Rechte gelten nur solange, wie es mir passt

Auf einer Mailingsliste der Partei, die sich für Datenschutz einsetzt wird derzeit diskutiert, ob unser Finanzminister die Datensätze der Steuerbetrüger kaufen soll, oder nicht. Selbst unsere Kanzlerin Merkel spricht sich für den Ankauf der Daten aus.

Kanzlerin Merkel hat sich entschieden: Der Staat soll alles tun, um die CD mit illegal abgespeicherten Daten deutscher Steuersünder zu erlangen. Die Regierung erwägt nun, die CD zu kaufen. (Spiegel)

Ich möchte hier einmal festhalten, dass diese Daten unrechtmässig vervielfältigt wurde. Im Grunde sind es – rein rechtlich – schützenswerte, personenbezogene Daten, nicht anders als die Daten welche Callcenter sich gegenseitig zuschieben. Nur weil mit diesen Daten sehr wahrscheinlich Steuerhinterzieher entlarvt werden können, werden diese Datensätze und deren Weitergabe nicht legitimiert. Nur weil der Staat damit Geld verdienen kann, darf er sich über den Datenschutz hinweg setzen? Letztendlich ist es für mich eine neue Form der Erpressung eines Staates: Gib mir dein Geld!

Wenn ich dann auch noch lesen muss, dass einige Piraten den Ankauf der Daten wünschen, kann ich nicht soviel essen wie ich kotzen möchte. Sind wir denn alle käuflich? Wie hoch ist der Betrag?

Nettes Schmankerl am Rande, dass die Steuerhinterzieher gern verharmlosend als Steuersünder bezeichnet werden. Sie sind Straftäter! Dennoch geniessen sie die gleichen Rechte, wie andere – nicht verurteilte – Menschen. Auch im Bereich Datenschutz. KEIN Richter hat die Weitergabe der Daten per Entscheid legalisiert. Thema (für mich) durch. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass diese Gauner monetär bluten, aber bitte ausschliesslich mit rechtsstaatlichen Mitteln.

22 Gedanken zu „Rechte gelten nur solange, wie es mir passt

  1. @daMax:

    DAS kotzt mich derzeit bei piraten-internen Diskussionen massiv an.

    Klarstellung: Es geht um Diskussionen mit Menschen von denen ich hoffte, dass sie ebenfalls differenziert und sensibel genug sein um das „Grosse“ dahinter zu sehen. Es ist KEINE „offizielle“ Meinung der Piratenpartei – und ein paar Hirsel hat man überall.

  2. @Jochen:

    SEHR hin und her gerissen. Auf der einen Seite gibt es ALLGEMEINE Informationen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen sollten – quasi Allgemeinwissen. Wenn es um persönliche Daten geht, halte ich es mit Kant.

    Ich bin leider manchmal SEHR konsequent.

  3. Das muss ja nicht schlecht sein. Ich wollte nur Deine Meinung. Andererseits ist zu bedenken, dass an den Daten durchaus ein öffentliches Interesse besteht, insbesondere weil die Leute, die am wenigsten haben, am meisten zu zahlen haben:
    1.) Der Staat und damit jeder von uns hat ein Interesse ALLE Steuern einzuziehen. Diejenigen entziehen sich ihrer Pflicht und schaden uns allen.
    2.) Es ist ja inzwischen bekannt, dass viele Banken an der Steuerhinterziehung beteiligt sind. Die Frage ist also, welche der Banken, die sich auf Kosten der Allgemeinheit sanieren lässt, hat jetzt auch noch zusätzlich geschadet.

    Versteh mich nicht falsch, als Pirat sehe ich den Datenschutz auch als wichtig an. Nur wie weit geht das? Persönlichkeitsschutz um jeden Preis?

  4. @Jochen:

    Du darfst eines nicht ausser Acht lassen: Die Daten stammen (sehr wahrscheinlich) aus der Schweiz. Und dort liegt noch nicht einmal eine Straftat vor.

    Wenn es ein „Tipp“ gewesen wäre: Schaut auch mal Zumwinkels Finanzen an, sieht die Welt anders aus. Aber an der Stelle gilt – in meinen Augen – das Recht auch für den Straftäter, inbesondere, da er noch nicht verurteilt ist. Ein richterlicher Entschluss würde mir hier auch helfen 🙂

  5. @reizzentrum: Klar muss er. Die Frage ist nur, ob er jedem Hinweis nachgeht, sondern nicht gleich einstellt oder nicht weiter verfolgt.
    Aber bei den deutschen Blockwarttum und der grassierende Neid ist die Frage, ob die Steuerfahndung bei jedem „Schaut Euch mal XY an“ noch zu handfester Arbeit kommt.

  6. ich bin mit der Meinungsfindung noch nicht durch, tendiere aber zu H. Prantl auf sueddeutsche – der ist Jurist, ich nicht.

    und wenn hier überall sensibele Daten „rechtmässig“ rumgeschoben werden (z.B. von Krankenkassen), dann warte ich doch, bis Deutschland ein ECHTES Datenschutzgesetz hat und DANN votiere ich nächstes mal ohne groß nachzudenken für NICHT KAUFEN.

  7. Naja, ganz so eindeutig ist die Rechtslage da allerdings nicht. Was die Sammlung von Daten angeht hat die zuständige Finanzbehörde schon sehr weitreichende Rechte, also mit dem Rechtstaatsprinzip sollte man nur kommen, wenn man die Vorschriften auch mal gelesen hat. Mal sehen, ob ich das noch zusammenbekomme, was dem Finanzamt ggf. durchaus erlaubt diese CD zu kaufen. Gucken wir mal in die Abgabenordnung, quasi das „Obergesetz“ für das Besteuerungsverfahren:

    —–schnipp—-

    § 92 Beweismittel — Die Finanzbehörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

    1.
    Auskünfte jeder Art von den Beteiligten und anderen Personen einholen,
    ——schnapp—–

    Also Auskünfte von anderen Personen sind ausdrücklich erlaubt – auch ohne richterlichen Beschluß. Und so eine CD mit für das Besteurungsverfahren relevanten Daten kann man schon guten gewissens als für die Ermittlung des Sachverhaltes notwendig halten.

    Und darf die Finanzbehörde diese Daten denn dann auch sammeln? Ja, auch das regelt die AO:

    ———schnipp——

    § 88a Sammlung von geschützten Daten ——
    Soweit es zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Steuern erforderlich ist, dürfen die Finanzbehörden nach § 30 geschützte Daten auch für Zwecke künftiger Verfahren im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und b, insbesondere zur Gewinnung von Vergleichswerten, in Dateien oder Akten sammeln und verwenden. Eine Verwendung ist nur für Verfahren im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und b zulässig.

    ———–schnapp——-

    Und wie wird der Datenschutz da gewährleistet? Durch eine der stärkesten Datenschutzregelungen, die es in Deutschland gibt, nämlich §30AO, das Steuergeheimnis.

    Der Grundsatz hier ist klar: Das Finanzamt bedient sich ALLER Informationsquellen um eine Besteurung zu ermöglichen (wer mal drüber grübelt wird feststellen, daß das Bankgeheimnis auch ein Märchen ist und schon immer war, denn auch Banken sind schon immer Auskunftspflichtig ggü. dem Finanzamt gewesen) — gibt aber andererseits nichts weiter. Mit wenigen klaren Ausnahmen, die in §30 AO beschrieben sind.

  8. @NilsK:

    Auskünfte einholen ist quasi „befragen von Zeugen“. Nix grosses. Und das DEUTSCHE Banken Auskunftpflicht haben ist ja noch recht neu.

    Aber es sind Daten, die von einem „Nichtfinanzermittler“ unrechtmässig in der Schweiz gesammelt wurden.

    Wenn deine Argumentationskette wie beschrieben Gültigkeit hat, sehe ich die Mitarbeiter der internationalen Banken Überstunden machen um Auffälligkeiten von Konten deutscher Staatsbürger zu finden. Schliesslich besteht da die Möglichkeit eines lohnenden Sidebusiness.

  9. Die deutsche StPO kennt ja nunmal kein generelles Beweisvertungsverbot, so dass auch rechtswidrig erlangte Beweise regelmäßig herangezogen werden. Fragt doch mal Udo Vetter.
    Von der Rechtslage her dürfte das nicht verhinderbar sein, abgesehen davon dass das ja nun nicht der erste Fall ist.

  10. @reizzentrum: Das war auch keinenfalls mein Zweck. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass der Bereich Beweisverwertungsverbote schon lange ein Problem des detusche Strafrechts ist.
    Und es ändert sich nichts, denn dann müsste man mehr Polizisten einstellen, damit die ordentlich arbeiten könnten. Laut Udo Vetters lawblog scheint die Arbeitsweise heutiger Polizisten zu sein: Amtsrichter belabern wg. Durchsuchungsbeschluß, am besten Nachts, wenn das nicht hilft, hilft Gefahr in Verzug.
    Befindet irgendein Gericht mal, dass die Durchsuchung rechtswidrig war, hofft man dass die Richter im Hauptverfahren einfach die vorhandenen Beweise benutzen. Und irgendwas findest Du jeder durchschnittlichen deutschen Wohnung sicher.

  11. @Jochen:

    DAS ist das grosse Problem: Die „Selbstständigkeit“ von Staatsanwaltschaft und ihren Hilfbeamten.

    Und: Nachts werden keine „normalen“ Hausdurchsuchungen durchgeführt – siehe 104 stpo. Diese dürfen nur zwischen 06:00 und 21:00 gemacht werden. Allerdings stehen die Herren gern um 06:00 vor der Tür, weil man dort meistens im Hause und „aufgeweckt“ ist.

  12. Die Auskunftspflicht der deutschen Banken ist nicht neu. Das ist eine weit verbreitete Fehleinschätzung, aber sie bestand auch schon, als ich meine Berufsausbildung gemacht habe. Und ich vermute sie besteht, seit es die AO gibt. Man darf halt nicht alles glauben, was in der Zeitung steht.

    Das einzige Problem bei der aktuellen Geschichte ist meines Erachtens, daß für die CD bezahlt werden soll. Das ist fragwürdig, eigentlich ist der Besitzer (so deutsches Recht auf ihn anwendbar ist) rechtlich sowieso verpflichtet sie rauszurücken – unentgeltlich. Außer der Bezahlung für die Information ist das ganze meines Erachtens rechtlich eine absolut saubere Sache.

  13. Pingback: Ach Arno, du hast es wirklich nicht leicht « Habt ihr nichts anderes zu tun?

  14. @reizzentrum: Nein, Bankmitarbeiter dürfen das nicht. Aber sie müssen dem Finanzamt Auskunft geben, wenn es fragt. Auf eigene Initiative ist es nicht gestattet. Aber interessante Verdrehung des von mir gesagten.

    Und ja, das war schon immer so, daß das Finanzamt der Bank sagen darf „bitte mal alle Kontobewegungen, die ihr von Holger K., Wohnhaft hierunddortweg, geboren an seinem Geburtstag habt, rausrücken“. Und die Bank das dann tun muß – und auch tut. Auskunftspflicht anderer Personen nennt das die AO.

  15. Du bist eingeholt worden
    „Rechte gelten nur solange, wie es mir passt“

    Ersetze es Durch solange es unse Politikern gefällt. Es war ein Rechtbruch diese CD zu kaufen und die nächste große Schweinerei (Failout für Griechenlannd) wird gerade auf den Weg gebracht.

    Wo das Geld herkommt? Einmal darfst Du raten, erpresst, geraubt, gestohlen…..

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