beachte den kategorischen Imperativ – IMMER! Es ging das (böse) Wort, dass diejenigen die am wenigsten (weil kürzesten) unter dem Brexit (eventuell!) zu leiden haben (die Alten) diese Entscheidung am massivsten beeinflusst haben. Liebe Alte: Denkt an eure Kinder und Enkelkinder. Aber genau sollten die Raucher an Nichtraucher, die Autofahrer an die Radfahrer und Fußgänger denken. Denkt immer an ALLE. Ja, und auch die Deutschen sollten auf die Befindlichkeiten der Belgier, Engländer, Sudanesen und Isländer denken. Denn sehr viele unserer Entscheidungen haben auch Folgen für unsere Umwelt. Sei nicht egoistisch. Denke an dich, aber vergiss die anderen nicht.
  6. Vor allem: Entscheide langfristig. Die Folgen mancher Entscheidungen begleiten uns ein Leben lang. Nur sehr-sehr wenige Menschen werden mal eben ein Haus für sehr viel Geld kaufen. Eltern werden ihrem Kind nur selten erklären „Hach wenn Du keine Lust auf lernen hast, dann gehe halt nach den Pflichtschuljahren ohne Abschluss von der Schule“. Umso länger eine Entscheidung wirkt, desto mehr Zeit nehme dir für die Entscheidungsfindung.

Quintessenz: Handel überlegt und weniger emotional, nutze deine Möglichkeiten, informiere dich, lerne und denke an deine Umwelt. Und vor allem: Nimm dir angemessen Zeit um vorige Punkte wirken zu lassen.

Quo vadis Deutschland, quo vadis SPD?

Es ist mal wieder an der Zeit: Ich muss mal wieder bloggen, nach diesem Wahlabend natürlich politisch.

Den wahren Anstoß gab allerdings eine Grafik, die ich bei der Tagesschau fand – (hier nur der Inhalt): 30% der AFD-Wähler sind Arbeiter, 32% der AFD-Wähler sind arbeitslos.

SPD: Merkst du etwas? Das war einmal exakt DEINE Klientel! Diejenigen, die in einer kapitalistischen Gesellschaft besonderen Schutz benötigen, wählen AFD. Diese Wähler sind – auch über Umwege – zu einem Großteil ehemalige (oder typische) SPD-Wähler.

Woran liegt es also, dass eine Partei wie die AFD derart viele Stimmen bekommen kann? Ich versuche mal ein paar Punkte zu nennen:

  • NEIN (um dies gleich vorweg zu nehmen), es ist kein Problem der Bildung. Früher haben gerade diejenige, die die unteren Einkommensschichten repräsentieren (kein Abitur haben), die SPD gewählt. Und dies waren (und sind noch immer) sehr, sehr viele Wähler!
  • Die AFD hat zwar krude Inhalte (meine Meinung..), aber diese Inhalte vertritt sie ebenso konsequent wie wechselhaft (Mal „Raus aus dem Euro“, mal „Ausländer raus“). Da gibt es keine Gewackel – kein Rückzug vom Rückzug. Zuverlässigkeit ist etwas, dass der Wähler honoriert.
  • Solange ich denken kann, war „links“ böse. Wer (von den Älteren) kennt ihn nicht, den blöden Spruch „Dann geh doch nach drüben“. Linke Politik war – auch basierend auf dem kalten Krieg – böse-böse-böse. Rechtes Gedankengut war allerdings stets hoffähig. Schon Adenauer stellte konsterniert fest, dass er ohne „Altnazis“ keine Regierung und Verwaltung aufbauen kann. Die Rechten (egal wie weit rechts außen sie verortet sind), gehören irgendwie dazu. Wenn „Linke“ eine Rohrbombe platzierten, war es ein Terroranschlag. Wenn heute Rechte dies vor einem Ausländerheim tun, wird ein Straftatbestand festgestellt und geprüft ob es es ausländerfeindlich sein KANN. Links oder Rechts wählen? Diese Entscheidung wird den „Empfänglichen“ sehr einfach gemacht – seit 70 Jahren..
  • Erinnert ihr euch noch an die alten 1.Mai-Feiern? SPD und Gewerkschaften Hand in Hand? Sozis und Gewerkschaften gegen CDU und Arbeitgeber. Die Fronten waren klar. Und heute? Heute ist es die SPD, die Hartz-IV einführt und den Höchststeuersatz beendet. Selbst das Ende der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherung wurde unter der SPD durchgeführt. Wen also soll ein denkender Arbeiter wählen? Die SPD? Warum?

Diese Liste lässt sich noch deutlich weiter führen. Grüne und SPD gewinnen mit Unterstützung der Kanzlerin. Schon verrückt oder? Aber das ist eine „Ansage“, kein Hü und Hott, wie man es von Herrn Gabriel und Seehofer vorgesetzt bekommt.

Die AFD ist eine logische Folge der Misstände der vergangenen Jahre. Sowohl der Politik im Allgemeinen, als auch der SPD im Besonderen. Der Lieblingskanzler der Industrie, Schröder, legte den Grundstein des Untergangs. Und Siggi Gabriel gibt sein Bestes, diesen Weg weiter zu gehen. Egal ob es Waffenlieferungen in Krisengebiete, die TTIP-Unterstützung oder das Geeiere in Sachen Flüchtlings/Asylpolitik. Der Mann zersetzt sich selbst.

Was also bleibt dem „einfachen Menschen von der Strasse“ übrig? Wo soll das Kreuz gemacht werden. Und wenn die AFD für den Wahlberechtigte das kleinste Übel ist, liegt das Problem an den Parteien, die ihre Klientel komplett aus den Augen verloren haben.

Die Lösung für das Problem, die habe ich leider nicht. Aber vielleicht Ansätze:

  • Die SPD muss sich wieder auf ihren Namensinhalt „SOZIALdemokratisch“ besinnen und diesen konsequent vertreten. Eine CDU 2.0 braucht kein Mensch.
  • Rechte, nationale Gesinnung gehört in die Zeit vor dem 21sten Jahrhundert verbannt. Wir leben global und müssen auch so agieren. Dies muss man den Menschen erklären, ihnen Ängste und Befürchtungen nehmen. Der Mensch muss Teilhabe an den positiven Effekten erhalten und darf kein Opfer der Globalisierung sein.
  • Kanzler Schröders Geschenk an die Wirtschaft, Deutschland in ein Billiglohnland zu verwandeln, war und bleibt ein Irrweg. Die Schere zwischen Arm und Reich muss unbedingt kleiner werden (Remember Bismarck: Geben Sie dem Arbeiter das Recht auf Arbeit, solange er gesund ist, sichern Sie ihm Pflege, wenn er krank ist, sichern Sie ihm Versorgung, wenn er alt ist.)
  • Es braucht Verlässlichkeit und Vertrauen in Politiker. Dieses müssen sich die Menschen in der Politik erarbeiten.

Es wird ein langer Weg, aber er muss gegangen werden, wenn Deutschland weiterhin ein Land sein soll, in dem sich die Menschen verstanden fühlen und das Grundgesetz etwas ist, auf das man stolz sein kann.

Der Lotse ist von Bord – RIP Helmut Schmidt

Als (etwas älterer) Hamburger habe ich wahrscheinlich ein spezielleres Verhältnis zu dem Menschen Helmut Schmidt der 1974 Bundeskanzler wurde. Schon 1962 hat er sich – als damaliger Polizeisenator in Hamburg – bereits selbst ein Denkmal gesetzt. Als er durch das Ignorieren von Befehlsketten und Verantwortlichkeiten schlicht die Bundeswehr (und Natotruppen) quasi nötigte, die während der Sturmflut zu ertrinken drohende Bevölkerung zu retten. Er traf Entscheidungen und tat das – in seinen Augen – richtige. Er war ein Überzeugungstäter, für seine Überzeugung trat er ein und wuchs über sich hinaus.

OK, es gibt Themen da war ich nicht mit ihm auf einer Linie und bin es auch heute nicht: Der Nato-Doppelbeschluss oder die Einführung der Rasterfahndung (die heute noch genutzt wird). Andererseits hinterlegte er während des „heißen Herbst“ (RAF-Zeit) ein Schreiben bei dem damaligen Bundestagspräsidenten, in dem er bestimmte dass weder er, noch seine Frau – sollten sie entführt werden – freigekauft werden sollten. (Leider habe ich dafür keine Quelle gefunden – stimmt aber *gg*). Mir sind Politiker lieber, die AUCH mal eine Fehlentscheidung treffen, aber dann die Größe haben, dieses zuzugeben. Es gibt vieles, was man zitieren kann, hier seine Einstellung zum Koran:

https://www.youtube.com/watch?v=G8Fpa-9UIDA

Deutschland hat einen großen Bürger und die Welt einen großen Staatsmann verloren. Ruhe in Frieden – nun bist du wieder bei deiner Loki. Grüße sie von uns. Wir kommen alle nach – irgendwann.

Danke, dass es dich (auch für uns) gab Helmut.