Es ist gut, wenn Menschen eine eigene Meinung haben. Es ist schön, wenn sie diese auch aussprechen. Mutig ist es, diese Meinung auszusprechen, wenn es bedeutet persönliche Nachteile zu erfahren, weil man diese, seine Meinung ausspricht. Aber es ist deutlich überheblich und zeugt von einer schwach ausgeprägten sozialen Intelligenz, sich über angebrachte Bedenken seiner Mitmenschen zu erheben und sich lustig zu machen nur um einen Lacher zu erzielen. Wer diese Art der sachlichen Auseinandersetzung bevorzugt, dem empfehle ich DSDS mit Dieter Bohlen.
Sascha Lobo ist jemand, den man eigentlich(wie Dieter Bohlen) nicht ernst nehmen dürfte, der aber – und das macht diese Typus Mensch gefährlich – von viel zu vielen Menschen ernst genommen wird (vergleiche eigene Meinung haben). Dieser Sascha Lobo erklärt auf seinem Blog warum in seinen Augen Google-Streetview eine gute Sache ist:
Diese funktioniert zwar nach etwas anderen Regeln als die Analoge Öffentlichkeit, aber solche Veränderungen haben bisher viele Technologien verursacht: der Fotoapparat zum Beispiel hat das Verständnis des Bildes der eigenen Person grundlegend verändert. Wenn man mitten in einer grösseren Menge Menschen in der Öffentlichkeit fotografiert wird, muss man (in den meisten Fällen) akzeptieren, dass das Foto von Dritten ohne Nachfrage verwendet wird. Öffentlichkeit eben.
Mit eben dieser Erklärung werden heute Überwachungskameras in Innenstädten aufgebaut. Wir haben ja nichts zu befürchten, ausserdem befindet man sich ja in der Öffentlichkeit. Lobo macht was er immer macht: Er wirbt. Kritische Unter- oder Nebentöne darf man von einem Werber nicht erwarten. Wie viele Menschen wissen gar nicht, dass ihr kleines Häuschen im Grünen von Google erfasst wurde? Nur weil Herr Lobo seine Zeigefreudigkeit zwanghaft ausleben muss, sollen alle anderen Menschen ebenfalls dazu verpflichtet werden?
Lobo sieht – nur auf Entfernung – aus wie einer der letzten echten Punks. Punks traten als Punks auf um aufzufallen. Sie hätten und haben alles getan, um ein wenig Aufmerksamkeit auf ihr Anliegen zu erheischen. Dumm ist nur, dass Lobo einzig auf sich selbst aufmerksam zu machen bereit ist. Würde er gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen bereit sein, würde er solche Vorlagen an BKA und Verfassungsschutz nicht absondern. Die echten Punks hatten deutlich ausgeprägtere Vorstellungen wie die Welt besser werden könnte.
Nachdem Herr Lobo sich ja schon in Sachen Vodafone hat vor das Money-Pferd spannen lassen, drängt sich mir da gerade keine Frage auf, wenn ich feststelle, dass er für Google Streetview wirbt, aber den viel schlimmeren Vorgang in Sachen Netzneutralität nicht kommentiert.
Nur mal so als Klarstellung: Ich habe kein Problem damit, wenn das Haus in dem ich wohne sichtbar ist. Potentiell gefährlich oder zumindest unangenehm kann es aber werden, wenn Unbekannte Personen zu viel Informationen über mich sammeln. Schon heute wird die Wohngegend (Strasse und Hausnummer) von Banken für Informationen zur Kreditvergabe genutzt. Morgen schaut der potentielle Arbeitgeber aus $Weitwegstadt mal eben an, wie der Bewerber jetzt wohnt. Schon heute kann man – für meinen Geschmack – schon zu viele Informationen über jeden Menschen im Netz finden und auswerten. Und jedes weitere Puzzlestück macht es nicht einfacher.
Tja, was immer so viele Leute an der „Blogwurst“ (TIP Berlin) finden, er sondert zuweilen Merkwürdigkeiten ab. Doch Fragen der Privatsphäre hatten schon immer und zuallererst mit Solidarität zu tun. Denn es sind immer die anderen betroffen, also muss man an sie denken, wenn man sich eine Meinung bildet. Fällt wohl jemandem schwer, der immer nur an sich denkt.
Man kann den Mann übrigens buchen, kosten ab 1.500 Euro aufwärts. Wenn Du das nötige Kleingeld hast, schreibt er sicher was anderes für Dich auf. Allerdings offenbar nur im Hauptschul-Modus, denn drei Fehler in dem einen zitierten Absatz ist nicht eben vorbildhaft.
@Tharben:
Ich denke Summen ab 1.500€ kann man auch wesentlich sinnvoller anlegen.
Zum Glück ist Google das einzige Unternehmen, das so etwas böses wie StreetView macht. Es wäre ja schlimm, wenn es so etwas wie sightwalk.de wirklich gäbe…
@Funatiker:
Es geht nur sekundär um die Dienstleistung „Wir fotografieren eure Heimat“, es geht vor allem darum, wie blauäugig ein Herr Lobo mit diesem Thema umgeht. Mir ist es egal, WER in Privatsphären eindringt, jeder Versuch dies zu tun ist böse!
Aber auch an der Stelle nochmal: Das Thema Netzneutralität ist deutlich kritischer und wird von Google gerade mit Füssen getreten.
Wenn man bemerkt, wie der Verizon-Deal gerade großflächig ignoriert wird, scheint es so, als würden die Pressevertreter lieber StreetView bashen (obwohl seit 2008 sightwalk.de vergleichbare Bilder gemacht hat) statt über die Gefahren des Zweiklasseninternets zu berichten. Unterstellt man ein wenig kriminelle Energie, könnte man annehmen, dass dies absichtlich passiert, da Netzneutralität vielen Ideen der Verleger widerspricht: So träumt man davon, Internetprovider für das transportieren von „geistigem Eigentum“ zur Kasse zu bitten oder für einen Schnäppchenpreis kostenpflichtige Inhalte mit Höchstgeschwindigkeit transportieren zu lassen, währen (kostenpflichtige) Konkurrenz mit Schneckentempo am Seitenstreifen der Datenautobahn entlang schleicht.
@Funatiker:
Ja, deshalb sprach ich auch genau DAS mit an.
Hmm, Ja und Nein. Ja, die Begründung ist ne Frechheit und wird oft für Überwachungskameras und ähnliches benutzt. Allerdings auch Nein, denn muss wirklich ein Bild von meinem Haus haben um es finanziell einordnen zu können? Es macht’s vielleicht leichter, aber notwendig ist es nicht (oft reicht doch sogar schon das Viertel um ein recht genaue Vorstellung davon haben zu können). Oder er schaut auf diese unsägliche, in meinen Augen viel schlimmere Datenkrake names Facebook, wo die Leute alle das freiweillig ins Netz stellen.
Ein wenig hat der Lobo allerdings auch Recht (hab noch nie sein Blog gelesen und kannte ihn vor seinem Vodafon Auftritt noch nichtmal, ich mase mir also eine gewisse Objektivität an), den Google bringt uns dank Street View viele Vorteile, die viele trotzdem benutzen (und sei es nur den Routenfinder auf dem Android Milestone, bzw. das neue NAV Teil was Google rausbringt/rausgebraucht hat) obwohl sie sich so sehr von Google benachteiligt fühlen. Warum wird das ganze dann so häufig genutzt ? Oder warum ist es jahrelang Okay wenn das Firmen machen, aber wenns Google macht ists böse ? (Stichwort WLan Ortung/iphone). Viele von den Datenschutz/Privatssphären Diskussionen im Zusammenhang mit Google kommen mir so beissreflexartig vor …
Zu Guter letzt, ein Vortrag von der republica der den gegnteiligen Standpunkt beleuchtet (The German Paradox) http://www.youtube.com/user/republica2010#p/a/u/1/pSqyEXLkrZ0 .
@versus:
Soweit ich weiss funktioniert der Google-Navi NICHT mit der Streetview sondern mit der Kartenansicht. Insofern ist es dieser „Software“ egal, ob da ein Haus oder ein Apfelbaum steht – oder?
Zum Thema Facebook: Facebook ist genauso (sorry) scheisse, auch andere Dienste sind entweder böse oder zumindest grenzwertig. Bei den meisten muss ich als User allerdings aktiv werden um meine Daten dort erscheinen zu lassen. Bei Diensten wie Streetview muss aber auch der Mensch, der noch nichtmal weiss was Streetview eigentlich ist, aktiv werden um „sich“ NICHT dort wieder zu finden.
Und ich wette, dass eine überraschend hohe Zahl an Bundesbürgern nicht weiss, was Streetview eigentlich ist.