„Mir ist langweilig“, „Ich weiss nicht was ich tun soll“, diese Sätze durfte ich früher des öfteren von meiner jüngeren Tochter hören. Dies hieß soviel wie: Hey Vatertier, bespaße und unterhalte mich. Ein Zeichen dafür, dass der Nachwuchs keine eigenen Ideen hatte, was „man“ tun könne.
Diese beiden Sätze scheinen das Lebensmotto von vielen Jugendlichen und Heranwachsenden zu sein (meine Ableger haben sich da geändert *schweiss abwisch*). Viele junge Menschen können nichts mit sich anfangen – dieses kann man feststellen und zur Tagesordnung übergehen. Oder man kann sich fragen: Warum ist dem so? Denn das Problem scheint sich wie ein roter Faden vom Kindergarten bis zur Arbeitslosigkeit mit Studium durch das Leben von vielen Menschen zu ziehen.
Um „mit mir“ etwas anzufangen, muss ich mir darüber klar werden, was ich eigentlich will und/oder wo meine Stärken, Neigungen aber auch meine Schwächen liegen. Diese Fragestellung gilt vollumfanglich sowohl im Bereich Freizeit, als auch im Berufsleben. Es nutzt nix mich beim Volleyballverein einzuschreiben, wenn ich ein Bewegungslegastheniker bin. Ohne jegliches Interesse an Musik, bringt mich auch der Erwerb einer Stradivari nicht nach vorn (es sei denn als Geldanlage). Ohne eine Fahrerlaubnis nutzt mir die Feststellung nichts, dass ich unbedingt selbst Geld verdienen will und mich als Kraftfahrer bewerbe. Ohne jegliches Interesse an Computertechnik sollte man einen weiten Bogen um ein EDV-Studium machen.
Liebe Jugendliche, Heranwachsende und Andere die es betreffen mag: Bevor ihr euer Leben plant, versucht euch selbst zu verstehen. Findet heraus, was ihr besonders gut könnt, was eure Neigungen sind um dann zu versuchen in diesem Bereich eure berufliche Perspektive zu finden. Macht aber auch nicht den Fehler zu erklären: Nun habe ich XYZ gelernt nun will ich auch unbedingt DIESEN Beruf ausüben. Manchmal dauert es eine Zeit bis das Jobangebot und ihr zusammen trefft. Nutzt die Zeit dazwischen!
(Fast) JEDE Tätigkeit ist irgendwie sinnvoll. Ich habe vor langer Zeit neun Monate im Lager eine Ledergroßhändlers gearbeitet. War ein Hiwi-Job. Aber ich konnte meine Miete bezahlen und habe sehr viel über Leder, Lederpflege, Lederherstellung sowie Orthopädie gelernt. In den 6 Monaten als Getränkeausfahrer (Bierkutscher) habe ich mehr über Menschen gelernt als so mancher Psychologiestudent in 5 Semestern, und auf der Hamburger Reeperbahn als Bierkutscher zu arbeiten ist ECHT bunt :).
Wenn ihr ein Hobby habt, dass euch Freude macht: Versucht es zu perfektionieren. Vielleicht wird daraus ein Beruf? Versucht euch informell so breit wie möglich aufzustellen. Ich habe mich lange Jahre hochspezialisiert – nachdem ich arbeitslos wurde stellte ich fest: FEHLER. Denn diese dedizierten Spezialisten finden nur sehr schwer einen Job. Baut euch eine breite Basis auf von der aus ihr dann agieren könnt.
Ihr wisst doch: Eine solide Basis ist die Grundlage eines jeden Fundaments! Spass beiseite: Wer gern als Englisch-Deutsch Übersetzer arbeiten möchte, sollte auch Spanisch und Französisch lernen. Was nutzt die Perfektion in Englisch/Deutsch, wenn der potentielle Arbeitgeber auch Bedarf an anderen Sprachen hat?
Obiges schwirrte mir schon längere Zeit durch den Kopf und musste einfach mal raus.
„… versucht euch selbst zu verstehen. Findet heraus, was ihr besonders gut könnt, was eure Neigungen sind …“
Ausch, das kann / muss / wird weh tun!
Aber *nur so* klappt das später auch mit anderen (Ehepartner / Kinder / Mitarbeiter / … ).
Als Nicht-Mehr-Jungendlicher bzw. Alter-Sack gehöre ich zwar nicht zur Zielgruppe deines Artikels aber Du triffst den Nagel voll auf den Kopf mit deinen Tipps. Warum nicht als Verkäufer bei McDonalds arbeiten oder als Möbelschlepper in einem Umzugsunternehmen. Das sind wichtige Erfahrungen für mich und haben nix mit dem zu tun was ich heute als meinen Beruf bezeichne, aber sie sind Teil meines Weges. Als Jungendlicher hast du diese Chancen, aber viele nehmen das nicht als Chancen wahr. Die Alternative zu einem Bohlen-Arschtritt bei DSDS ist nicht Hartz IV. Aber leider sind das die falschen Bilder die unsere heutige Mediengesellschaft vermittelt, fürchte ich.
@ra.f.:
Eines muss man aber zu den „Aushilfsjobs auf dem Weg zur Selbstfindung“ anmerken: Stundenlöhne von 4,30€ muss man sich nicht gefallen lassen.
Praktika schön und gut, aber wenn ich (Vollzeit) ARBEITE muss ich davon auch meine Miete und andere laufenden Kosten bezahlen können.
@reizzentrum:
da hast recht, es gibt Grenzen ab denen es einfach unanständig wird. Das gilt für obere und untere Grenzen.
Super Text. Je mehr man gemacht hat desto mehr Türe stehen einem offen… Auch finden viele ihre Berufe über extreme Umwege. Schadet also nicht andere Sachen auszuprobieren!